Warum europäische Airlines zuversichtlich für den Sommer sind
Im Gespräch: RAFAEL SCHVARTZMAN
Warum europäische Airlines zuversichtlich sind
IATA-Manager sieht starke Nachfrage im Passagierverkehr und auch im Luftfrachtgeschäft – Branche beklagt fragmentierten Himmel in Europa
Die Olympischen Spiele in Paris kurbeln die Buchungen von Flügen aus den USA nach Frankreich an. Der Branchenverband IATA sieht das Land insgesamt gut gerüstet für das Großereignis, berichtet der für Europa zuständige Regional Vice President Rafael Schvartzman im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Von Gesche Wüpper, Paris
Schlangen an der Sicherheitskontrolle, volle Abflug- und Ankunftshallen: Am Osterwochenende herrschte an vielen europäischen Flughäfen Hochbetrieb. „Wir sehen die Bereitschaft der Leute zu reisen“, sagt Rafael Schvartzman, der Regional Vice President Europe der IATA (International Air Transport Association). „In den Vorhersagen sehen wir für diesen Sommer Zahlen auf dem Niveau von 2019 oder in einigen Bereichen sogar höher.“
Europäische Gruppen berichten so wie Air France-KLM und IAG, die Mutter von British Airways, Iberia und Vueling von einer stärkeren Nachfrage für diesen Sommer als im vorigen Jahr. Auch das Luftfrachtgeschäft entwickelt sich mit zuletzt zweistelligen Wachstumsraten wieder positiv. Nach dem Nachfrage-Boom während der Covid-Pandemie war es unter Druck geraten. Im Februar legte die Nachfrage in Europa jedoch erneut um 14,6% zu.
Im Passagierverkehr dürften die Olympischen Spiele, die Ende Juli in Paris beginnen, das Interesse zusätzlich ankurbeln. Die Buchungen von Flügen aus den USA nach Frankreich hätten um 24% zugenommen, berichtet Schvartzman im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Buchungen seien relativ stark. Insgesamt werden während des Sportgroßereignisses mehr als 15 Millionen Besucher im Großraum Paris erwartet, davon 10% aus dem Ausland.
Europas fragmentierter Himmel
Frankreich habe die Rugby-Weltmeisterschaft im vorigen Herbst recht gut gemanagt, sagt Schvartzman. Allerdings könnten die Olympischen Spiele etwas herausfordernder werden, da sie vor allem im Großraum Paris und nicht wie bei der Rugby-WM in verschiedenen Städten stattfinden. „Ich denke, dass die Flughäfen bereit sind. Sie haben Pläne vorbereitet, wie sie das ganze Gepäck und die Delegationen bewältigen können“, erklärt der IATA-Manager. Das Gleiche gelte für Air France.
„Wir denken, dass Frankreich gut vorbereitet ist“, sagt er. „Wir müssen nur hoffen, dass es keine bösen Überraschungen wie Streiks gibt.“ Das Air Traffic Management ist einer der kritischen Punkte. Voriges Jahr haben Fluglotsen in Frankreich mit Streiks gegen die Rentenreform den Flugverkehr immer wieder beeinträchtigt.
Damit nicht genug, denn der Himmel in Europa ist noch immer stark fragmentiert und von Ländergrenzen abhängig. Das wiederum behindert den optimalen Fluss der Luftverkehrsströme. Die deshalb geflogenen Umwege kosten Zeit und Geld, von zusätzlichen CO2-Emissionen ganz zu schweigen.
Anreize für SAF
Die Regierungen hätten nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um die Kapazitäten des Luftraums zu verbessern, kritisiert Schvartzman. Mit dem auf einem Beimischungsgebot basierenden Ansatz der EU, die ab 2025 beim Tanken an europäischen Flughäfen eine Beimischung von mindestes 2% SAF (Sustainable Aviation Fuel) vorschreibt, ist der Branchenverband ebenfalls nicht einverstanden.
Dagegen spricht sich Schvartzman dafür aus, dass Regierungen die Produktion von SAF durch gezielte Anreize so fördern sollten, dass sie in genügenden Mengen und zu gerade im Vergleich zu den USA wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stünden. Sonst könnten europäische Fluggesellschaften SAF so wie von einigen Airline-Chefs bereits angedeutet vor allem in den USA beschaffen.
Die Verpflichtung für Fluggesellschaften in Europa, verstärkt teurere SAF-Treibstoffe beizumischen, könnte ihre Wettbewerbsfähigkeit belasten – und die Preise der Flugtickets weiter in die Höhe treiben, meint er. Dabei stöhnen viele Verbraucher in Europa bereits jetzt darüber, dass die Preise seit Covid stark gestiegen sind. „Die konsolidierten Daten der IATA zeigen, dass die Durchschnittspreise nicht stärker als die Inflation gestiegen sind“, erklärt Schvartzman. Ausnahmen seien jedoch möglich.
Konsolidierung wahrscheinlich
„SAF-Vorgaben oder höhere Steuern könnten dazu führen, dass die Preise weiter steigen“, sagt er. Dabei seien die europäischen Fluggesellschaften trotz guter Buchungszahlen nicht besonders profitabel, auch wenn ihre Nettoergebnisse in diesem Jahr von zuletzt zusammen 7,7 Mrd. auf 7,9 Mrd. Dollar steigen dürften. „Mit 3% ist ihre operative Marge allerdings nicht sehr stark“, meint der IATA-Manager. Angesichts des hohen Wettbewerbs in Europa sei eine weitere Konsolidierung wahrscheinlich.
Als größtes Risiko für die Airline-Industrie sieht Schvartzman die geopolitische Situation. Daneben gäbe es in bestimmten Märkten andere Risiken wie trübe wirtschaftliche Aussichten und angespannte Arbeitsmärkte. Einen Personalmangel wie vor zwei Jahren erwartet er jedoch nicht in diesem Sommer.