Regulierung auf britisch

Wasserversorgern winkt Strafnachlass

Die britischen Wasserversorger dürfen auf Strafnachlass für die Verschmutzung von Flüssen und Stränden hoffen. Denn an einem Kollaps eines der hoch verschuldeten Unternehmen hat keiner Interesse.

Wasserversorgern winkt Strafnachlass

Britischen Wasserversorgern winkt Strafnachlass

Regulierer ist offenbar zu Zugeständnissen bereit, um eine Rettung klammer Firmen durch die Steuerzahler zu vermeiden

hip London

Der britische Regulierer Ofwat ist offenbar zu Zugeständnissen an die Wasserversorger bereit. Um zu verhindern, dass der Staat klammen Unternehmen beispringen muss, könnten Medienberichten zufolge die Geldstrafen für das Einleiten ungeklärter Abwässer in Flüsse und ins Meer gesenkt werden. Damit wäre eine der wesentlichen Forderungen der skandalumwitterten Branche erfüllt. Allerdings werden sie die Wasserrechnungen der privaten Haushalte wohl nicht ganz so stark nach oben schrauben dürfen wie gewünscht.

Mit dem Rücken zur Wand

Die eigentlich für diesen Monat angekündigte Entscheidung der Aufsichtsbehörde wurde wegen der vorgezogenen Unterhauswahlen auf den 11. Juli verschoben. Zur Kompromissbereitschaft des Regulierers trug entscheidend bei, dass der mit 15,4 Mrd. Pfund verschuldete Londoner Wasserversorger Thames Water mit dem Rücken zur Wand steht.

Die Staats- und Pensionsfonds, denen das Unternehmen gehört, wollen unter den gegebenen Voraussetzungen nicht ausreichend frisches Kapital einschießen. Die kanadische Pensionskasse Omers (Ontario Municipal Employees Retirement System) schrieb ihre Beteiligung an der Muttergesellschaft Kemble zuletzt komplett ab. Sie hält 31,7%.

Sanierungsregime erwogen

Der „Financial Times“ zufolge erwägt Ofwat die Einführung eines Sanierungsregimes, das den unter ihren Schulden ächzenden Versorgern Investitionen in die maroden Leitungsnetze ermöglichen soll. Unternehmen, die darunterfielen, müssten niedrigere oder gar keine Geldstrafen bezahlen. Neben Thames Water könnten auch Southern Water, South East Water und Yorkshire Water davon profitieren.

Vor der Privatisierung 1989 war nicht alles besser, auch wenn das heute manche glauben machen wollen. Das Schatzamt deckelte über ein Jahrzehnt hinweg die Investitionen der öffentlichen Wasserversorger auf weniger als 2 Mrd. Pfund. Flüsse und Strände wurden auch damals schon durch Abwasser verschmutzt.

Kein Stimmenfänger

Enorme Trinkwassermengen versickerten durch Risse und Löcher in den Leitungen. Seine Qualität ließ zu wünschen übrig. Die Gründe für die Investitionszurückhaltung lagen auf der Hand: Ein Staat kann sich nur in begrenztem Umfang Geld leihen. Schulen und Krankenhäuser bringen Wählerstimmen. Die Trennung von Regen- und Abwasser kostet mehr und interessiert so gut wie keinen.

Margaret Thatcher strich vor dem Abverkauf die Schulden der Versorger – eine milliardenschwere grüne Aussteuer, die Investitionen ermöglichen sollte. Der Verkaufspreis lag um ein Fünftel unter dem angenommenen Marktwert. In Verbindung mit Steuervorteilen und einem großzügigen Preisregime entsprach das einer Lizenz zum Gelddrucken. Aus heutiger Sicht mag es unglaublich klingen, doch die Privatisierung sorgte dafür, dass zunächst mehr investiert wurde als unter staatlicher Regie.

Enorme Kosten drohen

Sowohl bei der Wasserqualität als auch bei den Verlusten durch Lecks und der Dauer der Versorgungsunterbrechungen gab es Verbesserungen. Die Kunden profitierten, denn die Rechnungen stiegen nicht dramatisch. An einem Kollaps von Thames Water und anderen Firmen hat keiner Interesse: Die frisch gewählte Regierung und die Steuerzahler wären mit enormen Kosten für die Rettung konfrontiert. Die Aufsicht müsste sich fragen lassen, warum sie den früheren Eigentümern von Thames Water erlaubte, das Unternehmen mit Schulden zu beladen und sich gleichzeitig enorme Dividenden zu zahlen.

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