Autoindustrie

Wechselplan für VW-Spitze belastet Aktie

Die Ankündigung des Wechsels an der VW-Konzernspitze hat die Aktien von Europas größtem Autobauer belastet. Analysten hinterfragen die Nachhaltigkeit der geplanten Doppelrolle von Oliver Blume.

Wechselplan für VW-Spitze belastet Aktie

ste Hamburg

Der am vergangenen Freitag nach Handelsschluss an der Börse angekündigte Wechsel an der Spitze des Volkswagen-Konzernvorstands hat die Aktien von Europas größtem Fahrzeugbauer am Montag belastet. Die Vorzüge, die in der Spitze 3,2% einbüßten, gaben stärker als der Dax um 1,3% auf 132,64 Euro nach, während die Stämme 3,9% auf 183 Euro verloren. Die Marktkapitalisierung schrumpfte um insgesamt 2,6 Mrd. Euro. Der Aktienkurs der Porsche Automobil Holding, die die Mehrheitsanteile der Familien Porsche und Piëch an Volkswagen hält, schrumpfte um 1,1% auf 68,04 Euro.

Das Wolfsburger Mehrmarkenunternehmen hatte mitgeteilt, dass der seit April 2018 amtierende Vorstandsvorsitzende Herbert Diess am 1. September durch Porsche-Chef Oliver Blume abgelöst werde. Blume soll die Stuttgarter Sportwagentochter, die aktuellen Planungen zufolge bis Jahresende an die Börse kommen soll, in Personalunion weiterführen. Analysten hielten am Montag an bisherigen Anlageempfehlungen und Kurszielen für die VW-Vorzüge fest.

Die Investmentbank Stifel, die die Aktie mit 308 Euro fair bewertet sieht und zum Kauf rät, erklärte, der Zeitpunkt des Wechsels von Diess zu Blume wenige Wochen vor dem geplanten Börsengang der Porsche sei überraschend, zumal der Sportwagenhersteller beim Kapitalmarkttag Anfang vergangener Woche die Aussicht dargelegt habe, durch mehr Unabhängigkeit von VW zu profitieren. Nun zeige sich, dass der VW-Konzern künftig vom gleichen CEO geführt werde wie Porsche. „Das spricht eher nicht für ein Mehr an Unabhängigkeit“, so Stifel-Analyst Daniel Schwarz, der die Entscheidung für Blume „jenseits des Themas Governance“ aber als eine „gute Wahl“ bezeichnete. „Alle Stakeholder werden ihn stützen.“ Allerdings würde der neue Konzernchef „direkt zum Start geschwächt“, sollte der Börsengang scheitern. Der Druck, ein erfolgreiches IPO zu liefern, sei nun „eher noch gestiegen“, so der Analyst.

Für Metzler-Branchenanalyst Jürgen Pieper ist der seit 2015 amtierende Porsche-Chef „schlicht und einfach der beste Kandidat“. Blume habe eine „sehr erfolgreiche Periode“ bei Porsche vorzuweisen, sei jung und neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen, so Pieper auf Anfrage. Vorstandswechsel und geplanter Porsche-Börsengang fielen zeitlich zusammen, seien aber getrennte Vorgänge, die separat betrachtet werden müssten. Pieper, der die „sehr umfangreichen Softwareprobleme“ im Konzern als Hauptgrund für den nun avisierten Wechsel an der Konzernspitze ansieht, erwartet, dass die Softwarestrategie revidiert werden und mehr als bisher auf Kooperationen aufbauen dürfte.

Stifel-Analyst Schwarz erklärte weiter, dass die Eigentümerfamilien lange an Diess festhielten, habe auch an der Sichtweise gelegen, dass der Konzernchef „vom Kapitalmarkt gemocht“ wird. Der niedrige Aktienkurs habe zuletzt aber gegen dieses Argument gesprochen. Trotz des angekündigten Porsche-IPOs sei die VW-Vorzugsaktie in diesem Jahr bislang die schwächste unter den europäischen Autoherstellern. „Das schwächt natürlich auch die Position des CEO.“ Seit 2018 hätten sich die VW-Vorzüge zudem schlechter entwickelt als Mercedes und BMW.

Die Schweizer Großbank UBS, die die Aktie bei einem Kursziel von 230 Euro zum Kauf empfiehlt, erklärte, es bestehe ein begrenztes Risiko für größere strategische Kursänderungen, vor allem mit Blick auf Elektrifizierung und Digitalisierung. Am bisherigen Zeitplan für den Porsche-Börsengang dürfte ebenfalls festgehalten werden, so Analyst Patrick Hummel. Investoren würden sich vor allem auf die Nachhaltigkeit der künftigen Doppelrolle von Blume fokussieren, so die Erwartung.

Weiterhin zum Verkauf der VW-Vorzüge rät das Analysehaus Jefferies mit einem Kursziel von 115 Euro. Das Ausscheiden von Diess als Vorstandschef dürfte nicht überraschen, da er in den vergangenen Monaten deutlich an den Rand gedrängt worden sei. Hinzu kämen ausgiebig pu­blizierte Verzögerungen bei der Softwareentwicklung durch die Konzerneinheit Cariad, die in seiner Verantwortung gelegen habe. Die kanadische Bank RBC beließ ihre Einstufung bei „Outperform“ mit einem Kursziel von 310 Euro. Auf den ersten Blick werfe der Wechsel von Diess zu Blume ein Schlaglicht auf die Governance-Probleme bei VW. Dies sei bedauerlich nach der Arbeit der vergangenen Jahre, die der Verbesserung des Images dienen sollten.

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