Wertkorrekturen brocken Thyssenkrupp hohen Verlust ein
Wertkorrekturen brocken Thyssenkrupp Verlust ein
Auch operativ in schwierigem Fahrwasser – López bekennt sich zu grüner Transformation – Übergangsjahr angekündigt – Apex wird nachgeschärft
Thyssenkrupp hat im abgelaufenen Turnus erneut 1,2 Mrd. Euro auf Sachanlagen abgeschrieben. Entsprechend steht unter dem Strich ein Verlust von 1,5 Mrd. Euro. Doch auch operativ hatten die Essener mit den widrigen Rahmenbedingungen zu kämpfen. Jetzt wird das Effizienzprogramm Apex nachgeschärft.
ab Köln
Thyssenkrupp hat den abgelaufenen Turnus mit einem Verlust von 1,5 Mrd. Euro abgeschlossen. Dennoch werden die Aktionäre mit einer unveränderten Dividende von 0,15 Euro bedien, wie der Vorstand bei der Bilanzvorlage erläuterte. Maßgeblich für die Ausschüttung sei der Cashflow und der sei – anders als befürchtet – positiv ausgefallen, sagte CFO Jens Schulte bei der Bilanzvorlage.
Dass am Ende vor M&A ein freier Mittelzufluss von 110 Mill. Euro resultierte, lag zum einen an einer vorzeitigen Kundenzahlung bei Marine Systems. Zum anderen erhielt Thyssenkrupp Subventionen, die sich laut Kapitalflussrechnung auf 417 (i.V. 154) Mill. Euro beliefen. Die Gelder stehen im Zusammenhang mit der im Bau befindlichen Direktreduktionsanlage (DRI), mit der Thyssenkrupp künftig grünen Stahl produzieren will.
Pionierarbeit
Nachdem es zuletzt Berichte gegeben hatte, dass Thyssenkrupp das Projekt auf den Prüfstand stelle, bekannte sich Vorstandschef Miguel López zum grünen Umbau der Stahlsparte. „Wir wollen die grüne Transformation gestalten“, sagt López. Mit Blick auf die DRI-Anlage sprach López von „echter Pionierarbeit“, die Thyssenkrupp Steel Europe leiste. Ein Jahr nach Projektbeginn zeichne sich ab, dass die Anlage womöglich teurer werde. „Aktuell bewerten wir die Situation. Ich gehe aber davon aus, dass die Anlage gebaut wird“, sagte der Thyssen-Chef.
Am Bau der Anlage hängen weitere Subventionen, die allerdings auch vom Einsatz von grünem Wasserstoff abhängig sind. Unklar sei allerdings, ob ausreichend Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden sein werde. Daher spreche Thyssenkrupp mit Berlin und Brüssel über Unterstützung bei den Betriebskosten.
Wenngleich der Traditionskonzern im zurückliegenden Turnus erneut einen milliardenschweren Verlust verkraften musste, hält sich der Vorstand zugute, angesichts des schwierigen Marktumfelds „respektabel“ abgeschnitten zu haben, wie es Finanzchef Jens Schulte formulierte. Zur Erinnerung: Gleich dreimal hatten die Essener im abgelaufenen Turnus die Prognose nach unten geschraubt. Die im Juli angepasste Guidance für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wurde mit 567 Mill. Euro erreicht.
Höhere operative Ergebnisse steuerten der Werkstoffhandel und der Marineschiffbau ein. Dagegen litten die Stahlsparte und Automotive Technology unter den Schwierigkeiten in der Autoindustrie. Das Segment Decarbon Technologies, dem López großes Zukunftspotenzial zuschreibt, landete in den roten Zahlen. Dank des im Vorjahr aufgelegten Effizienzprogramms „Apex“ konnten die widrigen Rahmenbedingungen etwas abgemildert werden.
Zusätzlich 500 Mill. Euro sparen
Binnen zwei Jahren soll das Programm einen Ebit-Effekt von 2,1 Mrd. Euro zeigen, im abgelaufenen Turnus seien 1,2 Mrd. Euro zusammengekommen. Mit den noch ausstehenden 0,9 Mrd. Euro will sich Thyssenkrupp jedoch nicht bescheiden. Apex werde um strukturelle Themen erweitert, kündigte der Finanzchef an. Das soll weitere 0,5 Mrd. Euro im operativen Ergebnis freisetzen. „Damit schaffen wir die Voraussetzung, auch unter schwierigen Marktbedingungen voranzukommen“, sagte Schulte. Mit einer durchgreifenden Besserung der Rahmenbedingungen rechnet Thyssenkrupp nicht.
Für den laufenden Turnus haben sich die Essener zumindest ein Umsatzplus zwischen 0 und 3% ins Pflichtenheft geschrieben, zugleich wird das bereinigte Ebit in einer Spanne von 600 Mill. bis 1 Mrd. Euro erwartet. Auch der Jahresüberschuss soll nach zwei verlustreichen Jahren wieder positiv ausfallen, erwartet werden 100 bis 500 Mill. Euro. Im abgelaufenen Turnus stand unter dem Strich ein Verlust von 1,5 (–2) Mrd. Euro.
Plan B für den Stahl
Schlechter als im abgelaufenen Turnus ist einzig die Prognose für den Cashflow, der wieder in negatives Terrain dreht. Konkret wird mit einem Mittelabfluss vor M&A zwischen 400 und 200 Mill. Euro kalkuliert. Dank des im Oktober annoncierten Verkaufs des indischen Elektrobandgeschäfts wird aus M&A aber ein Zufluss von 440 Mill. Euro erwartet. Der Verkaufserlös werde die Kapitalausstattung des Stahlsegments stärken, heißt es.
Das ist bedeutend, weil die Frage der finanziellen Kapitalausstattung auf dem Weg in die Eigenständigkeit noch immer ungelöst ist. Nägel mit Köpfen hinsichtlich der geplanten 50:50-Partnerschaft mit dem tschechischen Investor Daniel Křetínský werden frühestens gemacht, wenn der Businessplan für die Stahlsparte auch gutachterlich freigegeben ist. Schulte hatte kürzlich einen Plan B für de Stahlsparte ins Spiel gebracht, sollten die Gespräche mit Křetínský scheitern. Dafür gebe es aber keine Hinweise. An der Verselbständigung der Sparte hält Thyssenkrupp allerdings ohne Wenn und Aber fest. Theoretisch seien auch andere Partner denkbar.