Online-Möbelhändler

Westwing steckt in einer längeren Umstrukturierung

Der Online-Möbelhändler Westwing tut sich schwer, in einem umkämpften Markt sein Geschäft zu skalieren. Ein Drei-Stufen-Plan soll Abhilfe schaffen.

Westwing steckt in einer längeren Umstrukturierung

Westwing steckt in einer längeren Umstrukturierung

Fehlende Größe behindert Profitabilität des Online-Händlers – Schwieriges Marktumfeld – Aktienrückkauf stützt Notierung

hek Frankfurt

Während der Corona-Pandemie gehörte Westwing zu den heißen deutschen Nebenwerten. Seither ist es ruhig geworden um den Online-Möbelhändler aus München. Die Aktie dümpelt zwischen knapp 7 und gut 8,50 Euro dahin. Im Vergleich zu den Spitzenkursen von mehr als 50 Euro ist die Aktie also nur noch ein Schatten der Boomzeit aus dem Jahr 2021. Aber immerhin hält sich das kleine Unternehmen als eigenständiger Player in einem schwierigen Markt, während der Konkurrent Home24 unter die Fittiche der Möbelhauskette XXXLutz schlüpfte.

Emissionskurs 26 Euro

Neben Möbeln verkauft Westwing Leuchten, Textilien, Accessoires und Dekoware für Wohnungen sowie Küchenausstattung. Das Unternehmen bezeichnet sich als „Europas Nummer 1 im Schöner-Wohnen-E-Commerce“ und „Premium One-Stop Destination für Designliebhaber“. Kreativer Kopf ist Mitgründerin Delia Lachance (geb. Fischer), eine ehemalige Redakteurin der Zeitschrift Elle. Lachance arbeitet als Chief Creative Officer, gehört seit März 2020 aber nicht mehr dem Vorstand an. Sie war damals infolge einer Babypause aus dem Leitungsgremium ausgeschieden. Im Oktober 2018 kam das Unternehmen zum Emissionskurs von 26 Euro an die Börse.

Größenproblem

Kernproblem des Online-Händlers ist die fehlende Größe. Nur im Corona-Jahr 2021 kam der Umsatz über die Marke von einer halben Milliarde Euro hinaus. Das macht es schwer, mit der Plattform und in der Logistik größenbedingte Effizienzvorteile zu erzielen. Das Management steuert mit einem auf mehrere Jahre angelegten Drei-Stufen-Plan gegen, der das Wertpotenzial heben soll. Dieser besteht aus dem Turnaround samt Strategie-Update, dem Aufbau einer skalierbaren Plattform und einer Wachstumsbeschleunigung mit operativer Hebelwirkung infolge der Skalierung.

Im Zwischenbericht zum dritten Quartal versichert Westwing, „gute Fortschritte“ in der Umsetzung des Drei-Stufen-Plans zu machen. Derzeit stehen vor allem die Verringerung der Komplexität, die Markenpositionierung und die Erhöhung des Westwing-Collection-Anteils (eigene Produkte) im Fokus. Die neue Plattform, die größtenteils auf Software as a Service basiert, steht nunmehr in sechs Ländern zur Verfügung. Das Sortiment wird auf überwiegend globale und hochwertige Produkte umgestellt, was erst mal die Umsätze belastet. Zudem feilt Westwing mit Werbekampagnen und einer Kooperation mit der Porzellan-Manufaktur Meissen an der Positionierung als Premiummarke.

Unter dem Strich rot

Nach neun Monaten holte Westwing 310,4 Mill. Euro Umsatz herein, 4,3% mehr als in der Vorjahreszeit. Die um Sondereinflüsse bereinigte Umsatzrendite vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda-Marge) kam leicht von 4,0% auf 4,4% voran. Unter dem Strich steht aber mit 6,8 Mill. Euro ein saftiger Periodenverlust. Die Investmentbank Jefferies bescheinigt Westwing ein gutes drittes Quartal, in dem der starke Rückgang der Bestellungen durch den Anstieg des durchschnittlichen Warenkorbs um 16% aufgefangen wurde.

Aktienrückkauf

Derweil stützt der Konzern seinen Börsenkurs durch Aktienrückkäufe. Im November/Dezember wurden 1,2 Millionen eigene Anteilscheine über eine Tenderofferte eingesammelt, was 5,7% aller Aktien entspricht. Angedient wurden 1,8 Millionen Stück. Hauptanteilseigner ist der Startup-Finanzierer Rocket Internet (28,9% via Zerena GmbH), gefolgt von den Investmentgesellschaften Amiral Gestion (9,9%) und The Capital Group (7,6%) sowie etlichen weiteren Investoren. Knapp ein Zehntel der Aktien hält Westwing selbst. Die Marktkapitalisierung bewegt sich mit rund 135 Mill. Euro in überschaubaren Dimensionen.

Free Cashflow negativ

Der jüngste Rückerwerb weiche von früheren, bescheideneren Aktienkäufen ab, kommentiert das Researchhaus MWB. Die Transaktion signalisiere die Zuversicht, trotz der Herausforderungen des Marktes die Gewinnschwelle beim freien Cashflow zu erreichen. In den ersten neun Monaten seien 9,3 Mill. Euro abgeflossen, sodass noch 63 Mill. Euro Cash verbleiben.

Für das Gesamtjahr plant Westwing mit einer adjustierten Ebitda-Marge zwischen 3 und 5%. Zu schaffen macht dem 2011 gegründeten Unternehmen der rückläufige Gesamtmarkt – eine Folge der schwierigen Wirtschaftslage und der generellen Kaufzurückhaltung vieler Konsumenten. Zudem werde die Sortimentsumstellung im vierten Quartal 2024 den Umsatz stärker belasten als in den Vorquartalen, kündigte das Management im November an.

Der Online-Möbelhändler Westwing tut sich schwer, in einem umkämpften Markt sein Geschäft zu skalieren. Ein Drei-Stufen-Plan soll Abhilfe schaffen. Dessen Umsetzung kommt laut Firmenangaben gut voran. Am Aktienkurs lässt sich das aber noch nicht ablesen. Die Notierung bewegt sich seit langem seitwärts.

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