„Wir besitzen eine hohe Resilienz gegen externe Schocks“
Im Gespräch: Alexander Reindler
„Wir besitzen hohe Resilienz gegen externe Schocks“
Der Vorstandschef des Haushaltsprodukteherstellers Leifheit über verunsicherte Konsumenten, Wachstumssegmente sowie kurz- und langfristige Finanzziele
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt
Die jüngsten Kursturbulenzen auf den Aktienmärkten hat Leifheit gut überstanden. Mit rund 19 Euro liegt die Notierung des Haushaltsprodukteherstellers sogar leicht über dem Niveau, das vor der ersten Importzoll-Ankündigung von US-Präsident Donald Trump galt, mit denen die starken Schwankungen an den Börsen – verstärkt durch immer neue Volten Trumps – begannen.
Der Leifheit-Aktie kommen in diesen Tagen der hohe Umsatzanteil Europas (89%) sowie die großteils in Europa liegenden Produktionsstätten zugute. Auch die Beschaffung sei in der Vergangenheit immer mehr auf europäische Quellen umgestellt worden, sagt Vorstandschef Alexander Reindler im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Das US-Geschäft mache nur 2% vom Konzernumsatz aus. Dadurch ist das Unternehmen direkt kaum von einer Umsetzung der angekündigten hohen US-Importzölle betroffen. „Wir besitzen eine hohe Resilienz gegen solche externen Schocks.“ Allerdings räumt Reindler ein, dass die starke Verunsicherung unter den Konsumenten zu Kaufzurückhaltung führt. Dies habe sich schon – aus anderen Gründen – im Schlussquartal 2024 und in den ersten Monaten des laufenden Jahres gezeigt.
Leifheit stellt Produkte wie Wäschespinnen, Standtrockner, Bügeltische, Saug- und Bodenwischer, Fenstersauger und Dampfreiniger sowie Küchen- und Personenwaagen her. Das Unternehmen ist stetig steigendem Wettbewerbsdruck durch günstigere Angebote von No-Name- und Handelsmarken sowie Anbietern aus Fernost, etwa China, ausgesetzt. Dennoch zeigt die erste Jahresbilanz, die Reindler als CEO von Leifheit zu verantworten hat, auf der Ergebnisseite bemerkenswerte Fortschritte.
Operatives Ergebnis verdoppelt
Der operative Gewinn (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) wurde 2024 im Vergleich zur Vorperiode auf 12,1 Mill. Euro verdoppelt. Da der Umsatz mit 259 Mill. Euro fast unverändert blieb, zog die Marge von 2,3% auf 4,7% an. Und das soll es noch lange nicht gewesen sein: „Mittelfristig sehen wir das Potenzial, mit unseren strategischen Maßnahmen ein jährliches durchschnittliches Umsatzwachstum von 3 bis 6% und eine Ebit-Marge von 7 bis 10% zu erzielen“, sagt Reindler. „Langfristig wollen wir über 2030 hinaus unseren Umsatz auf mehr als 300 Mill. Euro und die Ebit-Marge über 10% steigern. Ich halte das für absolut machbar.““

Bewerkstelligen will Reindler das durch die Spezialisierung auf die Segmente, die schon in den vergangenen zehn Jahren mit 4,1% per annum stark gewachsen sind: Mechanische Reinigung und Wäschetrocknung, die zusammen etwa zwei Drittel zum Umsatz beisteuern. „Auch innerhalb dieser Segmente gibt es Nischen, die man ausbauen und dadurch wachsen kann.“ Mehr Umsatz soll zudem ein stärkeres Auslandsgeschäft in Europa – 40% der Erlöse würden in Deutschland generiert – bringen. Dazu sollen die Marke Leifheit und das E-Commerce-Geschäft gestärkt werden.

Schließlich sei der Plan, mehr Innovationen auf den Markt zu bringen, was ebenfalls zu mehr Umsatz führen soll. Reindler stellte hier für Mitte des Jahres ein neues Produkt zur Oberflächenreinigung – „ein wirklich großes Marktsegment“ – in Aussicht, nachdem zu Jahresbeginn ein Fensterreiniger „gelauncht“ worden sei.
Luftreiniger der Waagen-Marke „Soehnle“ sind gefloppt
Unzufrieden ist Reindler mit der Entwicklung der Marke Soehnle, die das im Vergleich zum großen Segment Household (Reinigung und Trocknen) deutlich kleinere Segment Wellbeing abbildet. „Es ist uns nie so ganz gelungen, die Marke Soehnle über den Waagen-Bereich hinaus zu etablieren.“ Der Versuch, mit Luftreinigern unter der Marke Soehnle zu expandieren, ist 2024 beendet worden. Das war der Grund für den Umsatzrückgang um ein Zehntel auf 14,7 Mill. Euro in diesem Segment. „Wir sind nach wie vor sicher, dass die Marke Soehnle viel Potenzial hat, aber wir werden uns nun auf die Kernprodukte Personen- und Küchenwaagen sowie Wachstum in anderen europäischen Ländern konzentrieren.“
Im Private-Label-Segment, das die Geschäfte der beiden französischen Töchter Birambeau und Herby darstellt – deren Erlöse auch zum größten Teil in Frankreich anfallen –, stieg der Umsatz 2024 um 3,3% auf 31 Mill. Euro. Das Wachstum rühre ausschließlich von Birambeau her, sagte Reindler. Für das Markengeschäft von Leifheit ergäben sich in Frankreich durch das dortige Private-Label-Geschäft Synergien, fügte er hinzu.
Fokussierung auf margenstarke Produkte sowie Effizienzsteigerungen
Zentrale Treiber für die positive Ergebnisentwicklung im vergangenen Jahr waren die Fokussierung auf margenstarke Produkte sowie Effizienzsteigerungen in der Produktion. So sei durch eine veränderte Fertigungsorganisation von der Montage bis zur Ablage der Endkonsumentenverpackung auf der Palette die Lagerhaltung für die einzelnen Produktionsabschnitte weggefallen. Insgesamt führte das zur Steigerung der Bruttomarge auf 44,5 (i.V. 42,1)%, die offenbar ohne Rückenwind durch Preisanhebungen zustande kam, denn „Wir haben unsere Preise konstant gehalten", betont Reindler.
Dagegen hätten Sondereffekte aus Anpassungen der Organisation in Vertrieb und Marketing das Ergebnis belastet. „Ansonsten sind die Kosten 2024 vergleichsweise stabil geblieben“, so Reindler, der aber für 2025 Kostensteigerungen nicht ausschließen kann. Ein negativer Sondereffekt aus 2023 – die Kosten von rund 2 Mill. Euro für das vorzeitige Ausscheiden von Reindlers Vorgänger Henner Rinsche – schönte allerdings die Ergebnisentwicklung von 2024. Für dieses Jahr strebt Leifheit ein Wachstum zwischen 2% und 4% sowie ein Ebit zwischen 15 Mill. und 17 Mill. Euro an. „Angesichts der Rahmenbedingungen haben wir uns für 2025 viel vorgenommen“, sagt Reindler. Doch gibt er sich zuversichtlich, die Bruttomarge weiter steigern zu können.
„Angesichts der Rahmenbedingungen haben wir uns für 2025 viel vorgenommen“
Alexander Reindler. Leifheit-CEO
Nach Vorstellung von Reindler soll Leifheit „nach 2030 europäischer Marktführer für mechanisches Reinigen und Trocknen werden“. Wer sich diesen Titel derzeit ans Revers heften darf, will der CEO nicht verraten, doch dürfte Vileda – die Marke gehört zur Unternehmensgruppe Freudenberg in Weinheim – vorne liegen.
Bürokratieabbau notwendig
Der positivste Aspekt in dem zwischen CDU/CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag – „Ich bin froh, dass er so relativ schnell zustande gekommen ist“ – ist nach Ansicht Reindlers der Bürokratieabbau, so er denn umgesetzt wird. „Das könnte uns als Unternehmen wirklich zugute kommen.“ Gerade bei Mittelständlern würden zu viele Ressourcen durch die Bürokratie gebunden.
Shareholder-orientiert
„Wir forcieren eine Shareholder-orientierte Kapitalallokation“, kündigt Reindler an. „Wir haben eine hohe Liquidität, eine hohe Eigenkapitalquote und keine Bankschulden. Das wollen wir stärker als bisher für drei Elemente nutzen: Erstens für Investitionen in unsere Produktion, um Wachstum und Innovationen zu generieren, zweitens für die Ausschüttung attraktiver Dividenden und drittens für Aktienrückkäufe.“
Leifheit | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2024 | 2023 |
Umsatz | 259,2 | 258,3 |
davon in den Segmenten: | ||
Household | 213,5 | 211,9 |
Wellbeing | 14,7 | 16,4 |
Private Label | 31 | 30 |
Bruttomarge (%) | 44,5 | 42,1 |
Operativer Gewinn (Ebit) | 12,1 | 6 |
Ebit-Marge (%) | 4,7 | 2,3 |
Nettoergebnis | 8 | 3,2 |
Gewinn je Aktie (Euro) | 0,85 | 0,34 |
Basisdividende je Aktie (Euro) | 1,15 | 0,95 |
Sonderdividende je Aktie (Euro) | 0,05 | 0,1 |
Operativer Cashflow | 28,5 | 20,8 |
Investitionen (Capex) | 14,5 | 8,9 |
Freier Cashflow | 14,2 | 12,1 |
Eigenkapitalquote (%) | 48,2 | 51 |
Zum 31. Dezember 2024 lag die Liquidität bei 41,4 (41,3) Mill. Euro und die Eigenkapitalquote bei 48,2 (51,0)%. Wie in den Vorjahren hatte Leifheit keine Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. Die Dividendenpolitik sieht vor, grundsätzlich etwa 75% des Periodenergebnisses bzw. des Free Cashflow (14,2 Mill. nach 12,1 Mill. Euro) als Dividende auszuschütten. Darüber hinaus sollen die Aktionäre durch eine Sonderdividende an der guten Liquiditätsausstattung des Konzerns teilhaben. Für 2024 wird der Hauptversammlung die Zahlung einer Basisdividende von 1,15 (0,95) Euro je Aktie sowie einer Sonderdividende von 0,05 (0,10) Euro je Aktie vorgeschlagen. Im Vorjahr wurde zudem ein Aktienrückkaufprogramm initiiert.
Streubesitzanteil bei 74 Prozent
Langjährige Großaktionäre von Leifheit sind nach Unternehmensangaben die MKV Verwaltungs GmbH aus Grünwald bei München mit 10,03% der Anteile – MKV gehört nach früheren Angaben Manuel Knapp-Voith – und Ruthild Loh, Haiger (Mittelhessen), mit 8,26%. 8,17% der Leifheit-Aktien hält das Unternehmen selbst. Der Streubesitzanteil liegt bei 73,5%.
Alexander Reindler, der Vorstandschef von Leifheit, hat ehrgeizige Ziele. Bis 2030 soll der Haushaltsproduktehersteller um rund 16% wachsen – in einem wettbewerbsintensiven Markt. Die operative Marge, die 2024 auf 4,7% verdoppelt wurde, soll langfristig über 10% steigen. Sorgen bereitet dem CEO die Konsumzurückhaltung.