„Wir brauchen russisches Gas“
ak Köln – Deutschland wird laut Eon-Chef Leonhard Birnbaum auch weiterhin russisches Erdgas benötigen. „Wir glauben, wir brauchen russisches Gas – insbesondere, wenn wir jetzt auch noch mehr auf Gas setzen, weil wir die Kohle abschalten wollen“, sagte der Vorstandschef von Deutschlands größtem Energieversorger am Montagabend vor Mitgliedern der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung. Zur Frage, ob Deutschland die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 benötige, sagte Birnbaum: „Energiewirtschaftlich ist Nord Stream 2 hilfreich. Politisch kann die Bewertung anders ausfallen. Das muss in der Politik dann diskutiert werden.“
Grundsätzlich sei Pipelinegas günstiger als verflüssigtes Erdgas (LNG). „Wenn wir auf LNG angewiesen sind, werden die Gaspreise in Europa deutlich höher sein als in der Vergangenheit. Wenn die Preise sinken sollen, dann muss dazu mehr Pipelinegas nach Europa kommen.“
Zugang besser regulieren
Birnbaum forderte Regeln für Billigenergieanbieter, von denen jetzt mit den stark gestiegenen und volatilen Energiepreisen einige Insolvenz anmelden mussten. „Es gibt Marktteilnehmer, die darf es in diesem Markt nicht geben. Das sind die, die spekulieren, und wenn es gut läuft, nehmen sie das Geld mit, und wenn es schlecht läuft, schmeißen sie einem die Kunden hin und gehen.“ Der Eon-Chef plädierte dafür, den Marktzugang besser zu regulieren.
Weil Energiediscounter ihre Lieferungen eingestellt hatte, habe Eon als Grundversorger mehrere Hunderttausend Kunden in Deutschland, Großbritannien und Tschechien aufgenommen. Andere Grundversorger wie zum Beispiel Rheinenergie in Köln und weitere Stadtwerke haben für solche Neukunden deutlich höhere Grundversorgungstarife eingeführt. Eon habe darauf verzichtet, sagte Birnbaum, auch wenn er Verständnis für die Stadtwerke habe. „Unsere Rechtsauffassung ist, dass gespaltene Tarife nach der momentanen Regulierung nicht zulässig sind.“
Das entspricht auch der Ansicht von Verbraucherschützern. Die Verbraucherzentrale NRW hatte Rheinenergie, Stadtwerke Gütersloh und die Wuppertaler WSW Energie & Wasser abgemahnt. Diese hatten von ehemaligen Kunden von Stromio, die die Stromlieferung kurz vor Weihnachten eingestellt hatte, deutlich höhere Preise verlangt, weil sie sich selbst mit hohen Beschaffungskosten konfrontiert sahen.
Birnbaum plädierte dafür, die Ersatzversorgung in Fällen von Insolvenzen anderer Anbieter von der Grundversorgung zu trennen. Er rechne damit, dass hier in den kommenden Monaten etwas passiere.