Axel Hefer, Trivago

„Wir sind für nächstes Jahr relativ zuversichtlich“

Den Hotel-Suchmaschinenbetreiber Trivago hat die Pandemie wirtschaftlich hart getroffen. 2020 mussten für das eigene Überleben große Geschütze aufgefahren werden. Heute sagt Firmenchef Axel Hefer: Die Maßnahmen haben sich gelohnt.

„Wir sind für nächstes Jahr relativ zuversichtlich“

Von Karolin Rothbart, Frankfurt

Wer in den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr den Fernseher einschaltet, wird normalerweise recht schnell an die Urlaubsplanung für das kommende Jahr erinnert. „Hotel? Trivago“, heißt es dann zum Beispiel in regelmäßigen Abständen zwischen „Stirb langsam“ und „Kevin − Allein zu Haus“. Ein Claim, der sich dank seiner penetranten Wiederholung in der Vergangenheit fest in die Großhirnrinde zahlreicher Rezipienten eingefräst und den Betreiber der Hotelsuchmaschine damit international bekannt gemacht hat.

Seit nunmehr zwei Jahren ist in der Reisebranche jedoch nichts mehr so richtig normal. Die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen haben zeitweise zu einem kompletten Stillstand weltweit geführt und den Sektor in eine schwere Krise gestürzt. „Wenn ich mir in Deutschland die aktuellen Inzidenzen anschaue, ist es unwahrscheinlich, dass die Mehrheit der Bundesbürger gerade darüber nachdenkt, wo sie hinreisen können“, sagt Axel Hefer, der bei Trivago seit 2016 zunächst als Finanzchef beschäftigt war und später den Posten des CEO übernommen hat, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Anders als sonst sei für mehr Werbung daher momentan nicht der richtige Zeitpunkt.

Dabei sei Reisen ein Grundbedürfnis, findet der Manager. Nichts habe diese Tatsache je so stark vor Augen geführt wie die lange Lockdown-Phase. „Mit der Schließung von Schulen, Kindergärten und dem vielen Homeoffice haben die Menschen irgendwann gemerkt, dass sie den Urlaub wirklich brauchen“, sagt Hefer. In den Sommermonaten 2020 und 2021, in denen das Reisen vergleichsweise unkompliziert vonstattenging, sei die Nachfrage nach Erholungsurlaub entsprechend stark nach oben geschossen. Vor allem die Küsten- und Bergregionen seien äußerst begehrt gewesen.

Doch mit der kalten Jahreszeit, in der die Ansteckungsgefahr und damit verbundene Reisebeschränkungen wieder zunehmen, sinke die Reiselust. „Das, was die Menschen davon abhält zu reisen, ist vor allem die Unsicherheit, ob man auch wieder zurückkommt, ohne danach in Quarantäne gehen zu müssen“, sagt Hefer. Tatsächlich hätten Quarantäneregeln im Gegensatz zu Testvorschriften in der Branche bislang viel drastischere Auswirkungen gehabt und zwischenzeitlich zum Teil dazu geführt, dass praktisch gar nicht mehr gereist wurde. Bei dem 2005 in Düsseldorf gegründeten Unternehmen, das nach eigenen Angaben dabei hilft, Hotelpreise von mehr als 300 Buchungsseiten für über 5 Millionen Hotels in 190 Ländern zu vergleichen, hatte das im vergangenen Geschäftsjahr zu einem Umsatzeinbruch von 70 % auf knapp 250 Mill. Euro geführt. Der Verlust war fast genauso hoch ausgefallen, die Aktie, einst in New York zu 11 Dollar je Stück ausgegeben, geriet zeitweise nahe an den Pennystock-Bereich. Das alles kam, nachdem sich Trivago im ohnehin harten Wettbewerb um die Klicks gerade erst im Jahr 2019 aus den roten Zahlen herausgearbeitet hatte.

Für das frühere Einhorn war Sparen somit mehr denn je oberstes Gebot. Massive Stellenstreichungen, Büroflächenreduzierungen und Standortschließungen sollten helfen, die Pandemie abzufedern. „Man ist ja erstmal wie paralysiert in solchen Krisen“, sagt Hefer. „Wir sind aber relativ schnell vom Zustand der Paralyse zur Akzeptanz gekommen und haben Maßnahmen ergriffen, um unsere Kosten so anzupassen, dass wir in jedem möglichen Szenario die Pandemie überstehen, ohne neues Geld aufzunehmen.“ Alles in allem seien die Betriebskosten dadurch von 38 Mill. Euro im dritten Quartal 2019 auf knapp 25 Mill. Euro im dritten Quartal 2021 zurückgegangen. „Wir haben jetzt praktisch denselben Kassenbestand wie vor der Krise und kaum Liquidität eingebüßt“, sagt Hefer. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen landete zudem in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres mit gut 15 Mill. Euro wieder im positiven Bereich. Daran soll sich auch im vierten Quartal nichts ändern, hieß es zuletzt.

Angebot für Unentschlossene

Auch strategisch hat das Unternehmen mit Neuerungen am Produkt reagiert. So bietet es seit der 100-prozentigen Übernahme des ebenfalls in Düsseldorf ansässigen Reise-Start-ups Weekengo Mitte Januar neben dem reinen Hotelpreisvergleich auch eine Vermittlung von Wochenendausflügen, inklusive Bahnfahrt oder Flug. Ein ähnliches Prinzip verfolgt Trivago zudem mit der neuen Weekend-Seite, die bereits in England und Amerika live ist und die das lokale Reisen vereinfachen soll. „Man sagt dem Produkt, wo man sich gerade aufhält und wie weit man maximal fahren möchte, um am Wochenende auch mal rauszukommen“, erklärt Hefer. „Wir schlagen dann verschiedene Reiseziele sowie damit verbundene Aktivitäten, Sehenswürdigkeiten und passende Hotels vor.“ Damit setze das Unternehmen jeweils früher im Entscheidungsprozess der Kunden an.

Auf der Geschäftskunden-Seite arbeitet Trivago darüber hinaus seit Ende Oktober mit dem Telekommunikationsausrüster Huawei zusammen und stellt seitdem auch im App-Store der Chinesen, der Huawei App Gallery, eine entsprechende App für den Hotelpreisvergleich zur Verfügung. Parallel dazu agiert Trivago als Anbieter von Unterkunftsangeboten auf Huaweis Suchmaschine Petal Search. „Die Nutzer sollen damit ein Angebot haben, das im Vergleich zu denen von anderen Playern wie Google wettbewerbsfähig ist“, erklärt Hefer. Auch mit anderen Partnern würden derzeit nach und nach Projekte getestet.

Inwiefern es Hefer mit diesen Ansätzen gelingt, das Unternehmen langfristig aus der Krise zu manövrieren, muss sich erst noch zeigen. An der Börse ist im laufenden Jahr mit einem Kursrutsch von etwa 8 % jedenfalls noch nicht allzu viel von der vorsichtigen Hoffnung des Managers zu spüren. „Wir sind für nächstes Jahr relativ zuversichtlich, dass es ein gutes Jahr wird“, sagt er. „Wenn man Asien außen vor lässt, weil es noch ein bisschen komplizierter ist, gehen wir davon aus, dass wir ab dem späten Frühjahr beziehungsweise frühen Sommer ein relativ normales Reiseverhalten sehen werden.“ Denn mit der hohen Anzahl an geboosterten und genesenen Personen steige der Immunisierungsgrad in der Bevölkerung.

Daneben werden für Trivago auch die geplanten digitalpolitischen Änderungen auf EU-Ebene von Bedeutung sein. Mit ihnen werden sich die Spielregeln der Internetwirtschaft künftig ändern, wie Hefer sagt. Mit dem sogenannten Digital Markets Act soll der Marktmissbrauch großer Digitalplattformen wie Google, Apple oder Facebook bald schon unterbunden werden. Für Trivago spielt dabei vor allem das geplante Verbot von „Self-Preferencing“, also die Bevorzugung eigener Angebote bei gleichzeitiger Diskriminierung von Wettbewerbern eine wichtige Rolle. „Google hat ein Hotelpreisvergleich-Angebot, das deutlich größer und deutlich ansprechender in den Google-Suchresultaten angezeigt wird, verglichen mit unserer bezahlten Werbung“, sagt Hefer. Dies sei ein unfairer Wettbewerbsvorteil und das Gesetzesvorhaben somit zu begrüßen. „Das wird nicht nur bei uns, sondern auch bei Stellenanzeigen, bei Flügen, bei Reiseaktivitäten und bei eigentlich fast allen Bereichen des Internets zu deutlichen Veränderungen der Dynamik führen.“

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