Firmenpleiten

Zahl der Groß­insolvenzen wächst

Die Zahl der Großinsolvenzen ist im ersten Quartal 2022 deutlich gestiegen. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf das Insolvenzgeschehen werden sich aber wohl erst in der zweiten Jahreshälfte zeigen.

Zahl der Groß­insolvenzen wächst

ab Köln

Die Zahl der Großinsolvenzen ist zu Beginn des Jahres spürbar gestiegen. Im Vergleich zum Vorquartal ergab sich im Zeitraum Januar bis März ein Zuwachs um fast ein Drittel, wie aus dem Insolvenzreport der Sanierungsberatung Falkensteg hervorgeht. Insgesamt haben demnach 29 Firmen mit einem Umsatz von mehr als 20 Mill. Euro einen Insolvenzantrag gestellt. Im Vergleich zum ersten Quartal 2021 entspricht das einer Steigerung um 71 %. Damit bewegt sich das Insolvenzgeschehen allerdings immer noch auf einem niedrigeren Niveau als in der Hochphase der Pandemie. Im zweiten Quartal 2020 waren 63 Insolvenzen gezählt worden.

„Die Unternehmen hetzen derzeit von einer Krise in die andere und müssen Lieferkettenabbrüche beseitigen sowie steigende Kosten für Vorprodukte und Energie kompensieren. Dabei rückt die Zahlungsfähigkeit und damit ein Antragsgrund schon mal aus dem Sichtfeld“, erklärte Jonas Eckhardt, Partner bei Falkensteg, die weiterhin niedrigen Fallzahlen. Die Folgen des Ukraine-Kriegs für das Insolvenzgeschehen werden sich nach Einschätzung der Restrukturierungsexperten allerdings erst in der zweiten Jahreshälfte bemerkbar machen.

Beruhigung nicht in Sicht

In der Branchenbetrachtung stechen erstmals Energieunternehmen ins Auge. Mit vier Insolvenzen führen sie die Statistik im ersten Quartal an. Betroffen sind vor allem Versorger, die sich die Energie kurzfristig am Spotmarkt besorgen. Aufgrund der langen Vertragslaufzeiten mit ihren Kunden lassen sich die gestiegenen Energiepreise nicht zeitnah weiterreichen. Eine Beruhigung an den Energiemärkten sei nicht in Sicht. Der wirtschaftliche Druck könnte in den nächsten Monaten weitere Lieferanten und Händler in die Insolvenz treiben, befürchten die Sanierungsexperten. 2021 hatten lediglich zwei Energieunternehmen den Gang zum Amtsgericht antreten müssen.

Zugleich machen die Sanierungsexperten viel Potenzial beim Einsatz von Steuerungsinstrumenten in der Liquiditätsplanung aus. Denn die explodierenden Preise haben viele Unternehmen zum Hamstern von Vorprodukten verleitet, um die eigene Produktionsfähigkeit abzusichern.

Die vermehrte Lagerhaltung treibe aber nicht nur die Preise weiter an, sondern reiße auch erhebliche Löcher in die Liquiditätsplanung. „Man kauft, was gerade angeboten wird, und vernachlässigt zusätzlich den Preis“, beobachtet Eckhardt. Während dieses Verhalten im Aufschwung womöglich noch funktioniert habe, könnte nun am Ende des Monats das Geld für Löhne und Investitionen fehlen. Stellhebel sei das Working Capital Management. „Allerdings ist beim Einsatz von Steuerungsinstrumenten auch im Mittelstand noch viel Potenzial nach oben“, weiß der Falkensteg-Partner.

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