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Zulassungserfolg bringt Biogen in neue Sphären

Die Zulassung eines Alzheimermedikaments ist ein Quantensprung für Biogen. Der Marktwert steigt um 40%.

Zulassungserfolg bringt Biogen in neue Sphären

swa Frankfurt

 Es war eine Zitterpartie. Biogen hat einige Rückschläge in der Entwicklung ihres Alzheimermedikaments hinnehmen müssen, doch nun die Genehmigung der US-Gesundheitsbehörde FDA erhalten. Der US-Biotechkonzern darf den gemeinsam mit dem japanischen Partner Eisai entwickelten Wirkstoff Aducanumab in den USA auf den Markt bringen.

Der Zulassungserfolg ist ein Quantensprung für Biogen und hat den Marktwert in eine neue Liga befördert. Nach Bekanntgabe der FDA-Entscheidung war die Aktie an der Nasdaq am Montag zunächst vom Handel ausgesetzt und erreichte dann einen Kurssprung von 58%. Am Ende des Tages blieb ein Plus von 38% auf 395,85 Dollar. Der Börsenwert war in kurzer Zeit von 40 Mrd. auf 60 Mrd. Dollar gestiegen.

Der Erfolg hat zahlreiche Facetten. Aducanumab, ein Antikörper, ist das erste Alzheimermedikament, das seit fast 20 Jahren in den USA zugelassen wird. Einige große Pharmakonzerne mussten Kandidaten für die Therapie dieser neurodegenerativen Erkrankung aufgeben. Das Mittel von Biogen gilt als erstes, das den Krankheitsverlauf dieser Form der Demenz verlangsamen kann. Biogen-CEO Michel Vounatsos bezeichnet die Zulassung des mit dem Namen Aduhelm vermarkteten Medikaments als historischen Moment. Nach Jahrzehnten erfolgloser Bemühungen könnte die neuartige Therapie nach Einschätzung des Managers eine Ära der Innovationen im Kampf gegen Alzheimer einleiten. Konkurrent Eli Lilly arbeitet ebenfalls an einer Antikörpertherapie gegen Alzheimer.

Im Zulassungsverfahren war für Spannung gesorgt. Die FDA hatte sich anfangs positiv zur Wirksamkeit von Aducanumab geäußert, ein externes Beratergremium sich dann aber mit Hinweis auf kritische Punkte in den Studiendaten gegen eine Zulassung ausgesprochen. Das ursprünglich Anfang März erwartete Votum der FDA war schließlich auf Anfang Juni verschoben worden, um weitere Fragen zu klären. Kritiker hatten eine nur bescheidene Wirksamkeit und Nebenwirkungen bemängelt, Fürsprecher argumentierten, mangels Alternativen sei auch eine geringfügige Verbesserung der Erkrankung zielführend.

Die FDA hat eingeräumt, dass weiterhin eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich des klinischen Nutzens des Medikaments bestehe. Die Behörde sei aber zu dem Schluss gekommen, dass die Vorteile des Mittels die Risiken überwögen. Alzheimer-Patienten stehe mit der Zulassung eine „wichtige und neue Behandlung“ zur Verfügung“. Biogen ist aufgefordert, in einer weiteren Studie nach Markteinführung den Nutzen zu prüfen.

Entwickelt hat den Antikörper die Schweizer Firma Neurimmune und in Lizenz an Biogen gegeben. Die Therapie basiert auf der Erkenntnis, dass Alzheimer durch jahrzehntelange Ablagerung von Eiweißstoffen im Gehirn, dem sogenannten Amyloid, gekennzeichnet ist. Amyloid kann die Nervenzellen schädigen, die Beseitigung der Ablagerungen ist ein therapeutisches Ziel. Neurimmune unterstreicht, dass Biogen in klinischen Studien gezeigt habe, dass Aducanumab das Amyloid im Gehirn entfernt – nach 18-monatiger Behandlung um 59 bis 71%.

Hohe Therapiekosten

Verabreicht wird Aduhelm an Patienten mit einer Demenz im frühen Krankheitsstadium. Sie erhalten alle vier Wochen eine Infusion mit dem Wirkstoff. Die Behandlung kostet laut Biogen in den USA nach Listenpreis 56000 Dollar im Jahr.