Anleihemarkt-Rückblick

Bondmärkte im Zeichen von Covid

Die Covid-19-Pandemie hat die Entwicklung auf den Anleihemärkten 2021 entscheidend geprägt. Green Finance hat dadurch einen deutlichen Schub bekommen.

Bondmärkte im Zeichen von Covid

Die Entwicklungen an den internationalen Anleihemärkten im Jahr 2021 sind entscheidend geprägt gewesen vom Verlauf der Covid-19-Pandemie und deren Begleiterscheinungen. Risk-on-Modus und Risk-off-Modus wechselten sich im Jahresverlauf immer wieder ab. Wenn die Infektionszahlen nach oben gingen, kehrte nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch an den Anleihemärkten die Furcht vor Einschränkungen ein. Kommt es in der Folge zu Kontaktbeschränkungen im privaten und öffentlichen Leben? Werden Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten womöglich wieder geschlossen? Oder kommt gar der Lockdown? Das waren die immer wieder auftauchenden Fragen, und sie werden wohl auch 2022 die Bondmärkte über weite Strecken bestimmen.

Immer wieder im Rückwärtsgang

Immer wenn diese Sorgen aufkamen, nahmen die Anleger das Risiko heraus; sie gingen in die sicheren Bundesanleihen und auch in die US-Staatspapiere, deren Renditen dadurch den Rückwärtsgang einlegten. Solche Entwicklungen sind für Bondmarktakteure allerdings nichts Unbekanntes. Auch in früheren Krisen wie der Subprime- und Immobilienmarktkrise, der anschließenden Bankenkrise, der folgenden Rezession und der Staatsschuldenkrise ist das stets zu beobachten gewesen. Dadurch blieb der jahrelange Renditeabwärtstrend intakt.

Umgekehrt kam es 2021 zu Renditesteigerungen, wenn Erleichterung an den Märkten und in der Bevölkerung zu spüren war. Das war immer dann der Fall, wenn Infektionszahlen sanken bzw. Impfquoten stiegen – es also schlichtweg danach aussah, als sei so langsam Licht am schier endlos erscheinenden Covid-19-Pandemietunnel zu erkennen. Manch einer im Markt glaubte dann schon an die Zinswende, vor allem wenn die Null-Prozent-Marke bei der zehnjährigen Bundrendite in greifbare Nähe kam, aber letztlich doch nicht erreicht wurde. Die Rendite der 30-jährigen Bundesanleihe bewegte sich sogar wieder bis auf einen Wert von rund 0,40% nach vorn. Anleger gingen aus den sicheren Assets heraus und favorisierten stärker die risikobehafteten Assets wie Aktien. Die Rekordlaune am Aktienmarkt – nicht zuletzt abzulesen am Gipfelsturm des deutschen Leitindex Dax – ist ein Ergebnis dieser Entwicklung.

Geprägt wurde die Renditeentwicklung der Bundespapiere auch durch die Eingriffe der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen ihrer Kaufprogramme – nicht zuletzt des Pandemieprogramms PEPP. Auch das hat die Renditen niedrig gehalten – das ist ja auch das Ziel gewesen. Zum Jahresende hin bewegte sich die gesamte Renditestrukturkurve des Bundes wieder komplett zurück in den negativen Bereich.

Ein trauriges Jubiläum konnte dann Ende November gefeiert werden: eine Dekade lang negative Zinsen bzw. Renditen im Bereich der Bundeswertpapiere. Vor zehn Jahren hätte wohl kaum einer darauf wetten wollen. Nun ist es Realität. Und es ist auch nicht absehbar, dass sich das schnell ändern wird.

Aktiver Primärmarkt

Der Primärmarkt war ausgesprochen aktiv. Auch das ist aus früheren Krisenzeiten bekannt. Auslaufende Anleihen wurden verständlicherweise ersetzt, Liquidität bei vielen Adressen bevorratet. Das konnte zu immer günstigeren Konditionen geschehen. Weite Emittentenkreise buchen das Fremdkapital ohnehin mit einer Parkgebühr ein, die ihnen die Anleger für die Überlassung ihres Kapitals bezahlen. Mit Schuldenmachen kann man bekanntlich Geld verdienen – ob nun bei Staaten, supranationalen Adressen, Gebietskörperschaften oder halbstaatlichen Emittenten oder Banken und vielen Unternehmen.

Trend zu Sustainable Finance

Es ist immer schwierig, wenn man einer Krise auch positive Seiten oder Entwicklungen abgewinnen möchte, zumal gerade diese Krise mit sehr viel menschlichem Leid einhergeht. An den Kapitalmärkten hat sie aber einen solchen Trend verstärkt: den zu Green und Sustainable Finance. Lockdowns haben gezeigt, dass diese Finanzierungsformen positive Auswirkungen auf das Klima haben. Der soziale Aspekt ist in der Krise bei vielen Adressen immer höher gewichtet worden. Es gibt kaum jemanden, der heute noch glaubt, dass man nach dem Überwinden der Krise – wann immer das auch sein mag – wieder zum ursprünglichen Status zurückkehren kann. Viele soziale Projekte sind in internationalen Institutionen, Banken und auch Unternehmen angestoßen worden. Nachhaltigkeit – also die Kombination von grünen und sozialen Aspekten in der Definition der International Capital Market Association (ICMA) – wird vieler Orten mittlerweile großgeschrieben.

Abzulesen war diese zunehmende Ausrichtung auch an den Anleihemärkten. Denn immer mehr Emittenten kamen an den Markt und brachten grüne, soziale und nachhaltige Bonds. Viele Länder orientieren sich in ihrer Klima- und Umweltpolitik nun stärker an diesen Aspekten. Auch Unternehmen und Banken legen mehr Wert darauf.

Diese Projekte erfordern die Mobilisierung von hohen Kapitalvolumina. Der Großteil davon wird über den Bondmarkt bereitgestellt. 2021 verging fast kein Handelstag, an dem nicht ein Green Bond, eine Sozialanleihe oder ein Sustainability-Titel begeben wurde. Die Nachfrage nach diesen Papieren war enorm. Viele Anleger schichten ihre Portfolios um – weg von ganz klassisch auf finanzielle Renditen ausgerichteten Assets hin zu nachhaltigen Renditen. Regelmäßig war bei diesen Emissionen eine hohe Überzeichnung, also sehr große Orderbücher, zu beobachten. Viele Rekorde und Meilensteine wurden aufgestellt. 2022 werden weitere folgen, alles andere wäre eine faustdicke Überraschung.

Regelmäßig hohe Nachfrage

Die hohe Nachfrage hat sich auch bei den Renditen der betreffenden Papiere bemerkbar gemacht. Sie sind ebenfalls weiter gesunken – sehr zur Freude der Emittenten. Mittlerweile lässt sich bei vielen Adressen ein sogenanntes Greenium beobachten – zusammengesetzt aus Green und Premium, also einer grünen Prämie. Die grünen Anleihen handeln am Markt zu Renditen, die unter denen der herkömmlichen – also nichtgrünen – Anleihen liegen. Investoren sind demzufolge bereit, eine Prämie dafür zu bezahlen, dass ihr Kapital vom Emittenten in grüne, soziale oder eben nachhaltige Projekte investiert wird, es also nach ihren Vorstellungen guten Zwecken zugeführt wird. Das schlug sich 2021 in entsprechend niedrigeren Renditen der jeweiligen Anleihen wieder. Dieser Trend sollte sich auch im neuen Jahr fortsetzen. Bislang sind es etwa im Bereich der Bundesanleihen Renditedifferenzen im einstelligen Basispunktebereich. Aber diese Renditedifferenz sollte sich noch ausweiten.

Ein Ergebnis der Niedrig-, Null- und Negativzinsen ist 2021 erneut gewesen, dass die Schuldenberge weiter angestiegen sind. Ob nun bei Staaten oder anderen Adressen. Immer wieder ist das auch unter Marktteilnehmern thematisiert worden; als eine Bedrohung für die Märkte insgesamt ist es aber auch 2021 nicht eingestuft worden. Die Anleihemärkte scheinen mit diesem Phänomen doch recht gut umgehen zu können. Geld ist auch 2021 bei den Anlegern ausreichend vorhanden gewesen. Und die Investoren haben es bereitwillig hergegeben – zu immer niedrigeren Renditen der jeweiligen Bonds. Umgekehrt muss konstatiert werden, dass sich auch recht gute Kursgewinne bei vielen Papieren einstreichen ließen.

Ein anderer Trend hat ebenfalls 2021 seine Fortsetzung erlebt: Anleger waren durchaus bereit, Risiko auf sich zu nehmen. Lange Laufzeiten wurden am Markt weiterhin gut aufgenommen. Schlechtere Bonitäten kamen ebenfalls ohne Schwierigkeiten an Kapital. Auch hier sind die Bondkaufprogramme der Zentralbanken nicht ohne Einfluss geblieben. Seit Jahren ist damit ein Crowding-out-Effekt der Investoren verbunden. Auch das hat sich 2021 fortgesetzt, aber nicht mehr ganz so stark, wie es noch in den Vorjahren zu beobachten war.

Von Kai Johannsen, Frankfurt

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.