Kryptowährungen

Algorithmische Stablecoins erleben ein Comeback

Der Stablecoin UST hat mit einer Marktkapitalisierung von 15 Mrd. Dollar Traktion gewonnen. Der Aufbau einer Bitcoin-Reserve gewinnt an Fahrt, die nächste Milliarde Dollar dafür ist schon eingeworben.

Algorithmische Stablecoins erleben ein Comeback

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Algorithmische Stablecoins gelten als fragile Gebilde, die ihre Bindung an einen Referenzwert (in der Regel den Dollar) nur schwer halten können und dafür meist ein umfangreiches Anreizprogramm zur Steuerung von Angebot und Nachfrage betreiben, das aus der Emission und dem Einziehen von sogenannten Governance Token besteht. Diese Token sind als Native Token einer Blockchain in großem Umfang verfügbar und sorgen für Liquidität im sogenannten Staking, sprich, Nutzer bringe diese zur Validierung von Transaktionen ein und stellen sie als Sicherheit zur Verfügung für den Erwerb anderer Kryptowährungen.

Wie gesagt, so richtig funktionieren wollten solche Konstrukte des Financial Engineering bislang noch nicht – aber nun hat sich mit Terra und ihrem Stablecoin UST ein DeFi-Projekt herauskristallisiert, das Traktion gewinnen konnte. Dafür spricht allein die Marktkapitalisierung von gut 15 Mrd. Dollar, womit UST die Nummer 4 im globalen Markt ist. Der hauseigene Token heißt Luna, er dient dazu, die Volatilität des Stable­coin­ zu begrenzen, indem für jeden neu ausgegebenen UST im Wert von 1 Dollar eine Anzahl Luna im Wert von 1 Dollar an Terra geliefert werden muss, die dann diese Luna-Token einzieht. Dieser Burn-Mechanismus sorgt für eine Mengensteuerung analog zum Aktienrückkauf, wenn Wertpapiere eingezogen werden und damit die Menge an Aktien sinkt, was wiederum die Dividende je Aktie erhöht – und mit An­kündigung eines Aktienrückkaufs steigt in der Regel die Aktiennotierung.

Ausgleich bei Turbulenzen

Um bei Marktturbulenzen für einen Ausgleich zu sorgen, hält Terra in der Luna Foundation Kryptowährungen im Wert von 3 Mrd. Dollar – damit ist man gerüstet, falls plötzlich sehr viel Auszahlungsbedarf entsteht. Zur Reserve zählen Tether, der größte Stablecoin, Luna und Bitcoin. Das mit UST-Ausgabe reinkommende Luna-Volumen wollen die Terra-Betreiber aber nun nicht mehr vollständig „verbrennen“, sondern zum Beispiel 40% davon für den Kauf weiterer Bitcoin verwenden, haben sie der Branchengröße Anthony Pompliano für seinen Sub­stack-News­letter erzählt. Insgesamt geht es um satte 10 Mrd. Dollar, die in Bitcoin investiert werden sollen, so Terra-Gründer Do Kwon über Twitter. Für diese Käufe hatte die Stiftung schon Ende Februar 1 Mrd. Dollar an Kapital bei Investoren wie Jump Capital und Three Arrows Ca­pital eingeworben, indem sie Luna-Token an diese Investoren verkauften. Wird das Konzept über die Zeit fortgesetzt, dann besteht die UST-Reserve immer stärker aus Bitcoin.

Das ist nicht unwesentlich, gilt Bitcoin innerhalb der Kryptoszene doch als das belastbarste Asset, das bei aller Volatilität doch eine ansehnliche Wertentwicklung genommen hat. Damit ist Bitcoin für die mutigen Kryptoinvestoren als Collateral für Wertpapiergeschäfte geeignet und könnte als Anker für einen Stablecoin im Payment herhalten. Der Bitcoin-Maximalist Pompliano raunt schon davon, dass aus der Verbindung von Bitcoin mit dem Terra-Ökosystem eine neue, mit der Kryptowährung gedeckte digitale Währung entsteht, so wie Gold, bis Bretton Woods die Basis des Weltwährungssystems als Devisenstandard war.

Vielleicht sollte man aber lieber erst mal eine Nummer kleiner denken: Sobald der Stablecoin als Zahlungsmittel eingesetzt wird, wäre damit auch Bitcoin in den Zahlungsverkehr eingeführt, wenn auch indirekt als Sicherheit. Die sich rasant ausbreitende Wallet-Verfügbarkeit im E-Commerce signalisiert eine mögliche Adaption von Stablecoins als Zahlungsmittel, wenn auch noch nicht als gesetzliches.

Zudem geht ja schon einiges über das Lightning Network, das Bitcoin-Transaktionen als eine Art Sammelüberweisung auf der Blockchain einträgt. Das wäre etwas, das Terra als Layer-2-Blockchain replizieren könnte: ein UST-Zahlungssystem, das auf die Bedürfnisse des Online-Handels zugeschnitten ist.

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