Altersvorsorge fordert Assetmanager heraus
Altersvorsorge fordert Assetmanager heraus
Aktuelle Studie hält starke Erlössteigerung für möglich – Regulierung der entscheidende Faktor
wbr Frankfurt
Regulatorische Reformen, demografische Veränderungen und neue Anlegerbedürfnisse prägen den Wandel der Assetmanagementbranche. Im „Global Wealth & Asset Management Report 2024“ sagen die Branchenexperten von Oliver Wyman und Morgan Stanley besonders die Bedeutung der Altersvorsorge für die Branche hervor. In der aktuellen Marktdynamik berge sie sowohl Wachstumschance als auch Hürden für die Assetmanager.
Markt im Umbruch
Die globale Assetmanagement-Branche habe sich nach einem Einbruch im Jahr 2022 wieder erholen können, konstatiert die Studie. Demnach stieg das weltweit verwaltete Vermögen (Assets under Management/AuM) 2023 im Vergleich zum Vorjahr um rund 7% leicht und bewegte sich damit leicht über dem historischen Höchststand. Das Wachstum sei stark durch die Marktperformance getrieben gewesen. Die Nettomittelzuflüsse zeigten sich demnach weiterhin moderat. Die Studienautoren prognostizieren bis 2028 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der globalen AuM von bis zu 7,3%.
Wachstumschancen bieten sich besonders in den privaten Märkten sowie bei Fixed-Income-Produkten und anderen alternativen Investments. Doch gerade im Bereich Altersvorsorge zeichnet sich ab, dass fundamentale Veränderungen notwendig sind, wie die Autoren hervorheben.
Regulierung gibt den Ausschlag
„Die Regulierung bleibt der zentrale Hebel, um grundlegende Veränderungen in der Altersvorsorge anzustoßen. Ohne regulatorische Reformen verharren wir im Status quo und lösen die Probleme nicht“, sagt Kamil Kaczmarski, Partner bei Oliver Wyman und Mitautor der Studie. Regulatorische Veränderungen wie die Diskussion um das Generationenkapital in Deutschland oder die Einführung von Defined-Contribution-(DC)-Plänen in den USA haben in seinen Augen das Potenzial, die Wachstumsdynamik der Altersvorsorgebranche erheblich zu beeinflussen.
Diese Veränderungen könnten laut der Studie nicht nur die Art der Altersvorsorge, sondern auch die gesamte Dynamik der Vermögensverwaltungsbranche nachhaltig prägen. „Faktoren wie Demografie oder Migration spielen eine Rolle, aber sie sind weniger einflussreich als regulatorische Veränderungen, wenn es um die Auswirkungen auf die Industrieerlöse in Bezug auf die Altersvorsorge geht“, ergänzt Kaczmarski. Die Einführung innovativer und flexibler Rentenmodelle wird immer dringlicher, da die klassischen Defined-Benefit-(DB)-Pläne zunehmend durch flexiblere DC-Pläne ersetzt werden.
Demografischer Wandel als Herausforderung
Die Alterung der Bevölkerung sei für die Assetmanagement-Branche von großer Bedeutung. Die durchschnittliche Lebenserwartung in G7-Ländern liegt derzeit bei 83 Jahren und könnte bis 2050 auf über 86 Jahre steigen. Dieses Wachstum erfordert eine Umstellung der Portfolios von risikoarmen hin zu langfristigen und renditestärkeren Anlageklassen. Kaczmarski betont: „Die wachsende Lebenserwartung erfordert eine Neuausrichtung der Portfolios, weg von risikoarmen Anlageklassen hin zu langfristigen, renditestärkeren Investments.“ Ein weiteres ungenutztes Potenzial sieht er in der niedrigen Allokation von privaten Altersvorsorgeportfolios in illiquide Vermögenswerte.
„Ein Großteil der privaten Altersvorsorge weist eine sehr geringe Allokation zu illiquiden Assets auf – hier liegt ein erhebliches ungenutztes Potenzial“, so Kaczmarski. Die Aktivierung bisher ungenutzten Kapitals, beispielsweise in Form von Bargeld oder Spareinlagen, könnte einen erheblichen Wachstumshebel darstellen. „Ein entscheidender Wachstumshebel ist die Aktivierung von Kapital, das bisher ungenutzt bleibt – ob in Form von Bargeld oder anderen zurückgehaltenen Mitteln“, erklärt er.
Wachstum könnte sich verdoppeln
Die Studie identifiziert vier zentrale Faktoren, die die Wachstumsrate der Erlöse der Branche von derzeit 6% bis 2028 auf bis zu 12% verdoppeln könnten. Dazu gehören Allokationsveränderungen, verstärkte Investitionen in illiquide Vermögenswerte, eine erweiterte und intensivere Kundenberatung sowie die Erschließung neuer Marktsegmente.
Obwohl ESG-Themen gerade in Europa oben auf der Agenda stehen, zeigt die Analyse der Studie ihren begrenzten Einfluss auf die Entwicklung der Altersvorsorge auf. „ESG ist ein wichtiges Diskussionsthema, aber in unseren Analysen hat sich gezeigt, dass es keinen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung der Altersvorsorge hat“, so Kaczmarski.
Komplexität reduzieren
Ein zentrales Thema der Studie ist der Bedarf an innovativen und verständlichen Produkten. Anleger suchen zunehmend nach Lösungen, die langfristige Erträge sichern und gleichzeitig flexibel und leicht verständlich sind. Hierzu gehören strukturierte Produkte, private Marktinvestitionen sowie Produkte, die eine nachhaltige Auszahlung garantieren können. Gleichzeitig bleibt die Herausforderung, diese oft komplexen Angebote für Anleger verständlich und zugänglich zu machen. Bildung und Beratung spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Nur durch eine stärkere Kundenorientierung und innovative Ansätze können diese Hürden überwunden werden.