Geldwäschebekämpfung muss warten

Ampel im Bundestag stoppt Bundesfinanzkriminalamt

Das Bundesfinanzkriminalamt für eine effektivere Geldwäschebekämpfung verschiebt sich mindestens bis in den Herbst. Die Ampel-Fraktionen haben es in Geiselhaft für andere Streitigkeiten genommen.

Ampel im Bundestag stoppt Bundesfinanzkriminalamt

Ampel im Bundestag stoppt Bundesfinanzkriminalamt

Auch Finanzmarktdigitalisierungsgesetz vorerst betroffen

wf Berlin

Zwei Finanzmarktnovellen im Bundestag haben sich im Streit der Ampel-Koalition verheddert und verzögern sich mindestens bis in den Herbst: die Errichtung des neuen Bundefinanzkriminalamts zur Geldwäschebekämpfung und das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz. Beide Gesetzesvorhaben sollten in dieser Sitzungswoche im Bundestag beschlossen werden. Die Ampel-Fraktionen konnten sich nicht einigen, sie auf die Tagesordnung zu setzen. Dabei hatten SPD, Grüne und FDP beiden Reformen im Finanzausschuss des Bundestags bereits zugestimmt. Der Bundestag geht nächste Woche in die Sommerpause und tagt erst wieder in der zweiten Septemberwoche.

Das Bundesfinanzkriminalamt – formell: Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) – kann nun nicht wie geplant Mitte Juli seine Arbeit aufnehmen. Ursprünglich sollte es bereits zum 1. April an den Start gehen. Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesfinanzminister, sprach vor der Presse von einem „Rückschlag für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der Mafia, der verschiedenen Oligarchen oder der Clans, die ihre kriminellen Erträge auch aus Deutschland heraus verschieben“. Mit der Novelle reagierte die Bundesregierung auf einen Deutschland-Bericht der Anti-Geldwäsche-Behörde FATF. Diese hatte Defizite bei der Verfolgung von Geldwäsche und der Durchsetzung der Gesetze hierzulande festgestellt. Die FATF-Vorgaben könnten nun nicht umgesetzt werden.

Dämpfer für AMLA-Sitz

Auch die internationalen Partner warteten auf das Signal, dass Deutschland Geldwäschedelikte schärfer verfolgt. Dies habe bei der Entscheidung über den Sitz der europäischen Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA eine Rolle gespielt, sagte Toncar. Deutschland hatte den Zuschlag für Frankfurt bekommen. Toncar zufolge ist nun völlig unklar, wie es mit dem Gesetz weitergehen wird. Die bereits angeworbenen Mitarbeiter könnten kaum mehrere Monate vertröstet werden. Bis Mitte 2025 sollten auch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) und die Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht (ZfG) bei der neuen Behörde zusammengeführt sein. Das Amt mit rund 1.700 Beschäftigten soll 166 Mill. Euro im Jahr kosten, wenn die Behörde ihre Startphase hinter sich gelassen hat.

Die FDP wirft den Grünen vor, mit der Blockade die umstrittene Kindergrundsicherung durchsetzen zu wollen. Zunächst hieß es, die SPD knüpfe den Beschluss im Plenum an Fortschritte beim Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz. Der Entwurf dazu wird erst in den Ressorts der Bundesregierung abgestimmt. Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte laut Nachrichtenagentur Reuters, es müsse parallel zum Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz auch gesetzliche Maßnahmen gegen die Verschleierung von Vermögen geben. Zunächst sah es so aus, als würden die Ampel-Fraktionen nur in einem Entschließungsantrag von der Bundesregierung fordern, schneller gegen Vermögensverschleierung vorzugehen, dem Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz im Plenum aber zustimmen.

Mit in politische Geiselhaft ist das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz genommen. Deutschland gerät so mit der Umsetzung der EU-Richtlinien Mica zur Regulierung von Kryptowerten und Dora für mehr Resilienz gegen IT-Risiken im Finanzsektor in Verzug. Fristablauf war der 1. Juli. Frühzeitige nationale Kryptoregulierung hatte Rechtssicherheit am Finanzplatz Deutschland geschaffen. Dieser Wettbewerbsvorteil droht nun verloren zu gehen.

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