Analysten halten Flut für Versicherer für verkraftbar
tl Frankfurt – Die Flutkatastrophe infolge des Tiefs „Bernd“ wird die deutsche Assekuranz zwar schwer treffen – die Bonität wird darunter aber nicht wesentlich leiden. Dies zeigen Kurzberichte der Ratingagenturen Standard & Poor’s (S&P), Moody’s und A.M. Best.
S&P stellt in ihrem Bericht mehrere Szenarien vor. Im negativsten wird mit einer Jahresschadenbelastung aus Naturkatastrophen für die deutschen Schaden- und Unfallversicherer von 15 Mrd. Euro gerechnet, was zu einer Brutto-Schaden-Kosten-Quote – also ohne Berücksichtigung einer möglichen Rückversicherung – von etwa 109% führen würde. Ohne Berücksichtigung von Kapitalerträgen würde die Sparte also deutlich rot schreiben.
S&P sieht die Versicherer aber besser gerüstet als 2013, als Hagel und Überflutungen hierzulande zu Naturkatastrophenschäden von rund 7,2 Mrd. Euro führten. Eine solide Kapitalausstattung der meisten Adressen dürfte laut Analyse selbst bei einem 15 Mrd. Euro schweren Schaden verhindern, dass die Ratings herabgestuft werden. Außerdem schulterten Rückversicherer einen Großteil der Brutto-Verluste.
Neue Geschäftschancen
Das durch die Katastrophe wieder gestiegene Bewusstsein für die Gefahren aus Naturkatastrophen könnte für die Versicherer sogar neue Geschäftschancen eröffnen, schreibt S&P-Analyst Johannes Bender. Denn noch immer verfügen weniger als die Hälfte der Hausbesitzer über eine Elementarschadendeckung. Die Analysten sehen die aktuellen Schadenfälle als Test für die Digitalisierungsfortschritte der Versicherer, sowohl in der Kommunikation mit ihren Kunden als auch bei der Abwicklung der Schadenmeldungen.
Moody’s ist bei den Schadenschätzungen für die deutschen Schaden- und Unfallversicherer indes zurückhaltender. In ihrem Sektorkommentar rechnet die Ratingagentur mit einer Verschlechterung der Schaden-Kosten-Quote von brutto 90% im Vorjahr auf 96 bis 99% in diesem Jahr. Analyst Christian Badorff und seine Kollegen rechnen offenbar mit deutlichen Beitragserhöhungen, aber auch mit zusätzlichen Verpflichtungen zum Überflutungsschutz und mit höheren Selbstbehalten, da die Wohngebäudeversicherung schon bisher darum kämpfe, in die Gewinnzone zu kommen.
Auch angesichts des Klimawandels dürfte es laut Moody’s herausfordernd für die Versicherer werden, weiterhin einen so umfangreichen Elementarschutz wie bisher zu bieten. Das gilt nicht nur für den privaten Bereich, sondern auch für die gewerbliche und die Industrieversicherung. Auch hier, nämlich in der Schaden- und der Betriebsunterbrechungsversicherung, werde es Versicherungsschäden geben.
Die auf die Assekuranz spezialisierte Ratingagentur A.M. Best sieht die deutschen Versicherer vor dem Hintergrund der diesjährigen Naturkatastrophen gut positioniert, so der Titel ihres Kommentars. Denn die Schadenbelastungen in der Sach- und Kfz-Versicherung in den vergangenen zwei Jahren seien unterdurchschnittlich gewesen. Dadurch könne die Branche die höhere Belastungen dieses Jahres schultern.
Die Ratingwächter weisen darauf hin, dass es in Deutschland im Gegensatz zu Frankreich und Spanien keine staatliche Naturkatastrophendeckung gebe. Vielmehr setze der Staat auf Prävention und Katastrophenhilfen nach Eintritt des Schadenfalls. Insgesamt gälten 98,5% alller Naturkatastrophen als versicherbar, nicht zuletzt, weil die Datenlage und Datenqualität gut seien. Allerdings sei ein erweiterter Elementarschutz, der als Zusatzbaustein extra gewählt werden müsse, in Hochrisikogebieten sehr teuer.