Arbeitsteilung schafft Skaleneffekte – auch bei Fonds
Ein kleiner Handwerksbetrieb, der seine Steuererklärung eigenhändig vornimmt? Dürfte die Ausnahme sein. Effiziente Arbeitsteilung ist Standard, zum gegenseitigen Vorteil: Der Handwerker kann sich voll auf sein Handwerk konzentrieren. Und der Steuerberater kann sein spezielles Fachwissen mehreren Mandanten anbieten und Skalenerträge generieren, so dass dies unter dem Strich auch für den Handwerker günstiger ist. So weit, so bekannt seit den Zeiten von Adam Smith und David Ricardo.
In der Welt der Immobilienfonds hat diese Arbeitsteilung jedoch erst in den vergangenen Jahren so richtig Fahrt aufgenommen und stellt einen der bedeutendsten Trends der Branche dar, der jedoch vielfach unterschätzt wird. Dabei ist die Arbeitsteilung zwischen Fondsinitiatoren, Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) und (institutionellen) Investoren einer der Faktoren, der die Veränderungen in der Branche maßgeblich beeinflusst – und gleichzeitig von ihnen vorangetrieben wird.
Der BVI Bundesverband Investment und Asset Management hat den Wandel vor einiger Zeit in eindrucksvollen Zahlen für offene Immobilien-Spezialfonds (Spezial-OIF) dargelegt: Demnach verwalten „externe Manager“ 37% des gesamten Netto-Fondsvermögens der Spezial-OIFs in Deutschland, das sind 49,4 Mrd. von insgesamt 133,4 Mrd. Euro (Stand: 31.12.2021). Für weitere 3,1 Mrd. Euro gilt dies pro forma auch, nur sind da die KVGs und der „externe Manager“ unter einem Konzerndach. Man kann auch andersherum sagen: 37% des Fondsvermögens werden von einer externen KVG verwaltet, in der Regel also einer Service-KVG, welche die Administration für den Fondsinitiator übernimmt.
Noch eindrucksvoller ist jedoch der Vergleich zu früheren Jahren: Ende 2020 waren es 34%, Ende 2015 sogar erst 15%, Ende 2010 nur 3% und 2005 gab es das Phänomen Service-KVG in dieser Form noch gar nicht. Da auch das Marktsegment deutlich gewachsen ist, sind die absoluten Zahlen am eindrucksvollsten: Das Volumen extern verwalteter Spezial-OIFs wuchs von 900 Mill. (2010) über 8,5 Mrd. (2015) auf 49,4 Mrd. Euro (2021). Es ist keine Übertreibung, von einem Boom zu sprechen.
Lizenz lohnt nur für Große
Ein wesentlicher Faktor war die europäische AIFM-Richtlinie und ihre nationale Umsetzung in Deutschland durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das im Juli 2013 in Kraft trat. Dadurch wurde die Erlangung einer KVG-Lizenz derart aufwendig, dass sich dies für kleinere Fondsanbieter nicht mehr lohnte. Das Geschäftsmodell der White-Label-Service-KVG wurde dadurch für Sachwerte erst geboren – bei liquiden Assets war es schon früher verbreitet.
Doch damit ist diese Geschichte noch nicht zu Ende erzählt. Denn die Einführung des KAGB im Jahr 2013 erklärt nicht das weiterhin starke, überproportionale Wachstum externer KVGs über 2015 hinaus – das wir übrigens nicht nur im Segment der Spezial-OIFs beobachten, sondern auch im Publikumsbereich sowie bei geschlossenen Fonds. Es gibt aus meiner Sicht noch weitere Faktoren, die für die weitere Verbreitung dieses arbeitsteiligen Modells sorgen und auch zukünftig sorgen werden.
Einen davon erwähnt auch schon der BVI in der genannten Publikation: Die Professionalisierung bei Sachwertefonds habe sich durch die steigende Bedeutung von Immobilienanlagen in der Niedrigzinsphase beschleunigt, schreibt der Verband. Und weiter: „Neue Fondskonzepte (z.B. Nutzungsarten wie Rechen- und Forschungszentren oder Sozialimmobilien) erfordern immer mehr entsprechendes Expertenwissen.“
Das verdient eine genauere Erläuterung. In der Niedrigzinsphase haben institutionelle Investoren im Milliardenbereich Kapital von festverzinslichen Wertpapieren in alternative Assetklassen umgeschichtet, und dabei standen Immobilien mit an erster Stelle. Folglich sind in den klassischen Segmenten wie Core-Büro und Wohnen die Preise stark gestiegen und die Renditen gesunken. Damit aber wuchs das Interesse an immer neuen, zuvor als Nischen betrachteten Nutzungsarten mit höheren Renditepotenzialen, von denen sich viele sukzessive zu eigenständigen Immobilien-Assetklassen mit teils beachtlichen Transaktionsvolumina mauserten, angefangen von Logistik- und Unternehmensimmobilien über Sozial- und Pflegeimmobilien, Mikrowohnen und Healthcare bis zu Rechenzentren. Jüngste Trends sind Life-Science und Mobilfunkmasten.
Immer mehr Spezialprodukte
Dieser immer stärker ausdifferenzierte Immobilienmarkt spiegelt sich auch im Produktangebot für Investoren wider: Es entstehen immer mehr Fonds mit spezialisierten Anlagestrategien und Fokus auf spezielle Nutzungsarten – oder auch auf geografische Regionen, Auslandsmärkte, Risikoklassen etc. Auch die Fondsinitiatoren sind dabei zum Teil hoch spezialisiert. Oftmals handelt es sich um vergleichsweise kleine oder neu gegründete Unternehmen mit einer ganz konkreten Investmentidee.
Auch dies bestätigen die BVI-Zahlen: 71% der „freien Immobilien-Portfoliomanager“, also Fondsinitiatoren ohne KVG-Lizenz, von denen dem Verband Zahlen vorliegen, haben lediglich bis zu drei „Labelfonds“, bei 89% beläuft sich das Nettovermögen aller Labelfonds auf weniger als 900 Mill. Euro.
Es liegt auf der Hand, dass es sich für solche Spezialisten nicht lohnt, mit einer eigenen KVG die vielfältigen Verwaltungsaufgaben von rechtlichen über steuerliche Themen bis zum Reporting und zur Kommunikation mit der Finanzaufsicht selbst zu übernehmen und ein ganzes Team aus branchenweit händeringend gesuchten und entsprechend gut bezahlten Fachkräften hierfür aufzubauen.
Dies gilt umso mehr, als der Verwaltungsaufwand bei den KVGs mit jedem weiteren Regulierungsschritt steigt. Bei Universal Investment beschäftigen wir uns derzeit über alle Geschäftsbereiche hinweg mit 400 (!) Regulierungsanforderungen – 30 weitere sind am Horizont zu sehen. Derzeit ist es vor allem das Thema Nachhaltigkeit, das immer neue Vorgaben hervorbringt.
Folglich werden auch die Fondsvermögen immer größer, unterhalb deren sich eine eigene KVG-Lizenz für Fondsinitiatoren und bestehende kleinere KVGs nicht mehr lohnt. Für eine Service-KVG jedoch, die hunderte Fonds betreut, ist das erforderliche Spezialwissen skalierbar. Ein Muss, um Kunden auch langfristig Sicherheit und Perspektiven bieten zu können. Es kommt auf die weitere Optimierung und Automatisierung der Administration an, nicht auf strategische Anlageentscheidungen. Das ist Sache des Fondsinitiators. Für den gilt wiederum umgekehrt, dass er seine innovativsten Ideen womöglich gar nicht umsetzen könnte, gäbe es keine Service-KVGs, die sich um die Administration kümmern.
Hinzu kommt noch weiterer Aspekt: Das größere Angebot an spezialisierten Fonds unterschiedlicher Anbieter führt auch in den Portfolios institutioneller Investoren zu einer größer werdenden Komplexität. Viele setzen deshalb auf eine Master-KVG, um ihr Portfolio zu ordnen und die Verwaltung der einzelnen Fondspositionen ebenfalls extern zu bündeln.
Auch wenn in einem Umfeld steigender Zinsen die eine oder andere Milliarde wieder in festverzinsliche Wertpapiere fließen sollte, die Immobilie als Assetklasse wird weiter gefragt bleiben. Und das Rad der zunehmenden Spezialisierung und Ausdifferenzierung der Immobilienbranche sowie der zunehmenden Regulierung wird sich nicht zurückdrehen. Und damit bleibt auch die Professionalisierung und zunehmende Arbeitsteilung bei der Fondsadministration ein Thema, das uns noch lange begleiten wird.