SCHLUSSNOTE

Ausgetrumpt

Richtet US-Präsident Donald Trump mehr Schaden an den Finanzmärkten an als seine Vorgänger? Die Antwort auf diese Frage ist nicht so klar, wie sie hierzulande in einer politischen Einschätzung zu sein scheint. Die Schäden, die der unberechenbare...

Ausgetrumpt

Richtet US-Präsident Donald Trump mehr Schaden an den Finanzmärkten an als seine Vorgänger? Die Antwort auf diese Frage ist nicht so klar, wie sie hierzulande in einer politischen Einschätzung zu sein scheint. Die Schäden, die der unberechenbare Politiker mit seiner exzessiven Fiskalpolitik angerichtet hat, werden erst mit einer Zeitverzögerung durchschlagen, denn sie sind eine Hypothek für künftiges Wachstum. Auch auf kurze Sicht ist das Bild gemischt. Einige Sektoren, denen nachgesagt wurde, sie hätten einen Trump-Bonus, haben sehr unterschiedlich abgeschnitten. So haben seit der Verkündung seines Wahlsiegs am 9. November 2016 Energieaktien an Wert verloren. Öl- und Gaskonzerne wie ExxonMobil oder Occidental Petroleum oder Fracking-Aktien wie Apache oder Devon Energy notieren heute niedriger, dies trotz der regulatorischen Erleichterungen, die Trump bei Umweltschutzstandards angekündigt hatte. Anders sieht das Bild bei Rüstungsaktien aus. Raytheon, General Dynamics, Northrop Grumman oder Lockheed Martin liegen alle höher – wenn auch mal mehr, mal weniger. Insgesamt ist der US-Aktienmarkt unter Trump aber gar nicht schlecht gelaufen und um rund 35 % gestiegen – zum Stand Mitte Juni, jährlich also um rund 12 %. Das ist kein schlechter Ertrag auch für einen europäischen Investor, denn der Dollar hat sich im selben Zeitraum gegenüber dem Euro nur um 3 % abgeschwächt. Demgegenüber hat der Stoxx Europe 600 isgesamt um gut 11% oder jährlich um 4% zugelegt. Auch der chinesische Markt liegt gemessen am CSI 300 mit einem Plus von gut 9 % oder knapp 3,5 % Plus pro Jahr hinten, wobei noch ein leichter Wechselkursverlust von 2 % abzuziehen wäre. Selbst Trump-Basher werden zugeben müssen, dass zumindest am Aktienmarkt sich das erratische Gehabe des US-Präsidenten bisher nicht zuungunsten von Wall Street ausgewirkt hat.Es wäre aber blauäugig, Trump als Halbverrückten abhaken zu wollen und die mit seiner Politik verbundenen Risiken nicht weiter zu beachten. Genauso unvernünftig wäre es, alles nur auf eine Person zu fixieren. Trump hat mit dem Handelskonflikt mit China nur ein heißes Eisen angefasst, das schon länger für Spannungen sorgt. Mit seiner auftrumpfenden, isolationistischen Art, die in Widerspruch zu einer offenen Gesellschaft und Wirtschaft steht, geht er aber nicht sehr geschickt vor. Anleger sollten sich darauf einstellen, China in diesem Konflikt nicht zu unterschätzen. So erwarten Kenner der Verhältnisse vor Ort, dass China spätestens in drei, vier Jahren technologisch unabhängig sein wird. Andererseits macht sich Trumps Amerika mit der Defizitpolitik verletzbar, ist das Land doch zu einem gewissen Grad von ausländischem Goodwill abhängig, wenn es nicht auf Staatsfinanzierung setzen und damit den Dollar unterminieren will. Trump hat seine größte Trumpfkarte – Steuersenkungen für Unternehmen – bereits ausgespielt, und dies zu einem Zeitpunkt, an dem sie überflüssig war. Was hat er jetzt noch in der Hand, wenn er sich nicht in einen militärischen Konflikt begeben will? Keine einfache Aufgabe für einen Wahlkämpfer, der einen Gesichtsverlust vermeiden muss, aber auch keine einfache Aufgabe für Anlagestrategen, die um eine Einschätzung seiner Politik nicht herumkommen.