BaFin analysiert Risiken

Finanzaufsicht deckt Schwächen einzelner Zertifikate auf

BaFin-Studien zeigen Schwächen bei Anlagezertifikaten auf, die Risiken bleiben hoch. Neue Maßnahmen zum Schutz sind geplant.

Finanzaufsicht deckt Schwächen einzelner Zertifikate auf

BaFin bemängelt einzelne Zertifikate

Keine Hinweise auf systematische Fehlberatung – Verbesserungsbedarf bei Produktgestaltung

wbr Frankfurt

Die Finanzaufsicht BaFin hat zwei Studien zum Markt für Anlagezertifikate durchgeführt. Dabei wurde untersucht, ob es nach der Zinswende systematische Fehlberatungen gab, und welche Risiken bestimmte Produkte bergen. Während keine Hinweise auf massenhafte Fehlberatungen festgestellt wurden, deckte die Untersuchung Schwächen in der Produktgestaltung auf.

Die erste Studie konzentrierte sich auf den Vertrieb von Zins- und Express-Zertifikaten. Es wurde untersucht, ob Banken Kunden nach der Niedrigzinsphase gezielt in diese Produkte lenkten. Die Ergebnisse zeigen, dass keine systematische Fehlberatung vorliegt. Die Mehrheit der Kunden zeigte sich zufrieden mit der Beratung. „Zufrieden waren übrigens auch die Käuferinnen und Käufer der Express-Zertifikate, sowohl mit der Beratung als auch mit dem empfohlenen Produkt“, so BaFin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch. Dennoch offenbarten sich Defizite in der sogenannten Produkt-Governance.

Turbo-Zertifikate: Hohe Verluste für Anleger

Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Markt für Turbo-Zertifikate, die eine hohe Hebelwirkung besitzen und damit besonders risikobehaftet sind. Zwischen 2019 und 2023 verdreifachte sich das Marktvolumen auf 113 Millionen Transaktionen. Drei von vier Anlegern erlitten Verluste, im Schnitt 6.358 Euro pro Person. Insgesamt beliefen sich die Verluste deutscher Privatanleger auf 3,4 Mrd. Euro. „Die hohen Verluste lassen befürchten, dass die Risiken von Turbo-Zertifikaten vielen nicht bewusst sind. Das schauen wir uns genauer an“, erklärte Pötzsch. Die detaillierten Ergebnisse werden bis zum zweiten Quartal 2025 veröffentlicht. Die BaFin prüft zudem, ob regulatorische Eingriffe notwendig sind, um den Anlegerschutz zu verbessern.

Die BaFin befasst sich bereits seit Mai 2023 intensiv mit dem wachsenden Zertifikatemarkt. Damals kritisierte BaFin-Präsident Mark Branson die zunehmende Komplexität vieler Finanzprodukte und forderte eine Vereinfachung der Regulierung. Er verwies damals darauf, dass das Marktvolumen in Deutschland 2023 von 80 Mrd. auf über 120 Mrd. Euro gestiegen sei. Zudem seien wenige Banken für den Großteil des Marktes verantwortlich. Die BaFin hatte seinerzeit angekündigt, insbesondere den Vertrieb durch Banken und Sparkassen stärker zu überprüfen.

Die Branche bewertete die Ergebnisse positiv. Christian Vollmuth, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands für strukturierte Wertpapiere (BSW), sagte: „Wir haben nichts anderes erwartet: Die BaFin-Untersuchung hat keine systematische Fehlberatung festgestellt und damit die hohe Akzeptanz unserer Anlageprodukte bei privaten Anlegern bestätigt.“

Gemischtes Bild

Die Untersuchungen zeigen somit ein gemischtes Bild: Während keine Beweise für systematische Fehlberatung vorliegen, bestehen weiterhin Mängel in der Zielgruppenbestimmung. Gerade Turbo-Zertifikate würden erhebliche Risiken bergen, die viele Anleger offenbar unterschätzten. Die BaFin will nun prüfen, welche regulatorischen Maßnahmen erforderlich seien, um den Anlegerschutz zu stärken.

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