Greenwashing

BaFin stellt Regeln für nachhaltige Fonds auf

Schon lange hat ein Vorhaben der Finanzaufsicht BaFin bei der Regulierung von Investmentfonds nicht mehr für eine derart heftige Abwehr der Anbieter gesorgt wie die geplanten Vorgaben für nachhaltige Produkte.

BaFin stellt Regeln für nachhaltige Fonds auf

Von Silke Stoltenberg, Frankfurt

Die Finanzaufsicht BaFin lässt nicht locker bei ihrem Vorhaben, die Anleger vor Irreführung durch angeblich nachhaltige Fonds schützen zu wollen: Am Montagabend, pünktlich zum Amtsantritt des neuen Chefs Mark Branson, veröffentlichte sie einen Richtlinien-Entwurf für nachhaltige Investmentvermögen und startete damit die Konsultationsphase mit der Branche, die schon am 6. September enden soll.

Im Gegensatz zum ersten Entwurf (vgl. BZ vom 17. Mai) ist sie damit aber nach massiver Kritik der Fondsgesellschaften diesen sichtlich entgegengekommen. Denn sie lässt gleich drei verschiedene Ansätze zu, mit denen die Anbieter die angestrebten Vorgaben der BaFin erfüllen können. Zugleich lässt sie Bereitschaft erkennen, bei ihren Regeln ausstehende EU-, nationale oder internationale Vorgaben zu diesem Thema berücksichtigen zu wollen.

Die Richtlinie soll den Angaben der BaFin zufolge Vorgaben dazu machen, wie Kapitalverwaltungsgesellschaften Publikumsinvestmentvermögen künftig ausgestalten müssen, die sie als nachhaltig bezeichnen oder als explizit nachhaltig vertreiben. Sie können dabei zwischen drei Varianten wählen: eine Mindestinvestitionsquote einhalten, eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgen oder einen nachhaltigen Index abbilden. „Da es weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene aktuell Regelungen dazu gibt, wann sich ein Investmentvermögen im Namen als nachhaltig bezeichnen oder als explizit nachhaltig vertrieben werden darf, besteht die erhöhte Gefahr eines sogenannten ‚Greenwashings‘“, heißt es in dem Anschreiben zum Konsultationsentwurf. „Wo ESG draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit drin sein“, so Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch, der bei der BaFin aktuell auch den Bereich Wertpapieraufsicht/Assetmanagement leitet.

Erfasst werden sollen alle deutschen nachhaltigen Fonds, deren Anlagebedingungen mit dem Stichtag der Veröffentlichung der Konsultation noch nicht genehmigt worden sind. Damit betrifft es also alle neuen Produkte, aber auch diejenigen, die neue Anlagebedingungen planen. Die BaFin genehmigt die Anlagebedingungen von Fonds nur, wenn diese den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Bezeichnung und Vermarktung dürfen dem Fondsgesetz KAGB zufolge beispielsweise nicht irreführend sein.

Scharfer Gegenwind

Die neuen Vorgaben für nachhaltige Fondsportfolien sollten ursprünglich schon bis Ende des zweiten Quartals fertiggestellt sein, so der frühere Zeitplan. Von Anfang an gab es scharfen Gegenwind aus der Finanzbranche, allen voran vom Fondsverband BVI. Denn die BaFin hatte in einem ersten Entwurf niedergeschrieben, dass ein „nachhaltiges Investmentvermögen“ zu mindestens 90% in „nachhaltige Vermögensgegenstände“ investiert sein soll. Das wurde als unrealistisch hoch kritisiert und als schädlich für deutsche Fonds im europäischen Wettbewerb. Daher gab es eine Verzögerung.

Dieser Protest und auch die Tatsache, dass sich das Bundesfinanzministerium einschaltete, zeigt sich in der nun abgemilderten Richtlinie. Nun können Fondsmanager auswählen, ob sie eine Mindestinvestitionsquote in nachhaltige Vermögensgegenstände von 75% einhalten wollen. Diese Vermögensgegenstände müssen wesentlich dazu beitragen, Umwelt- oder soziale Ziele der EU zu erreichen beziehungsweise dürfen diese nicht erheblich beeinträchtigen, heißt es in dem Entwurf. Für die hierfür zugelassenen Investments wird auf die EU-Offenlegungsverordnung Art. 2 Nr. 17 verwiesen. Dieser ist sehr allgemein gehalten und ermöglicht den Akteuren der Finanzbranche einen großen Spielraum. Auch grüne Anleihen gelten der BaFin zufolge als nachhaltig. Hinzu kommen Mindestausschlüsse, wie beispielsweise höchstens 10% aus der Energiegewinnung durch fossile Brennstoffe oder Atomstrom.

Die zweite mögliche Variante eines nachhaltigen Fonds in dem BaFin-Entwurf dürfte den Gesellschaften besonders gut gefallen, lässt er ihnen doch größtmöglichen Spielraum. Demnach können Fondsmanager statt der Mindestquote im Portfolio auch eine der vielen Nachhaltigkeitsstrategien auswählen. Entweder müssten bei mindestens 75% des Investmentvermögens „Nachhaltigkeitsgesichtspunkte/-faktoren bei der Auswahl der Vermögensgegenstände von entscheidender Bedeutung“ sein oder beim gesamten Investmentvermögen eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgt werden. Das kann zum Beispiel die sehr einfach umzusetzende Best-in-Class-Strategie sein, wonach bei einem bestimmten Umweltziel dasjenige Unternehmen einer Vergleichsgruppe ausgewählt werden kann, das diesem Ziel am nächsten kommt. Auch für diese Form eines nachhaltigen Fonds verlangt die BaFin aber Mindestausschlüsse und verweist auf das Investmentuniversum der Offenlegungsverordnung.

Schließlich schwebt der BaFin als dritte Variante die Nachbildung eines nachhaltigen Indexes vor. Die Anlagebedingungen müssen dann den Nachhaltigkeitscharakter dieses Indexes konkret beschreiben, heißt es. Auch hier wird wieder der Zusammenhang zur Offenlegungsverordnung hergestellt.

Zugleich betont die BaFin, dass sie ihre Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen bei Bedarf an die nationalen, europäischen und internationalen Entwicklungen anpassen könne. Für Deutschland wird unter anderem die geplante Nachhaltigkeitsampel für Anlageprodukte erwähnt. Gleiches gelte für die von der internationalen Wertpapieraufsichtsbehörde IOSCO zuvor gestarteten Konsultation in Sachen Greenwashing.

Ebenso werde man die Pläne der EU-Kommission, ein eigenes EU-Ecolabel und Mindest-Nachhaltigkeitskriterien für Finanzprodukte einzuführen, im Auge behalten. „Sofern zukünftig das Europäische Umweltzeichen (EU-Ecolabel) unter anderem auch für Investmentvermögen vergeben werden darf, wird die BaFin-Richtlinie entsprechend angepasst“, heißt es in der Richtlinie.