Finanzstabilitätsrat analysiert Risiken

Bank of England nimmt sich KI vor

Die britische Finanzbranche setzt immer mehr auf KI. Nun werden die Finanzstabilitätshüter der Bank of England aktiv.

Bank of England nimmt sich KI vor

Bank of England nimmt sich KI vor

Stabilitätshüter nehmen sich systemische Risiken der sich ausbreitenden Technologie vor

hip London

Das Finanzstabilitätskomitee der Bank of England hat sich mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Finanzbranche befasst. Wie dem Protokoll der jüngsten Sitzung zu entnehmen ist, will das Financial Policy Committee (FPC) im ersten Halbjahr einen Bericht zu den „wichtigsten systemischen Risikokanälen“ vorlegen. Es will Vorschläge für die Überwachung von KI-Risiken machen.

Britische Banken haben in großem Stil damit begonnen, KI in ihre Geschäftsprozesse einzubauen. Sie erhoffen sich Vorteile im Konkurrenzkampf und Effizienzsteigerungen. Aus der alljährlichen Financial Institutions Sentiment Survey der Lloyds Bank geht hervor, dass sich der Anteil der Institute, die in KI investieren, verdoppelt hat – von 32% im Vorjahr auf 63%.

Branche sieht große Chancen

Knapp ein Drittel (32%) will durch den Einsatz der neuen Technologie bereits die Produktivität gesteigert, gut ein Fünftel (21%) Wettbewerbsvorteile erzielt haben. Lediglich 3% betrachten KI als Bedrohung, vier Fünftel (81%) dagegen als Chance. Fast die Hälfte (46%) unterhält bereits spezielle Teams, die sich mit den Einsatzmöglichkeiten befassen.

„Die am weitesten entwickelten KI-Modelle, einschließlich die auf generativer KI basierten, könnten wesentliche Daten-, Modell und Governance-Risiken und Probleme für das Risikomanagement darstellen“, heißt es im Protokoll der FPC-Sitzung. Als Beispiele für mögliche Risiken werden unter anderem der Datenschutz, die Erklärbarkeit von Modellen und die Angleichung von Anreizen genannt.

Technologieneutrale Regulierung

Wenn solche KI-Modelle weithin eingesetzt würden, insbesondere in Kernanwendungen, „könnte eine Kristallisierung dieser Risiken systemische Auswirkungen haben“, fürchtet man bei der Bank of England. Mit zunehmender Verbreitung von KI sei es wichtig, sicherzustellen, dass diesen Risiken durch „technologieneutrale regulatorische Rahmenwerke“ begegnet werde.

Das FPC warnt davor, dass strukturelle Anfälligkeiten von KI-Technologien oder Infrastrukturanbietern die Modelle vieler Firmen gleichzeitig stören könnten. Möglich wäre auch, dass zunehmend korrelierte Handelsstrategien verfolgt werden.

Destabilisierende Wirkung

Dank KI immer raffiniertere Handelsalgorithmen könnten das Verhalten anderer Marktteilnehmer erlernen und für sich ausschlachten. Das wäre individuell betrachtet zwar rational, könne sich aber auf die Finanzmärkte insgesamt destabilisierend auswirken, mahnt das FPC.

Auch der Einsatz von KI jenseits der Finanzbranche könnte dem Finanzstabilitätskomitee zufolge systemische Risiken hervorbringen. Zudem bestehe das Risiko von durch Künstliche Intelligenz ermöglichten Cyberangriffen.

Tokenisierung von Geldmarktfonds

Das FPC beschäftigte sich auch mit dem Thema Tokenisierung von Fondsanteilen. Dabei ging es um Nutzen und Risiken von tokenisierten Geldmarktfonds, die als Sicherheitsleistung hinterlegt werden könnten. Das könne Stresssituationen mildern, weil die Eigentümer im Falle kurzfristiger Liquiditätsnöte wie etwa Margin Calls ihre Fondsanteile nicht erst zu Geld machen müssten, sondern in tokenisierter Form einreichen könnten.

Das könne in schwerwiegenden Stresssituationen aber auch zu neuen Risiken führen, warnten die Stabilitätshüter. Dazu gehörten Situationen, in denen Fonds die Rücknahme von Anteilen aussetzen oder das Vertrauen nicht mehr gegeben ist, dass man für einen Geldmarktfondsanteil noch den Nennwert erhält. Nutzen und Risiken könnten im digitalen Sandkasten von Bank of England und Finanzaufsicht (Digital Securities Sandbox) weiter ausgetestet werden.

Antizyklischer Puffer

Der den Banken auferlegte antizyklische Kapitalpuffer wurde bei 2 % der risikogewichteten Assets beibehalten. Der wirtschaftliche Ausblick für das Vereinigte Königreich habe sich zwar etwas aufgehellt. Es bestünden aber noch erhebliche Verletzbarkeiten, sowohl mit Blick auf die Welt als auch auf die Finanzmärkte.

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