Stellenmarkt

Banken suchen Liquiditätsplaner und Projektmanager

Expertise im Working Capital Management steht in Banken derzeit hoch im Kurs. Wer kundig ist, wie Unternehmen ihre Liquiditätslage etwa durch Abtretung von Forderungen via Factoring oder Verbriefung verbessern können, hat dort hervorragende...

Banken suchen Liquiditätsplaner und Projektmanager

fir Frankfurt

Expertise im Working Capital Management steht in Banken derzeit hoch im Kurs. Wer kundig ist, wie Unternehmen ihre Liquiditätslage etwa durch Abtretung von Forderungen via Factoring oder Verbriefung verbessern können, hat dort hervorragende Einstellungschancen, sagt Andreas Krischke. Der Gründer und Geschäftsführer von Indigo Headhunters beobachtet, dass aktuell der Stellenmarkt für Experten im Working Capital Management bzw. Supply Chain Finance boomt.

Kostensenker en vogue

In Anbetracht der Sparprogramme und massenhaften Stellenstreichungen quer durch die klassische Finanzbranche verbleiben nicht allzu viele Sektoren mit Neueinstellungen. Nach wie vor gehören Compliance und vor allem jene Tätigkeiten dazu, die Prozesse entschlacken, automatisieren und Kosten senken: die Vollstrecker agilen Arbeitens – Scrum Master und wie sie alle heißen –, IT-Experten und Projektmanager. „Beschleunigt durch die Corona-Pandemie, entwickelt sich gerade alles, was mit Working Capital Management und Lieferkettenfinanzierung zu­sammenhängt, äußerst positiv“, sagt Krischke. Die Krise habe Unternehmen veranlasst, sich ihre Lieferketten genauer anzuschauen. Die wurden nicht selten unterbrochen oder zerbrachen ganz.

Die LBBW, die Krischke zufolge ihr Supply-Chain-Finance-Team ausbaut, verweist darauf, dass Working Capital Management von vielen Un­ternehmen in den vergangenen Jahren angesichts der starken Konjunktur und des billigen Geldes keinen ho­hen Stellenwert besaß. Liquidität war genug vorhanden. Das habe sich geändert. „Heute – in Zeiten von Co­rona – brechen Einnahmen plötzlich weg, während viele Ausgaben wie Mietkosten, Gehälter und sonstige Fix­kosten stetig wie ein Uhrwerk weiterlaufen. Jetzt steht die Liquidität verstärkt wieder im Fokus“, konstatiert die Landesbank auf ihrer Homepage.

Verbriefungen, die Zahlungsansprüche aus Warenlieferungen und Dienstleistungen bündeln und veräußern, tragen ebenso wie der unmittelbare Verkauf der Forderungen (Factoring) dazu bei, Lieferanten flüssig zu halten. Der Zeitraum zwischen Bestelldatum und Zahlungseingang schrumpft erheblich. Diese Spanne hat sich in der Krise ausgeweitet. Mussten Firmen im zweiten Quartal 2019 im Schnitt noch 49 Tage warten, bis sie ihr Geld bekommen, so waren es im zweiten Quartal 2020 laut Beratungsgesellschaft PwC schon 53 Tage.

Das jüngste Desaster um den pleitegegangenen Lieferkettenfinanzierer Greensill tue dem Boom keinen Ab­bruch, meint Krischke. „Vor solchem Schmu ist man nicht gefeit. Der Fall ist ein Warnsignal, ich gehe aber nicht davon aus, dass er lange nachwirken wird, da es sich hier nicht um ein strukturelles Problem handelt.“

Seltene Spezies

 Jenseits des Bankwesens liefen die Geschäfte jener Finanzdienstleister blendend, die von der Niedrigzinsphase profitieren, Assetmanager, Private-Equity-Gesellschaften und Debt Fonds. In der Bankenbranche ge­meinhin gefragt ist dem Headhunter zufolge eine sehr rare Spezies: „Es wird der Banker gesucht, der nachweislich in seinem Karrierepfad größere Transformationen begleitet und erfolgreich zu Ende geführt hat. Den gibt es ganz selten.“ Gesucht würden vor allem Banker mit nachweislicher Projektmanagementerfahrung, die Re­organisationen komplett durchexerziert haben. Denn die wenigsten Projekte seien tatsächlich erfolgreich abgeschlossen worden, so Krischke.

„Die Zukunft der Bank ist, dem Kunden nicht mehr alles aus einer Hand anzubieten, sondern als Generalun­ternehmer aufzutreten.“ Schnittstellenmanager nennt er diese Talente. Vielversprechende Banker haben zu­dem in ihrem bisherigen Arbeitsleben schon verschiedene Tätigkeiten aus­ge­übt. „Früher war es verbreitet, dass Führungskräfte in Silos Karriere machen. Heute ist man auf der Suche nach dem Gegenteil.“ Je mehr die An­wärter für Spitzenposten kennengelernt hätten, desto besser.

Talente gehen zu Fintechs

Obwohl allgemein bekannt sei, dass die fetten Jahre in der Branche vorbei sind, hapere es an Leuten an der Spitze, die aus dieser Erkenntnis folgend realistische Ansagen machen. „Was generell fehlt, ist nicht nur technische Erfahrung, sondern es mangelt auch an charismatischen Füh­rungspersönlichkeiten, die Mitarbeiter in einer schwierigen Phase abholen, einbinden und motivieren können.“ Da Banken mit sich selbst be­schäftigt seien, gingen Talente flöten. Nicht wenige wanderten zu Fintechs ab, wohl wissend, dass das Risiko hoch ist. „Diese Leute wollen je­manden erleben, der endlich mal eine glaubwürdige positive Strategie er­läutert“, erklärt Krischke.

Nach wie vor treibe die Regulatorik die Nachfrage nach Compliance-Mitarbeitern. Allerdings stehe hier nach dem Stellenaufbau etwa in der Geldwäschebekämpfung mittlerweile die Frage im Vordergrund, wie ent­sprechende Prozesse effizienter gestaltet werden können. „In Deutschland ist aber noch nicht mit einem Stellenabbau zu rechnen“, schätzt Krische. „Noch sind wir nicht so weit. Doch der Trend wird dorthin gehen.“ In Skandinavien ist diese Entwicklung schon seit rund zwei Jahren zu besichtigen. Die finnische Nordea beispielsweise setzt zusehends auf technologische Lösungen in der Compliance.

In Warteposition befänden sich Ex­perten für Kreditabwicklung und -restrukturierung. Hier würden noch bescheidene Ressourcen aufgebaut, um für Firmenpleiten und größere Kreditausfälle infolge der Pandemie gerüstet zu sein. Die lassen dank staatlicher, regulatorischer und geldpolitischer Hilfsmaßnahmen und Er­leichterungen noch auf sich warten.