Bankhaus Bodensee finanziert die Champions League
Von Thomas Spengler, Stuttgart
„Entweder man verändert, oder man wird verändert. So einfach ist das“, macht Heike Kemmner, Vorstandsmitglied der IBB, mit Blick auf ihr Institut klar. Tatsächlich hat sich das Bankhaus in den bisher 26 Jahren seines Bestehens immer wieder neu erfinden müssen. Gegründet 1996 mit dem Ziel, grenzübergreifendes Firmengeschäft am Bodensee zu finanzieren, zeigte sich bald, dass die Vorstellungen der Partner aus drei verschiedenen Ländern nicht immer miteinander kompatibel waren. Also wandte man sich der klassischen Wohnbaufinanzierung zu, schnürte daraus Kapitalanlagepakete, um sie als ABS (Asset Backed Securities) weiterzuverkaufen. Doch als die Finanzmarktkrise 2008 auch diesen Geschäftsansatz zunichtemachte, begann die IBB, großvolumiges Geschäft von Bauträgern zu finanzieren. Mittlerweile hatte 2006 die Würth Finanz-Beteiligungs-GmbH in Künzelsau das Gros der IBB-Anteile, die damals bei der LBBW lagen, übernommen. So hält Würth Stand heute 94,42%. Die restlichen 5,56% liegen bei der einzig verbliebenen Gründungsgesellschaft, der Hypo Vorarlberg Bank AG, mit Sitz in Bregenz.
Anstöße aus Künzelsau
Warum aber hat sich das weltweit führende Handelsunternehmen für Befestigungs- und Montagetechnik ausgerechnet eine Bank eingekauft, noch dazu 2006, als kaum mehr ein Investor eine Bank haben wollte? Zur Absatzfinanzierung war die IBB jedenfalls nie gedacht, vielmehr rundete Würth sein ohnehin schon sehr diversifiziertes Portfolio weiter ab. „Wir sind nicht die Bank des Würth-Konzerns, sondern ein reines Investment“, erläutern Kemmner und ihr Co-Vorstand Stephan Waiblinger. Darüber hinaus repräsentiere die IBB Werte wie Bodenständigkeit und Moderne – „so, wie es eben auch der Würth-Konzern tut“. Firmeninhaber Reinhold Würth selbst nimmt ein- bis zweimal im Jahr an der Planungsrunde der Bank teil. Der 87-Jährige wolle mit der persönlichen Teilnahme seinen Respekt für die Entwicklung der Bank zum Ausdruck bringen, heißt es aus Künzelsau. Dabei bringe Würth immer wieder wertvolle Anstöße zur Unternehmenskultur mit ein, erzählt Kemmner. „Erst recht in Zeiten wie diesen sehen wir, wie wichtig es ist, einen stabilen Hauptgesellschafter zu haben“, sagt Waiblinger. Würth hat die Bank freilich nicht aus reinem Spaß in sein Portfolio genommen. Von allen seinen Beteiligungen, und damit auch von der IBB, fordert Würth Gewinnwachstum. Wachstum ohne Gewinn sei tödlich, so sein Credo. Das Institut habe seit seinem Einstieg nie Verlust geschrieben und der Würth-Gruppe ausschließlich Freude bereitet, sagt der Patriarch in Künzelsau selbst. Dabei gehe es dem Konzern nicht um explizite Renditeerwartungen.
Grundlage ihres Wachstums war es, von Anfang an auf eine profitable Nischenpolitik zu setzen, in deren Rahmen sich die Bank auf wenige, beratungsintensive Geschäftsbereiche konzentriert hat. Hinzu kommt, dass sich das Geschäft über eher kurze Laufzeiten auszeichnet. „Flexibilität, unkompliziertes, rasches Handeln von kompetenten Mitarbeitern ist unser Gegenentwurf zu etablierten Regionalbanken“, sagt dazu Kemmner. Unter dieser Prämisse ist die IBB kein Niedrigpreisanbieter, sondern ein Spezialist, der für seine Leistung auch höhere Preise verlangen kann. „Dafür können die Kunden mit schnellen Entscheidungen, kreativen Lösungen und Know-how in der Beratung rechnen“, versichert Kemmner. Unterm Strich kommt das Bankhaus damit auf eine Bilanzsumme von 1,54 Mrd. Euro (2021) und erzielte zuletzt mit 185 Beschäftigten einen stagnierenden Jahresüberschuss von 5,1 Mill. Euro.
Aktuell fußt das Geschäftsmodell der IBB auf vier Segmenten, wovon das Geschäft mit gewerblichen Immobilienkunden das wichtigste ist. Diese Nische ergibt sich für die IBB laut Waiblinger aus der Situation heraus, dass die regionalen Banken dieses Geschäft aufgrund ihrer Regionalität nicht abbilden können und die Großbanken dort noch nicht tätig sein wollen. Als weitere Segmente betreibt die IBB Private Banking für vermögende Privatanleger und institutionelle Investoren sowie das Firmenkundengeschäft mit dem Fokus auf Projektfinanzierungen und Refinanzierung von Finanzdienstleistern. Zielkunden sind hier mittelständische Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland.
Exotisches Standbein
Etwas exotisch mutet dagegen das vierte Standbein der IBB an, es wird aber laut Kemmner wie klassisches Bankgeschäft betrieben. So hat das Bankhaus vom Bodensee in den vergangenen 15 Jahren Erfahrungen und Kompetenzen für seinen Geschäftsbereich Sportfinanzierung aufgebaut, in dessen Rahmen die Vorfinanzierung von Transfers bei Profifußballern betrieben wird. Hierbei kauft die Bank vor allem Forderungen aus dem Fußballbereich in Form von Sponsoring- und Werbeverträgen, von TV-Vermarktungsverträgen sowie Transferverträgen auf. Bei einem Spielertransfer wird oftmals nicht die gesamte Wechselsumme von dem aufnehmenden Club sofort bezahlt, sondern teilweise auf ein oder zwei Jahre gestreckt. Die daraus entstehenden Forderungen kauft die IBB von dem alten Club des Spielers mit einem gewissen Abschlag ab, um nach einer Laufzeit von ein bis zwei Jahren die restliche Tranche von dem Club zu erhalten, der den Spieler gekauft hat.
Wohlgemerkt werden bei dem Geschäft nicht die Landesliga-Kicker des VfB Friedrichshafen finanziert. Vielmehr betreibt das Bankhaus vom Bodensee eine Art Factoring von Forderungen, die sich aus Spielertransfers von Bundesliga- und internationalen Clubs aus der Champions League ergeben. „Komplexe Aufgabenstellungen bedürfen einer kreativen Finanzierungslösung, welche ein besonderes Know-how benötigt“, sagt Kemmner auf die Frage, warum ausgerechnet die IBB ein derartiges Geschäft betreibt. Um Zugang zu den Märkten und deren Usancen zu bekommen, galt es unter anderem, normales Recht mit Verbandsrecht und internationalem Sportrecht zusammenzubringen. Dafür habe man sich ein Netzwerk aus spezialisierten Rechtsanwälten und potenziellen europäischen Partnerbanken aufgebaut, mit denen man gegebenenfalls große Deals zusammen schultern kann. Aufgrund eines 60-prozentigen coronabedingten Einbruchs des europäischen Transfermarkts der Profikicker ist dieses Segment der IBB zwar unter Druck geraten, sei aber wie alle anderen Bereiche der Bank weiterhin profitabel.
Clubs als Kunden
Welche Clubs zu den Kunden gehören, will der Vorstand nicht verraten. Nur so viel, man habe Kundenbeziehungen zu Champions-League-Clubs auf Topniveau, sagt Kemmner. Einer davon ist der FC Porto, der die Kundenbeziehung an den Bodensee öffentlich gemacht hat. 2021 hat der 30-malige portugiesische Meister die IBB zum „Partner of the Year“ auserkoren. „Die Siege des FC Porto haben seit einigen Jahren immer ein bisschen etwas von dem Bankhaus am Bodensee“, sagte damals Club-Präsident Jorge Nuno Pinto da Costa. Und natürlich seien sie bei der IBB im Grunde alle Fußballfans, gesteht Kemmner ein, um jedoch gleich zu betonen, dass man bei der Risikobewertung von Fußballclubs genauso nüchtern prüfe wie jeden anderen Firmenkunden auch.