Bei FlatexDegiro liegt Spannung in der Luft
Bei FlatexDegiro hat sich nach der Kritik von Großaktionär Bernd Förtsch eine gewisse Spannung aufgebaut. Kurz vor Ostern hatte Förtsch per Interview wissen lassen, dass ihm einiges nicht passt bei dem Frankfurter Broker. Bemängelt wird die „operative, strategische und auch aufsichtsratstechnische“ Entwicklung, mit dem Börsenkurs hadert er. Außerdem diagnostiziert er einen Mangel an Initiativen, die das Kerngeschäft voranbrächten.
Disput in Gremien austragen
Das ist eine Menge Holz – und Förtsch will seine Unzufriedenheit auch damit dokumentieren, dass er Vorstandschef Frank Niehage und Aufsichtsratschef Martin Korbmacher die Entlastung auf der Hauptversammlung Anfang Juni verweigern will. Das allein ist noch kein Putsch, hätte eine Nichtentlastung doch keine handfesten Folgen – und Förtsch mit seinen 20% hat im Kontrollgremium mit Stefan Müller, immerhin stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, und Herbert Seuling zwei im heimischen Kulmbach angesiedelte Delegierte seines Vertrauens. Den Disput hätte man also im kritischen Dialog der Gremien austragen können.
Vertrag bis Mitte 2025
Aber was sagt Niehage dazu? Zunächst einmal bekundet er, dass er weiter viel vorhat mit FlatexDegiro und nicht weglaufen werde. Sein Vertrag läuft noch bis Mitte 2025, er ist wie Korbmacher seit knapp zehn Jahren für den Frankfurter Broker tätig. Er und weitere Vorstandskollegen würden weiterhin regelmäßig mit dem Aufsichtsrat zusammenkommen, er erwartet einen vernünftigen Dialog wie immer. Schließlich habe man bislang in den Gremien alles an strategischen Maßnahmen einstimmig beschlossen. Und Anfang Juni auf der Hauptversammlung (HV) könnten die Aktionäre dann darüber abstimmen, ob sie den Aktienrückkauf – den Förtsch kritisiert – wollten. Niehage geht davon aus, dass die Präsenz auf der HV höher liegen dürfte als die zuletzt üblichen 60 bis 70% – was für eine deutsche Aktiengesellschaft ohnehin keine schlechte Präsenzquote ist.
Zankapfel Aktienrückkauf
Auch nach einem Aktienrückkauf verfüge FlatexDegiro über reichlich Feuerkraft für Zukäufe, da ausreichend genehmigtes Kapital besteht, stellt Niehage klar, wobei er auch deutlich macht, dass das auf dem aktuellen Kursniveau nicht attraktiv sei. M&A-Ziele gebe es im Moment ohnehin nicht – und bei Kosten pro Neukunde von 100 Euro mache es sowieso keinen Sinn, sich über eine Akquisition Kunden zu kaufen. Gegen Ende des Jahres wolle man den Kryptohandel anbieten, man befinde sich gerade in den Verhandlungen mit Dienstleistern, die zum Beispiel die Verwahrung darstellen.
BaFin-Kapitel schließen
Was Niehage 2023 zu schaffen machte, waren die BaFin-Feststellungen zu organisatorischen Mängeln nebst Sonderbeauftragtem, da deren Abarbeitung immer erhebliche Ressourcen beansprucht. Die wesentlichen BaFin-Anforderungen sollen aber später im Sommer abgearbeitet sein, versichert Niehage. Mit dem Aktienkurs ist er – trotz 80-prozentigen Kursanstiegs im vergangenen Jahr – auch noch nicht zufrieden, genauso wie Förtsch.
Gewinnprognose noch nicht im Kurs reflektiert
Mit Abschluss des BaFin-Kapitels und dem Beginn des Aktienrückkaufes könnte es auch für Aktie aufwärtsgehen – wobei da wohl bislang die Gewinnprognose noch nicht ausreichend registriert wurde. Für 2024 stellt FlatexDegiro einen Vorsteuergewinn von 120 bis 150 Mill. Euro in Aussicht, was am oberen Ende der Spanne eine 50%-Steigerung gegenüber dem Vorjahr wäre – was nicht so schlecht ist, wenn man bedenkt, dass es bei den Handelsvolumina im Brokerage keinen großen Aufwärtstrend gibt.