Berenberg setzt 2023 auf niedrigere Kostenbasis
Der Einbruch am Markt für Kapitalmarkttransaktionen hat den Gewinn von im Geschäftsturnus 2022 vorläufigen Zahlen zufolge verglichen mit dem Rekordergebnis des Vorjahres um gut zwei Drittel auf 55,1 Mill. Euro fallen lassen. Die Hamburger Privatbank hebt hervor, nach zwei sehr guten Jahren mit einem starken Kapitalmarktgeschäft habe man bewiesen, mit dem diversifizierten Geschäftsmodell auch in schwierigem Umfeld gute Renditen zu erwirtschaften. Die Eigenkapitalrendite vor Steuern von 28,7 (i.V. 82,7)% liege weiterhin deutlich über dem Branchendurchschnitt. Zugleich verschlechterte sich das Aufwand-Ertrag-Verhältnis auf 79 (65,8)%. Für 2023 stellt das Institut ein wieder höheres Jahresergebnis in Aussicht.
Dabei setzt man bei Berenberg, wie ein Sprecher mitteilte, auf eine Besserung in einigen Geschäftsfeldern im zweiten Halbjahr sowie auf eine reduzierte Kostenbasis. „Wir haben die Zeichen der sich abflauenden Märkte früh erkannt und zügig mit den Kosten gegengesteuert, sodass wir für 2023 mit einer niedrigeren Kostenbasis arbeiten werden.“
Das schwache Marktumfeld führte zu Kostensenkungen und zur Anpassung der Beschäftigtenzahl vor allem in der Investmentbank und bei der US-Tochter. In London seien rund 85, in New York 60 Stellen gestrichen worden, sagte der Sprecher. Während die Sachkosten laut Bank geringer als geplant um 9,6% auf 142 Mill. Euro stiegen, schrumpften die Personalkosten 2022 um 13,3% auf 238 Mill. Euro. An den deutschen Standorten kam es zu keinem Abbau. Insgesamt beschäftigte die Berenberg-Gruppe Ende des Jahres 1579 (1703) Mitarbeiter.
Die Kapitalmarktaktivitäten hätten den tiefsten Stand seit Jahrzehnten erreicht, so Managing Partner David Mortlock. Das habe dazu geführt, dass die Zahl der Transaktionen bei Berenberg 2022 von 114 auf 39 und das Volumen von 32,2 Mrd. Euro auf 4,7 Mrd. Euro zurückging. Im Aktienhandel blieben die Volumina der Bank mit einem Umsatz über 150 Mrd. Euro den Angaben zufolge stabil, im Research-&-Sales-Geschäft habe man neue Kunden gewonnen. Gleichwohl sank sowohl die Zahl der Analysten auf 90 (129) als auch die Zahl der abgedeckten Unternehmen in Europa und den USA auf 950 (1250).
Hendrik Riehmer, persönlich haftender Gesellschafter von Berenberg, unterstrich nach dem Rückgang im Geschäft mit Börsengängen und Kapitalerhöhungen, dass man im Jahresverlauf eine Besserung erwarte. Die aktuelle Phase wolle man nutzen, um durch „unsere gute Aufstellung Marktanteile zu gewinnen“.
Riehmer sagte weiter, in einer Bank, die eher auf Provisionsergebnisse ausgerichtet sei, seien „im richtigen Moment“ die Erträge über das Kreditfonds- und das Einlagengeschäft zurückgekehrt. „Unser Risiko haben wir dabei nicht erhöht.“ Im Corporate Banking mit Kreditfonds in Bereichen wie Schiffsfinanzierung, erneuerbare Energien, digitale Infrastruktur und Immobilienfinanzierung habe man das investierte Volumen auf über 4,3 Mrd. Euro gesteigert. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Bank die ersten Immobilienfinanzierungen in einem Kreditfonds platziert, neu waren zudem ein Corporate-Direct- Lending-Multiinvestorenfonds (Akquisitionsfinanzierungen für Private Equity) sowie ein Multiinvestorenfonds im Bereich grüne Energien. Das investierte Kapital aus den gemanagten Geldern sei so stark gestiegen wie noch nie, so Tobias Bittrich, Leiter Corporate Banking. Die relative Überperformance von Kreditfonds habe vor dem Hintergrund der gestiegenen Zinsen „in keinster Weise gelitten“.
Während der Provisionsüberschuss der Bank um gut 37% auf 360 Mill. Euro schrumpfte, damit aber noch den bislang drittbesten Wert erreichte, verdreifachte sich der Zinsüberschuss infolge des Wachstums im Einlagengeschäft fast auf 99,5 (37,5) Mill. Euro. Der Anstieg der täglich fälligen Kundenverbindlichkeiten, die tagesaktuell vor allem in Guthaben bei Notenbanken angelegt wurden, ließ die Bilanzsumme von Berenberg 2022 kräftig um 21% auf 7,7 Mrd. Euro steigen.