Commerzbank gewinnt an Balance
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Vermehrte Wertpapieraktivitäten von Kunden haben der Commerzbank im ersten Quartal nicht nur unerwartet hohe Erträge beschert, sondern auch ihre Abhängigkeit vom zinstragenden Geschäft reduziert. Mit 951 Mill. Euro hat der Provisionsüberschuss drei Viertel des via Zinsüberschuss hereingeholten Beitrags zu den Einnahmen geleistet. Im Startquartal 2020 sowie im Jahr 2020 waren es noch zwei Drittel gewesen, und 2019 hatte der Provisions- nur 60% des Zinsüberschusses ausgemacht.
Das Verhältnis mag sich zwar wieder zulasten des Provisionsergebnisses verschieben, wenn der Kursaufschwung an den Märkten und die Volatilität abebben oder die Bankkunden sich daran gewöhnen, für Einlagen stärker zur Kasse gebeten zu werden. Doch erstmals kommt die Commerzbank damit einer Forderung der Aufsicht nach. Sie appelliert seit Jahren an die Geldhäuser, den Anteil der Erträge aus dem Provisionsgeschäft zu stärken, um damit dem geldpolitisch bedingten Abrieb beim Zinsüberschuss entgegenzuwirken. Im Vergleich zur Konkurrenz steht die Commerzbank nun zumindest für den Moment sehr achtbar da. Zwar versucht der gesamte deutsche Bankensektor seit geraumer Zeit, die Balance durch einen Ausbau des Wertpapiergeschäfts zu verbessern. Der Erfolg fällt jedoch unterschiedlich aus. In der Sparkassen-Finanzgruppe kam der Provisionsüberschuss im vergangenen Jahr nur auf 43% des Zinsüberschusses, bei den Genossenschaftsbanken betrug er gerade einmal 35%. Im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank machte er im Startquartal dagegen bereits 76 % aus. Solche Diskrepanzen dürften nicht nur auf unterschiedliche Kundenpräferenzen und divergierende Vertriebsintensitäten zurückzuführen sein, sondern auch darauf, dass die deutschen Großbanken nach verwaltetem Volumen die bundesweiten Marktführer im Private Banking sind, das für steten Provisionsfluss sorgt.
Die Schattenseite für die Commerzbank: Hinter der verbesserten Balance steht nicht nur ein Anstieg des Provisionsaufkommens um 8% binnen Jahresfrist, sondern auch ein 5-prozentiger Rückgang des Zinsüberschusses. Zwar hat die Bank mit Hilfe langfristiger Refinanzierungsgeschäfte der Notenbank allein im Startquartal 126 Mill. Euro eingenommen, zu denen im zweiten Quartal rund 50 Mill. Euro hinzukommen dürften. Wie Finanzvorständin Bettina Orlopp in einer Telefonkonferenz mit Journalisten aber deutlich machte, wird dies den Verlust an Zinserträgen nicht auffangen können.
Während im Privatkundengeschäft reges Wertpapiergeschäft dafür sorgte, dass der operative Gewinn der Sparte binnen Jahresfrist um 71% auf 250 Mill. Euro anzog, führten ein verbessertes Fair-Value-Ergebnis, sinkende Risikokosten sowie ein geringerer Verwaltungsaufwand dazu, dass die Firmenkundensparte nach einem Verlust von 112 Mill. Euro im Startquartal 2020 einen Betriebsgewinn von 98 Mill. Euro schrieb. Mit einem operativen Ergebnis von 538 Mill. Euro ließ die Bank die Konsenserwartung von 327 Mill. Euro weit hinter sich.
Dank des starken Jahresauftakts hat das Management den Ausblick aufs laufende Jahr angepasst. Statt leicht rückläufiger Erträge erwartetet es nunmehr „leicht über denen des Geschäftsjahres 2020“ liegende Einnahmen. Zudem grenzt es das erwartete Risikoergebnis von einer Spanne zwischen 800 Mill. und 1,2 Mrd. auf „bis zu 1 Mrd. Euro“ ein.
Die Rechtsfragen im Zusammenhang mit den von der polnischen Tochter MBank ausgereichten Franken-Krediten stellen jedoch eine Unbekannte dar, die das Zeug hat, „dass die Vorsorge zukünftig der Höhe nach wesentlich angepasst werden muss“, wie es in der Mitteilung zum Startquartal heißt.
Wertberichtigt Seite 8
Commerzbank | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Quartal | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Zinsüberschuss | 1254 | 1320 |
Risikoergebnis | 149 | 326 |
Provisionsüberschuss | 951 | 877 |
Ergebnis aus zum Fair Value bewerteten finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten | 360 | −304 |
Ergebnis aus Sicherungszusammenhängen | −48 | −70 |
Verwaltungsaufwand | 1469 | 1503 |
Pflichtbeiträge | 336 | 301 |
Restrukturierungsaufwand | 465 | – |
Ergebnis aus fortzuführenden Geschäftsbereichen vor Steuern | 73 | −278 |
Steueraufwand (minus: -gutschrift) | −83 | 48 |
Ergebnis aus aufgegebenem Geschäftsbereich nach Steuern | 0 | 44 |
Commerzbank-Aktionären zurechenbares Konzernergebnis | 133 | −291 |
Ergebnis je Aktie (in Euro) | 0,11 | −0,23 |
Aufwandsquote im operativen Geschäft (%) | 72,5 | 97,4 |
Eigenkapitalrendite aufs Konzernergebnis (%) | 1,5 | −4,8 |
Bilanzsumme (in Mrd. Euro) | 537,8 | 506,6* |
Risikoaktiva (in Mrd. Euro) | 178,5 | 178,6* |
Harte Kernkapitalquote (%) | 13,4 | 13,2* |
Mitarbeiterzahl Vollzeitkräfte | 38823 | 39462* |
*) per Ende 2020Börsen-Zeitung |