„Die nächste Generation der digitalen Unterschrift“
Der ursprüngliche Anwendungsfall des LEI (Legal Entity Identifier) sei die Meldung von OTC-Derivatetransaktionen und die Identifizierung von Gegenparteien bei OTC-Derivaten gewesen. „Aktuell ist Zahlungsverkehr eines der Anwendungsgebiete, auf die wir uns konzentrieren“, berichtet Alexandre Kech im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Es gehe darum, grenzüberschreitende Transaktionen schneller, günstiger und effizienter zu machen.
Im Gespräch: Alexandre Kech
„Die nächste Generation der digitalen Unterschrift"
Der Chef der Stiftung des Referenzcodes LEI über die Fortentwicklung zum vLEI sowie neue Anwendungen von Zahlungsverkehr bis Geldwäschebekämpfung
Der Referenzcode zur Identifizierung von Unternehmen, der Legal Entity Identifier (LEI), wird in einer Vielzahl von Anwendungsgebieten zum Einsatz kommen, die wenig mit der ursprünglichen Verwendung an Terminmärkten zu tun haben. Das deutet Alexandre Kech an, CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF).
fed Frankfurt
Das Wesentliche am LEI sei es, „zu wissen, mit wem ich es zu tun habe“. Aber auch, wer wen besitze. „Es geht um Transparenz und Effizienz – und es geht darum, Vertrauen zu schaffen“, unterstreicht Kech. So könne jeder Marktteilnehmer sich über den LEI kundig machen, welche Tochtergesellschaften zu einem Konzern gehören und wiederum welche Töchter zu welchen Tochtergesellschaften.
Bei Zahlungsdiensten dient der LEI vor allem zur Identifizierung des Zahlungsempfängers – zumal die Regulierung immer mehr Anforderungen stelle. Kech veranschaulicht das anhand eines Beispiels: IBM werde in einer Bank „International Business Machines Corporation“ sein, in der anderen „IBM“. Der LEI sorge dafür, zu erkennen, dass es sich um dasselbe Unternehmen handelt.
Andere Anwendungsfälle seien Handelsfinanzierung und ESG-Berichterstattung. LEI sei schließlich auch hilfreich bei der Bekämpfung von Geldwäsche: Mithilfe des Identifiers lasse sich etwa erkennen, dass eine bestimmte Tochtergesellschaft mit einem Konzern verbunden sei, der auf einer schwarzen Liste stehe. Auf diese Weise könne verhindert werden, dass eine Zahlung an diese Tochterfirma fließe. „Die neuen Anwendungsfälle steigern den Wert der LEI, weil man mehr damit machen kann“, ist Kech überzeugt.
Ein revolutionärer Ansatz
Neue Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich aber auch dadurch, dass mit dem vLEI, dem Verifiable Legal Entity Identifier, die nächste Generation der Nutzung der LEI zur Verfügung stehe – und zwar in digitalen Plattformen. vLEI sei ein revolutionärer Ansatz. Bisher sei es mit digitalen Zertifikaten oder E-Siegeln möglich gewesen, entweder das Unternehmen zu identifizieren oder eine Person, aber nie beides zusammen. Das vLEI-System identifiziere das Unternehmen und die Personen, die befugt seien, im Namen des Unternehmens zu handeln, zum Beispiel CEO oder CFO. Das wiederum öffne die Tür zu noch vielen weiteren Anwendungsfällen.
Die EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA habe gerade ein Pilotprojekt abgeschlossen, bei dem die Banken die vLEI wie ein Login-Passwort verwendeten. Die vLEI-Berechtigungsnachweise würden von den dazu befugten Mitarbeitern dann zum digitalen Signieren verwendet. Dies sei, so Kech, „die nächste Generation der sicheren Authentifizierung und der digitalen Unterschrift.“
Im Bereich der Handelsfinanzierung würden zahlreiche Dokumente identifiziert, die über die gesamte Lieferkette hinweg standardisiert werden könnten. LEI helfe dabei, die Unternehmen zu identifizieren, die an diesen Geschäften beteiligt seien, und funktioniere wie ein Protokoll, das in andere Plattformen implementiert werden könnte.
Der Legal Entity Identifier, so unterstreicht der GLEIF-Vorstandschef, sei ein „nicht gewinnorientiertes öffentliches Gut“. Finanziert werde GLEIF durch Anteile an den Gebühren, die LEI-Emittenten wie Bloomberg oder auch der WM Datenservice, der wie die Börsen-Zeitung zur WM Gruppe gehört, von den Nutzern dafür verlangten, dass sie deren Existenz überprüfen. Diese Gebühren seien übrigens in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, so Kech.
Vorgaben erlauben Alternativen
In Europa werden dieses und nächstes Jahr Verordnungen und Richtlinien wie DORA (Cyber-Resilienz) und Mica (Kryptovermögenswerte) in Kraft treten. In beiden Rechtsakten werde auf den LEI referenziert. Allerdings sei die Bezugnahme nicht mehr so strikt wie früher. Früher verlangten die Vorschriften, dass der LEI genutzt werden müsse. Heute werde vorgeschrieben, dass der, der einen LEI besitzt, diesen nutzen müsse. Aber es würden auch Alternativen zugelassen. „Für uns bedeutet das, dass wir den nichtkommerziellen LEI attraktiver machen wollen, indem wir noch mehr Anwendungen ermöglichen“, sagt Kech. Die Zeiten sind vorbei, dass jeder
einen LEI haben müsse. „Wir möchten es schaffen, dass jeder einen LEI haben will.“