DVFA warnt vor europäischer Datenhalde
DVFA warnt vor Datenhalde
Kritik an fehlender Qualitätssicherung beim einheitlichen europäischen Zugangspunkt
fed Frankfurt
Der Verband der Kapitalmarktprofis in Deutschland erkennt im Konzept für den European Single Access Point noch einen „fundamentalen Schwachpunkt“. Es sei ein konzeptioneller Fehler, kein EU-weit einheitliches Qualitätssicherungssystem vorzusehen, kritisiert der DVFA-Vorstandsvorsitzende Thorsten Müller.
Der geplante einheitliche Zugangspunkt für kapitalmarktrelevante Daten der börsennotierten Unternehmen in der Europäischen Union, der European Single Access Point, weist nach Einschätzung des Verbands der Investment Professionals in Deutschland (DVFA) bisher noch einen schwerwiegenden Konstruktionsfehler auf.
„Es fehlt ein EU-weit einheitliches Qualitätssicherungssystem zur technischen Gewährleistung von Mindeststandards für die Ermittlung von Daten komplexer elektronischer Berichte, wie etwa IFRS-Konzernabschlüsse“, so die DVFA. Ohne ein Qualitätssicherungssystem sei „die Gefahr der Produktion von Daten-Schrott sehr hoch“, warnt Thorsten Müller, Vorstandsvorsitzender der DVFA und im Hauptberuf Geschäftsführer der Beratung GF Lighthouse Corporate Finance.
Datenbank der ESMA
Der geplante einheitliche europäische Zugangspunkt soll der Bereitstellung von Finanzdaten, ESG-Daten sowie auch von Daten auf Basis der EU-Marktrichtlinie Mifid oder der Marktmissbrauchs-Verordnung MAR dienen. Sie sollen über eine zentrale Datenbank der EU-Marktaufsichtsbehörde ESMA veröffentlicht werden. Der European Single Access Point soll dabei schrittweise mehr Daten aufnehmen. Der Startschuss fällt in diesem Jahr. 2027 soll dann mit der Publikation der Daten begonnen werden. Der Abschluss des Projekts ist für 2030 geplant.
Für die Unternehmensanalyse, eine der Kerndisziplinen der DVFA-Mitglieder, sei die Belastbarkeit von Daten essenziell. Das gelte umso mehr in Zeiten, in denen Daten unter Einsatz von künstlicher Intelligenz verarbeitet und analysiert werden. „Gerade deshalb“, so unterstreicht Müller, „legt die DVFA so viel Wert darauf, dass bei den konkreten Schritten hin zu einem einheitlichen europäischen Zugangspunkt für Daten über Unternehmen und deren Finanz- und Nachhaltigkeitskennziffern von Vorneherein auf die Sicherstellung der Datenqualität geachtet wird“.
Unvollständige Ablieferung
Bodo Kesselmeyer, Digitalisierungsexperte in der DVFA-Kommission Unternehmensanalyse und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Anubo XBRL, veranschaulicht die Bedenken: „Wenn der einheitliche europäische Zugangspunkt so organisiert wird, dass es möglich ist, komplexe elektronische Berichte unvollständig ausgefüllt abzuliefern oder offensichtlich falsche Angaben zu machen, dann haben wir ein großes Problem." Denn mit Angaben, bei denen beispielsweise die Summe der Aktiva nicht der Summe der Passiva entspreche, komme die Analysesoftware, die diese Daten vom European Single Access Point abruft, nicht zurecht. "Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht nicht darum, die Aufgaben des Wirtschaftsprüfers zu übernehmen“, stellt Kesselmeyer klar.
Eine zentrale Datenbank wie der European Single Access Point könne nur Nutzen bringen, wenn ein Qualitätssystem sicherstelle, dass bei der Einreichung der Daten an die Behörden Mindeststandards eingehalten werden. Kesselmeyer verweist mahnend auf die Qualitätsprobleme der US-Wertpapieraufsichtsbehörde SEC vor mehr als zehn Jahren. „Wir sollten dringend aus den Erfahrungen der SEC mit unzureichender Datenqualität maschinell lesbarer Daten lernen.“