EBA Clearing zeigt Leistungsfähigkeit
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Das robuste Wachstum im digitalen Zahlungsverkehr verlangt nach immer neuen Innovationen, die in den verschiedenen Ebenen der Infrastruktur implementiert werden müssen. Während die Payment Service Provider (PSP) das Frontend bedienen, wird dieses Volumen im Backend über Clearingstrukturen abgewickelt, die äußerst leistungsfähig bei Kennziffern wie Transaktionen pro Sekunde (TPS) sein müssen. Dass dieser Teil des Kapitalmarkt-Maschinenraumes zuletzt mehr Aufmerksamkeit erfährt, hängt nicht zuletzt mit dem kürzlich publik gewordenen Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zusammen, die Instant-Payment-Angebote obligatorisch machen will. Zwar stieg der Marktanteil von Instant Payments (IP) am Sepa-Überweisungsvolumen von 11% zuletzt per Ende des dritten Quartals auf knapp über 13%, aber EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness will mehr.
Dabei stehen neben der Notenbankinfrastruktur TIPS (Target Instant Payment Settlement) auch die Abwicklungssysteme von EBA Clearing bereit, ein Gemeinschaftsunternehmen von 48 europäischen Finanzinstituten. Neben den beiden grundlegenden Infrastruktursystemen Euro1 (für Großbeträge in Euro) und Step2 (für Sepa-Massenzahlungsverkehr) hatte EBA Clearing schon Ende 2017 mit RT1 eine paneuropäische Plattform für Echtzeitzahlungen gestartet. „Wir haben unsere Plattform von Anfang an skalierbar entwickelt und sind daher fähig und bereit, höhere IP-Volumina abzuwickeln. RT1 könnte problemlos 5000 Transaktionen pro Sekunde verarbeiten, aber der Markt ist derzeit noch nicht so weit, um die verfügbare Backend-Leistungsfähigkeit auszureizen“, so EBA-Clearing-CEO Hays Littlejohn im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Für ihn ist klar: „Es braucht zusätzliche Endkunden-Dienste mit Mehrwert wie Request-to-Pay, damit das Instant-Payment-Ökosystem seine volle Attraktivität und Kraft entfalten kann.“
Sofortige Gutschrift
Für EBA Clearing ging es in der ersten Phase zunächst darum, Erreichbarkeit für RT1 herzustellen. „Heute können wir 85% der Kontoinhaber in Sepa erreichen und wickeln über RT1 gut 2 Millionen Transaktionen pro Tag ab, wobei das Volumen jedes Jahr um bis zu 50% wächst.“ Zum Vergleich: Über Step2 werden täglich rund 60 Millionen Überweisungen und Lastschriften abgewickelt. „Diese Sepa-Dienste funktionieren sehr gut, und man sollte daher schauen, für welche Geschäftsfelder welche Zahlungsinstrumente besser geeignet sind. Bei Instant Payment sieht es so aus, dass diese Option besonders gut zum digitalen Bezahlen passt, da sofort verbucht wird.“ Das war ja auch der Grundgedanke beim Entwurf von Instant Payment als Infrastruktur: Wenn im E-Commerce die Ware am Tag der Bestellung geliefert wird, ist es anachronistisch, dass die Zahlung oft erst einen Tag später verbucht wird. Und für den Verkäufer ergibt sich der Vorteil, dass er sofort eine Gutschrift hat.
Aber wie wird das für die Banken eine runde Sache? Die EU-Finanzmarktkommissarin will die Preise für Instant-Payment-Transaktionen – per Sepa Instant Credit Transfer (SCT Inst) – deckeln auf das Maß gewöhnlicher Sepa-Dienste. Die Deutsche Kreditwirtschaft bezeichnet das neue Regime als „nicht sachgerechten Markteingriff“. Dabei ergeben sich doch großartige Perspektiven, besteht doch die Möglichkeit, sich in der Wertschöpfungskette besser zu platzieren – auch kompetitiv zu Fintech. „Es gibt maßgebliche Anreize für die Banken, Instant-Payment-Angebote zu entwickeln. Sie können dadurch erheblich mehr Transaktionen auf sich ziehen und, insbesondere mit Hilfe von Request-to-Pay, Leistungen abdecken, an denen heute hauptsächlich Intermediäre oder Kreditkartenkonzerne verdienen.“
Dabei ist der Einstieg in Instant Payment für EBA-Clearing-Kunden granular steuerbar. „Wir können untertägig nahtlos mit jeder Transaktion von der etablierten Sepa-Welt in Step2 hin zu RT1 für Instant Payment wechseln. Damit die Treasurer unserer Teilnehmerbanken ihre Liquidität zielgenau und ressourcensparend disponieren können, haben wir für RT1 zudem so einiges an Steuerungsinstrumenten geschaffen. Mit deren Unterstützung kann jeder Teilnehmer zum Beispiel sein nächtliches Liquiditätsmanagement automatisieren.“ On top hat EBA Clearing für die Cross-Border-Komponente mit „Immediate Cross-Border Payments“ (IXB) zusammen mit den Partnern Swift und The Clearing House einen Piloten für Dollar-Euro-Transaktionen auf RT1 entwickelt, was die Anbindung im Interbanken-Ökosystem vereinfacht – weitere Währungspaare folgen später.
Mit gemischten Gefühlen blickt Littlejohn auf die Verschiebung der großen Target-Migration, die für diesen Monat als Big Bang geplant war. „Ich glaube, alle Beteiligten haben schwierige Monate hinter sich, weil das System für die Testumgebung bis Ende des Sommers nicht stabil war, was zu Verzögerungen beim Testen geführt hat. Wir sind nicht begeistert über die Verschiebung, vor allem vor dem Hintergrund, dass EBA Clearing mit der Euro1-Plattform bereit war für die Migration. Andere Marktteilnehmer waren jedoch von den erwähnten Verzögerungen so stark betroffen, dass sie die Tests nicht erfolgreich abschließen konnten, was eine Terminverschiebung unabdingbar machte.“
Nicht unerhebliche Kosten
Für Banken und Infrastrukturbetreiber sei diese Verschiebung im Übrigen mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, merkt Littlejohn an: Allein EBA Clearing rechnet mit zusätzlichen Aufwänden im sechs- bis siebenstelligen Bereich, weil auslaufende Systeme weiter betrieben und gekündigte Verträge nun verlängert werden müssen. „Aber an der Verschiebung führte kein Weg vorbei, denn die Sicherheit und Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten hat oberste Priorität. Und dank der zusätzlichen Vorbereitungszeit sollte die Migration im März ohne größere Nachwehen über die Bühne gehen können. Wir tun jedenfalls alles Nötige auf unserer Seite, um unsere Teilnehmerbanken im Rahmen unserer Möglichkeiten optimal dabei zu unterstützen.“