„Ein schneller Zinsanstieg ist schwierig“
Reuters Berlin
Die ostdeutschen Sparkassen sorgen sich um negative Folgen einer zu rasanten Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB). „Ein schneller Zinsanstieg ist schwierig“, sagt der neue Präsident des ostdeutschen Sparkassenverbands (OSV), Ludger Weskamp, Reuters in einem Interview. Denn dies könne bei den Instituten Risiken auslösen: „Die Sparkassen haben sehr wenig Aktienbestände, aber sehr viele Anleihen.“ Steigende Zinsen auf Anleihen würden nach Lesart der Aufsicht zu „schwebenden Verlusten“ führen. „Das sind Effekte, die beim Bewertungsergebnis sichtbar werden.“
Der Effekt sei noch nicht zu beziffern, er erwarte aber „schon relevante Größenordnungen“, erklärte Weskamp. Ostdeutsche Institute seien passivlastig und somit stark betroffen, fügte er hinzu. Die Sparkassen wünschten sich steigende, aber eher verhalten steigende Zinsen.
Der seit Januar amtierende OSV-Chef rechnet damit, dass die EZB im Juli die Zinswende einläuten wird.
Die Zeitenwende an der Zinsfront dürften auch die Anleger spüren, die bisher Strafzinsen zahlen müssen. „Wenn die Zinsen wieder in den positiven Bereich kommen und die Strafzinsen bei der EZB auf null hochgehen, dann wird das Thema Verwahrentgelte schnell verschwinden“, sagte Weskamp. An seiner Prognose, der zufolge die 43 Sparkassen aus Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern 2022 stabile Zahlen erwirtschaften werden nach einem Betriebsergebnis vor Bewertung von 1,12 Mrd. im vergangenen Jahr, hält der OSV fest: „Im Ergebnis für 2022 kommt die Eintrübung der Konjunktur noch nicht an“, sagte Weskamp. „Dieses Jahr wird es wohl noch keinen positiven Effekt aus Zinserhöhungen geben.“
Zu den Bemühungen um eine europäische Zahlungssystem-Initiative EPI sagte der OSV-Präsident: „Eine umfassende europäische Lösung sehe ich nicht mehr.“ Dies sei „schade und eine verpasste Chance – von Seiten der Kreditwirtschaft, aber auch der Politik“.