Ein Spalt öffnet sich

EZB erlaubt Banken Ausschüttungen, stellt aber strenge Bedingungen

Ein Spalt öffnet sich

Nach neun Monaten hat die Europäische Zentralbank ihren Appell zum Dividendenverzicht durch Banken abgeschwächt. Ausschüttungen sind wieder möglich, wenn auch unter engen Voraussetzungen. Mit ihren Kriterien folgen die Aufseher der in der vergangenen Woche in Großbritannien vorgegebenen Linie.bn Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) lockert ihr Dividendenmoratorium und erlaubt großen Instituten wieder Ausschüttungen und Aktienrückkäufe, indes nur unter eng formulierten Voraussetzungen. So muss der Umfang von Dividendenzahlungen weniger als 15 % der kumulierten Ergebnisse der Jahre 2019 und 2020 entsprechen und darf zugleich nicht mehr als 20 Basispunkte der harten Kernkapitalquote eines Instituts betragen. Zur Bedingung macht die Aufsicht zudem, dass Dividenden zahlende Banken profitabel sind und sich ihr Kapital robust entwickelt. Außerdem sollen zu Ausschüttungen entschlossene Institute zuvor mit ihrem Aufsichtsteam erörtern, ob der Umfang der geplanten Verteilung klug gewählt ist, teilt die EZB mit.Generell regen die Aufseher gleichwohl an, noch bis Ende September kommenden Jahres auf Dividendenzahlungen zu verzichten oder diese zu limitieren. Blieben deutlich ungünstige Entwicklungen bis dahin aus, wolle die EZB ihren Appell widerrufen und in ihren Einschätzungen in den normalen aufsichtlichen Zyklus einschwenken, heißt es. Bis dahin sind die Institute ferner aufgerufen, sich mit Blick auf Bonuszahlungen extrem zu mäßigen. Von Zwischendividenden im Verlauf des kommenden Jahres sollen sie ebenso absehen. Zugleich ruft die EZB Banken auf, weiter auf ihre Kapital- und Liquiditätspuffer zuzugreifen, um Kredite zu vergeben.Im März hatte die EZB die Banken aufgefordert, auf sämtliche Ausschüttungen zu verzichten, und im Juli diesen Appell bis Dezember verlängert. Zur Änderung ihrer Empfehlung verweist sie auf reduzierte Unsicherheit im makroökonomischen Ausblick. Ungeachtet weiter bestehender Herausforderungen lägen die revidierten Prognosen nahe am zentralen Szenario in der Verwundbarkeitsanalyse der EZB im ersten Halbjahr. Dies belege die Widerstandsfähigkeit im Sektor, heißt es.In ihrem Ansatz, Ausschüttungen differenziert zu erlauben, wenn auch unter Bedingungen, folgt die EZB der britischen Bankenaufsicht PRA (Prudential Regulation Authority). Sie stellte in der vergangenen Woche die Bedingung, dass die Ausschüttungen großer Banken auf der Insel in Summe nicht höher liegen dürften als 20 Basispunkte der risikogewichteten Assets oder 25 % der kumulierten Gewinne der acht Quartale von 2019 und 2020 nach Abzug von Dividenden, die bereits ausgekehrt wurden.Die Bankenaufseher Eurolands unter Vorsitz von Andrea Enria haben eine der schwierigsten Entscheidungen seit Einführung des Single Supervisory Mechanism (SSM) Ende 2014 getroffen. Die Kreditwirtschaft hatte zuletzt vehement ein Ende des Dividendenstopps gefordert, da sie um ihre Anziehungskraft auf Anleger fürchtete – in Finanztiteln sind vor allem auf Dividenden ausgerichtete Anleger investiert. So hatte Anfang Oktober Lorenzo Bini Smaghi, Chairman von Société Générale (SocGen), erklärt, die Aufseher müssten sich überlegen, ob sie den Bankensektor mit ihrem Appell, auf Ausschüttungen zu verzichten, “uninvestierbar” machten. Die Politik wiederum wollte dem Vernehmen nach um jeden Preis vermeiden, dass Banken in der Pandemie zunächst Dividenden ausschütten und später womöglich gerettet werden müssen.