Klarna

Einmal tief Luft holen

Klarna hatte sich mit einer Preisvorstellung von mindestens 46 Mrd. Dollar ins Funding begeben und steht jetzt bei 6,5 Mrd. Dies illustriert die vormaligen Übertreibungen im Fintech-Sektor und wie sich der Trend jetzt ins Gegenteil verkehrt – was genauso absurd ist.

Einmal tief Luft holen

Im Fintech-Sektor schmelzen die Bewertungen wie das Eis in der Sonne. Und dabei ­wer­den vormalige Übertreibungen nach oben nun mit Vehemenz in ihr Gegenteil verkehrt, was ge­nauso absurd ist. Nichts illustriert das besser als die scheibchenweise nach unten taxierte Klarna-Bewertung. Klarna-Chef Sebastian Siemiatkowski hatte sich mit einer Preisvorstellung ins Funding begeben, die gewiss nicht unter den vor einem Jahr erzielten 46 Mrd. Dollar lag. Dann kippte die Stimmung und auch das Klarna-Geschäft zeigte Bremsspuren, womit Sie­miatkowski erst auf 30 Mrd. und dann auf 15 Mrd. Dollar runtergehandelt wurde – nur um jetzt bei 6,5 Mrd. Dollar zu landen.

Dem Vernehmen nach zeichnen nur Altaktionäre um Sequoia Capital, was Klarna 600 Mill. Dollar einbringen dürfte. Dieses Working Capital braucht das auf Payment im E-Commerce spezialisierte Fintech auch, ist es doch voll auf Wachstum getrimmt, jüngst in die Verlustzone gedreht und kann als Organisation gar nicht so schnell den Schalter umlegen, wie sich die Konjunktur abkühlt. Dieses Schicksal teilen viele Start-ups, deren Geschäft einfriert, während man selbst als Hyperscaler aufgestellt ist, der Geld verbrennt. In der Hinsicht hat bei Investoren eine Zeitenwende eingesetzt, die nur noch Business-Pläne mit schneller Profitabilität sehen wollen.

Wohl dem, der Investoren mit tiefen Taschen an seiner Seite hat. Für Venture-Fonds geht es jetzt zunächst darum, bestehende Portfolio-Unternehmen durch eine schwere Zeit zu bringen. Aber keine Bange, Geld ist immer noch ausreichend vorhanden – im Moment hält man aber das Pulver trocken, bis sich die Exitkanäle mit besseren Bewertungen wieder öffnen.

Sinnbildlich für die Übertreibungen nach oben steht Klarna-Investor Softbank, der auf dem Peak investierte und prozyklisch einen Trend nach dem anderen befeuerte – bis die Blase platzt und es Downrounds hagelt. Zu hören ist, dass es VC-Fonds waren, die Fintechs zu immer schnellerem Wachstum animierten – und dass es durchaus Start-ups gibt, die solche Adressen bewusst nicht in ihren Cap Table aufnehmen, weil sie es vorziehen, moderater und selbstbestimmt zu wachsen.

In dem Sinne sollten Gründer und Investoren einmal gemeinsam tief Luft holen und sich darauf besinnen, welche betriebswirtschaftlichen Kennziffern künftig das Leitmotiv sein sollen. Und dass man Märkte besetzt, die auskömmliche Deckungsbeiträge versprechen. Sonst landet man im Verlustloch der Gig Economy: Der Quartalsverlust von Uber betrug zuletzt 5,6 Mrd. Dollar.

(Börsen-Zeitung,

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