Im Gespräch:Lars Reiner, Ginmon

„Es besteht schon eine Pipeline für weitere Brokerage-Kunden“

Ginmon hat ihr Geschäft im digitalen Wealth Management behutsam aufgebaut. Als B2B-Dienstleister für Neobroker wie Bunq habe man eine Menge an Kundeninteresse angelockt, so Mitgründer und CEO Lars Reiner im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

„Es besteht schon eine Pipeline für weitere Brokerage-Kunden“

Vor gut 10 Jahren gegründet, gehört das auf digitales Wealth Management spezialisierte Fintech Ginmon zu den Urgesteinen der Frankfurter Szene. Der damals noch für die Deutsche Bank tätige Lars Reiner hatte seinen Mitgründer und langjährigen Vermögensberater Ulrich Bauer kenngengelernt und dachte sich: „Was der Uli da mit wohlhabenden Kunden macht für ihre personalisierte Geldanlage, das müsste man doch auch digital hinkriegen können und dann auch für kleinere Depots zugänglich machen,“ erinnert sich Reiner im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Fintech der ersten Generation

Gesagt, getan - und am 14. November 2014 war Ginmon (japanisch für „silbernes Tor“, was symbolisch steht als Wegbereiter zur finanziellen Unabhängigkeit) gegründet. Dabei war das Start-up von Anfang an nicht als Hyperscaler aufgesetzt, sondern auf einen gründlichen Aufbau fokussiert. Als Fintech der ersten Generation wurde Ginmon meist in das Segment der Robo-Advisor einsortiert, aber Reiner gibt zu bedenken, dass dieser Begriff „sehr unterschiedlich“ belegt sei und nicht alle damals an den Start gegangen Anbieter den Anspruch an eine wirklich delegierte und automatisierte Vermögensverwaltung erfüllt hätten.

Was wir anbieten, ist eine sich wirklich an definierten Geldanlagezielen orientierte Strategie umzusetzen, wo wir tatsächlich diskretionär das Investment vornehmen.

„Was wir für den Retailbereich anbieten, ist eine sich wirklich an definierten Geldanlagezielen orientierte Strategie umzusetzen, wo wir tatsächlich diskretionär das Investment vornehmen. Und dafür hatten wir uns nach der Gründung als Basis eine BaFin-Lizenz zur Finanzportfolio-Verwaltung besorgt. Neben der Risikooptimierung gehört auch ein Modul zur Steueroptimierung dazu, wo dann über den Algorithmus gezielt Assets verkauft werden, um in den gewünschten Korridor zu kommen.“

Sprungbrett für das B2B-Geschäft

Die hauseigene Tech-Plattform „Apeiron“ wurde und wird stetig ausgebaut und umfasst heute alle Prozesse des Vermögensmanagements inklusive Compliance, Portfoliomanagement, Wertpapierinfrastruktur sowie eine Vermögensübersicht. Und das mit der Wertpapierinfrastruktur ist das Sprungbrett für ein neues B2B-Geschäft: Seit September bietet die Neobank Bunq ihren mehr als 14 Millionen Kunden ein Trading-Feature für Aktien und ETFs an, das in einem europäischen Land nach dem anderen ausgerollt wird - und für das Ginmon das Brokerage und Upvest die Verwahrung darstellen.

Es besteht schon eine Pipeline für weitere Brokerage-Kunden, da haben einige angeklopft, als die Bunq-Partnerschaft bekannt gegeben wurde.

Lars Reiner ist mächtig stolz darauf, dass es gelungen war, das Angebot innerhalb von sieben Wochen bei der Bunq-App zu integrieren. So etwas kann nur funktionieren, wenn auf beiden Seiten die Schnittstellen dafür taugen. Für Ginmon ist das B2B-Geschäft ein zweites Standbein, das nun auf breitere Füße gestellt werden soll. „Es besteht schon eine gewisse Pipeline für weitere Brokerage-Kunden, da haben einige angeklopft, als die Bunq-Partnerschaft bekannt gegeben wurde. Es ist ja zu beobachten, dass die Aktionärszahlen sich weiter gut entwickeln und das gibt den Investment-Plattformen die Zuversicht, da nachzulegen mit Modulen für das Wertpapiergeschäft. Und diese Nachfrage können wir als White-Label-Anbieter bedienen.“

Das Konzept Co-Pilot für Vermögensberater

Was außerdem in Arbeit ist: Die Weiterentwicklung von Ginmon zu einem, wie er es nennt, „Personal Finance Coach“, sprich eine App, die von Endkunden und Vermögensberatern als Co-Pilot eingesetzt werden kann und die das Management der eigenen persönlichen Finanzen und finanziellen Ziele laufend optimiert. Bislang ist Ginmon bei Retail in kleineren Losgrößen unterwegs. Die Assets under Management (AuM) im Eigengeschäft betragen gut 400 Mill. Euro, gut 25.000 Kunden befinden sich auf der Plattform. Den Umsatz beziffert Reiner im einstelligen Millionenbereich. „Vor allem haben wir unser Ziel erreicht, in diesem Jahr profitabel zu sein - das sollte nach zehn Jahren am Markt einfach möglich sein.“ Zunächst auf monatlicher Basis profitabel geworden, soll das nun nachhaltig fortgeschrieben werden.

Gründer hielten Verwässerung gering

Zu den Investoren von Ginmon zählen Venture-Fonds wie Passion Capital (auch bei der britischen Neobank Monzo investiert) sowie Family Offices und einige Experten aus der Frankfurter Bankenszene. Die Gründer und Team halten weiter rund 50%. Zu den beratenden Unterstützern gehört zum Beispiel Wolfgang König als ehemaliger Dekan des House of Finance an der Frankfurter Goethe-Universität. Dort hatte Reiner damals für die Stiftung der Uni Anlagekonzepte entwickelt, was dann auch Inspiration war, unter die Gründer zu gehen.

In die Lücke springen

Viel Luft nach oben besteht nach Lars Reiners Ansicht beim Thema Finanzbildung, auch wenn digitale Angebote wie Finanzfluss für Selbstentscheider die Grundlagen verbessern. „Aber die meisten Anleger halten sich nicht vollends konsequent an ihre Strategie oder haben ihre Ziele nicht ausreichend definiert. In die Lücke können wir mit der personalisierten Anlagestrategie springen, indem wir die Investmentziele auf Grundlage der Präferenzen festlegen und dann für die stringente Umsetzung sorgen.“

"Eine Reform der renovierungsbedürftigen Betriebliche Altersvorsorge (BAV) wäre der große Hebel, um die Gelder richtig in die Altersvorsorge zu leiten.

Ein wenig deprimiert blickt Reiner auf das wahrscheinliche Scheitern der Verabschiedung des Gesetzespaketes zum steuerbegünstigten Altersvorsorgedepot. Das werde sich dann wohl um mindestens 1 Jahr verschieben auf 2026. „Wir könnten das innerhalb weniger Wochen auf die Beine stellen,“ zeigt sich Reiner tatendurstig. Was er anregt: Auch die renovierungsbedürftige Betriebliche Altersvorsorge (BAV) zu reformieren. „Das wäre der große Hebel, um die Gelder richtig in die Altersvorsorge zu leiten. Ich wünsche mir, dass das bei uns so läuft wie in den USA mit den 401k-Plänen, wo Gelder vom Arbeitgeber mitfinanziert automatisch in die kapitalmarktgestützte Altersvorsorge gehen.“

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