Es naht der finale Abschied von der Credit Suisse
Es naht der finale Abschied von der CS
2024 gehen die Emotionen hoch, wenn die Integration in die UBS vollzogen wird
dz Zürich
Knapp zehn Monate ist es her, als die UBS ihre ewige Rivalin Credit Suisse notfallmäßig übernommen hat. Äußerlich hat sich für den langjährigen Credit-Suisse-Angestellten Hans Müller (der Red. unter dem richtigen Namen bekannt) nicht viel geändert. Wenn der Marketingfachmann nicht in seinem Züricher Büro auftaucht, ist er zu Hause online mit der Bank verbunden.
Wie immer wird auch der Lohn pünktlich zum Monatsende seinem Konto gutgeschrieben. Doch Hans Müller, ein Familienvater im mittleren Alter, weiß, dass dieser Zustand wohl nicht mehr lange andauern wird. Arbeit hat er schon länger fast keine mehr. Die Credit Suisse hat damit aufgehört, Produkte und Dienstleistungen unter eigenem Namen zu bewerben.
Die endgültige Tilgung der Marke ist schon beschlossene Sache. Schon Ende August 2023 hatte UBS-Chef Sergio Ermotti die vollständige Integration der Credit Suisse in die UBS angekündigt. Die Entscheidung hatte sich abgezeichnet und wurde über die Sommermonate hinweg zunehmend zur allgemeinen Gewissheit.
Schock für Mitarbeiter
Für die rund 50.000 Mitarbeiter der 167-jährigen Bank war die Nachricht trotzdem ein Schock – vor allem für die Beschäftigten in der Schweiz. „Wir wissen nicht erst seit März 2023, dass sich die hiesigen Mitarbeitenden der Schweizer Großbanken sehr stark mit ihrem Institut und dessen Marke identifizieren“, sagt Michael von Felten, Präsident des schweizerischen Bankenpersonalverbandes, im Gespräch. Er gehe davon aus, „dass die Emotionen im laufenden Jahr noch einmal hochgehen werden“.
Der 63-Jährige, der nebst seinem Mandat als Personalvertreter zudem auch als selbständiger Unternehmensberater tätig ist, geht davon aus, dass es wohl noch einmal emotional werden wird, „wenn sich alle Credit-Suisse-Angestellten im Zuge des formalrechtlichen Fusionsvollzuges ganz auf die Farben der UBS einschwören müssen“.
Zurückhaltung mit Prognosen zum Personalabbau
Viele der Ende 2022 noch rund 16.000 Credit-Suisse-Mitarbeiter in der Schweiz werden ihren Job bei der UBS fortsetzen können. Viele werden aber intern oder extern einen neuen Arbeitsplatz finden oder früher als geplant in Pension gehen müssen. Die UBS gibt diesen Leuten bei ihrer beruflichen Neuorientierung immerhin viel Zeit. Der Sozialplan umfasst ein Coaching-Programm, das de facto einer Verlängerung der Kündigungsfrist um 12 Monate gleichkommt.
Hans Müller und Hunderte seiner Kollegen können ihre Stellensuche am bisherigen Arbeitsplatz auf Kosten der UBS durchführen. Mit Prognosen zum Personalabbau hat sich der UBS-Chef bislang stark zurückgehalten. Ende August sagte er für die Schweiz aber voraus, dass es am Ende der Coaching-Periode doch noch rund 3.000 Entlassungen in der Schweiz geben könnte. Von Felten glaubt, dass es sich bei der Zahl um eine eher großzügige Schätzung handelt.
CS-Mitarbeiter warten bei Kündigung Boni ab
Einige von der Restrukturierung betroffene Angestellte könnten schon selbst eine Anschlussbeschäftigung gefunden haben, warten mit der Kündigung aber ab, um den zwischen Ende Februar und Anfang März zur Auszahlung fälligen Bonus nicht zu verlieren. Auch das relativ hohe Durchschnittsalter der Belegschaft könnte der UBS in die Hände spielen, und schließlich hofft Bankchef Ermotti natürlich, viele flüchtige Credit-Suisse-Kunden zurückzugewinnen.
In den ausländischen Betriebseinheiten schreitet die Restrukturierung viel schneller voran. In der Credit-Suisse-Investmentbank bleibe nur etwa ein Drittel des Personals an Bord, hatte Ermotti bereits im November gesagt. Viele sind seit der Übernahmeankündigung schon freiwillig gegangen. In anderen Fällen seien die Abgänge aber auch „proaktiv vonseiten der Bank“ erwirkt worden. Am „One Cabot Square“, dem Sitz der Credit Suisse Investmentbank in London, seien schon vor der Übernahme mehrere Etagen untervermietet worden.
Ermotti will Kosten senken
Durch die Integration würden nun vermehrt Mitarbeiter an den UBS-Standort 5 Broadgate im Zentrum Londons verschoben. „Die Konsolidierung des Real-Estate-Footprint“, wie es eine UBS-Sprecherin formuliert, geht in New York in die umgekehrte Richtung. Am imposanten CS-Standort Eleven Madison Avenue, den die Bank längst auch mit zahlungskräftigen Untermietern teilen muss, ziehen jetzt vermehrt UBS-Leute ein.
Bis 2026 will Ermotti mit diesen und anderen Maßnahmen die Kostenbasis der neuen UBS um 10 Mrd. Dollar verringern. Das ist der Plan, der die Kursfantasien von Investoren wie Cevian beflügelt. Hans Müller kommt die Börsenbegeisterung derzeit gerade etwas eigenartig vor. Er ist froh, dass er in der Weihnachtszeit nicht arbeitslos war.