EU-Bankenabwickler kündigen Tests und Deep Dives an
EU-Bankenabwickler kündigen Tests und Deep Dives an
Single Resolution Board hält Institute mittlerweile für vorbereitet auf eigene Pleite – Auflagen für Verlustpuffer werden erfüllt
fed Frankfurt
Europas oberste Bankenabwickler, die Mitglieder des Single Resolution Board (SRB), stellen den Kreditinstituten hinsichtlich deren Vorbereitung auf eine potenzielle Existenzkrise ein gutes Zeugnis aus. Viele der Bedingungen, um schwer angeschlagene Banken möglichst marktschonend und ohne Turbulenzen für die Branche zu entsorgen, seien erfüllt, lobte der SRB-Vorsitzende Dominique Laboureix am Mittwoch anlässlich eines Pressegesprächs.
„Unsere Banken haben ein gutes Niveau ihrer Abwicklungsfähigkeiten erreicht, sie sind besser auf die Bewältigung einer Krise vorbereitet“, unterstrich der Franzose. Dies gelte nicht nur für große Finanzkonzerne, sondern auch für die sogenannten Less Significant Institutions.
Laboureix und seine neue Vorstandskollegin Karen Braun-Munzinger hoben hervor, dass – mit Ausnahme weniger Häuser, die sich in einer Übergangsphase befinden – alle Banken mittlerweile die MREL-Anforderungen vollständig erfüllten. MREL ist die Kennziffer, mit der die Kapazität einer Bank gemessen wird, Verluste mithilfe des Einbezugs (Bail-in) bestimmter Wertpapiere wie beispielsweise nachrangiger Schuldtitel abfangen zu können.
80 Mrd. Euro im Abwicklungsfonds
Zudem stehe seit vergangenem Jahr ein von allen Banken gemeinsam gefüllter europäischer Abwicklungsfonds zur Verfügung, der einen zusätzlichen finanziellen Puffer von 80 Mrd. Euro für die Bewältigung der Kosten von Bankenabwicklungen in Europa darstelle. 80 Mrd. Euro entspricht genau dem gesetzlich geforderten Niveau von 1% der gedeckten Einlagen. Sofern kein Geld für Notfälle entnommen werden muss, kommen auf die Banken also vorerst keine weiteren Einzahlungen zu.
Nichtsdestoweniger – und alles andere wäre eine Überraschung gewesen – gibt es nach Ansicht der SRB-Führung keinen Anlass, sich bei der Vorbereitung des Ernstfalls zurückzulehnen. Die Behörde will ihre Arbeit nun stärker von der Erstellung auf die Überprüfung der „Bankentestamente“ verlagern. Laboureix kündigte eine ganze Serie von Tests an, die die Banken selbst vornehmen sollen.
Diese Selbstüberprüfungen wollen die Abwickler mit vertiefenden Bestandsaufnahmen, sogenannten Deep Dives, und auch mit Razzien in Banken flankieren, die die EU-Beamten gemeinsam mit nationalen Aufsichtsbehörden durchführen wollen – auch um die Belastbarkeit der Angaben der Banken auf den Prüfstand zu stellen.
„Der SRB entwickelt derzeit seine operativen Leitlinien für bankengeführte Tests und wird ein umfassendes mehrjähriges Testprogramm entwickeln, das sich von 2026 bis 2028 erstrecken soll“, sagte der SRB-Chef. Im Zuge der Deep Dives soll darüber hinaus zum Beispiel das Inventar der operativen Vermögenswerte oder die Qualität der Daten, mit der die MREL-Quote kalibriert wird, hinterfragt werden.
Braun-Munzinger und Laboureix bekräftigten ihren Wunsch, dass Europas Gesetzgeber endlich das Gesetzespaket zum Krisenmanagement (CMDI) verabschieden. Die CMDI ist heftig umstritten, weil sie die Abwicklung zur grundsätzlichen Alternative zur Insolvenz auch für kleine Banken erklärt – und in diesem Fall den Zugriff auf die Mittel eröffnet, die in nationalen Einlagensicherungssystemen angespart worden sind. Das Gesetzgebungsverfahren geht nun in die Schlussphase. Der SRB ist mit einigen weitreichenden Änderungen, die der Ministerrat vorschlägt, überhaupt nicht einverstanden, weil sie die Flexibilität der Abwickler im Moment der Krise einschränken.
Angesprochen auf die Überlegungen der italienischen Unicredit, die Commerzbank zu übernehmen, signalisierte Laboureix lediglich, dass sich der SRB in der Lage sehe, in Europa jede Großbank abzuwickeln, auch eine große Großbank.