EZB-Aufsicht prüft Firmenkultur von Banken strenger
EZB-Aufsicht prüft Firmenkultur strenger
Vizechef Elderson kündigt schärferen Blick an – Leitfaden wird bis Ende 2024 überarbeitet
fir Frankfurt
Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) wollen stärker weiche Faktoren wie Unternehmenskultur und Verhaltensmuster in den von ihnen überwachten Finanzinstituten berücksichtigen. In der EZB werde darüber nachgedacht, wie dies mehr in die Aufsichtspraxis einbezogen, das entsprechende Aufsichtsinstrumentarium verbessert und das Fachwissen in diesen Bereichen erweitert werden könnte.
EZB will Leitfaden zu Governance und Risikokultur überarbeiten
Das sagte der Vizechef der europäischen Bankenaufsicht, Frank Elderson, am Dienstag auf der 10th Conference on the Banking Union an der Frankfurter Goethe-Universität. Die Veranstaltung wurde gemeinsam ausgerichtet von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, dem Center for Financial Studies, dem Institute for Law and Finance an der Goethe-Universität sowie dem European Banking Institute.
Die EZB-Aufsicht werde bis Ende 2024 ihren Leitfaden zu Governance und Risikokultur überarbeiten, in dem sie entsprechende Erwartungen an die Banken festhält, kündigte Elderson an. "Eine gesunde Kultur kann Innovationen vorantreiben, Kundenbeziehungen pflegen und die Loyalität der Mitarbeiter fördern", sagte er. "Eine unvorsichtige Kultur hingegen kann Institutionen in Krisen stürzen, die in der Finanzgeschichte nachhallen."
Niedergang der Credit Suisse als mahnendes Beispiel
Ein Negativbeispiel sei die Credit Suisse. Deren Niedergang sei auch Folge einer Reihe von Ereignissen, zu denen Strafen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, wegen Mängeln in der Geldwäscheprävention sowie wegen eines Bestechungsskandals in Mosambik zählten. Um die Auswirkungen von Verhalten und Kultur auf die Solidität der Banken zu verstehen, scheut sich die EZB-Aufsicht auch nicht vor neuen, eher unkonventionellen Methoden.
So werde beispielsweise diskutiert, die Erkenntnisse von Organisationspsychologen zu berücksichtigen, wie es bereits die niederländische Zentralbank praktiziere. Diese versuchten, mithilfe von Umfragen, Interviews und tiefgehenden Analysen kulturelle und verhaltensbezogene Faktoren sowie die Risikokultur in Finanzinstituten zu bewerten. Elderson gehörte von 2011 bis 2020 der Führung der De Nederlandsche Bank an, ehe er in das EZB-Direktorium einzog und später auch Vizechef der EZB-Bankenaufsicht wurde.
Bankenaufseher brauchen verschiedene Blickwinkel
Die Bankenaufseher, sagte er, müssten "ihre Monokel gegen Kaleidoskope eintauschen und das komplexe Finanzökosystem aus mehreren Blickwinkeln betrachten". Die Beaufsichtigung von Verhalten und Kultur befähige sie, "hinter die Zahlen zu blicken und die oft unsichtbaren Strömungen zu hinterfragen, die Verhalten und Entscheidungen bestimmen".