EZB sieht Nord-Süd-Kluft der Klimarisiken
jsc Frankfurt
Im Bankgeschäft der Eurozone fallen Klimarisiken laut Analyse einer Expertenrunde der EZB zwischen Deutschland und Südeuropa unterschiedlich aus. Während hierzulande wie auch in einigen osteuropäischen Ländern ein hohes Gewicht von Energiefirmen im Portfolio von Banken das Risiko prägt, gefährden vor allem in Griechenland, Portugal und Italien Waldbrände und Wassermangel die Wirtschaft und damit auch das Bankgeschäft, wie das Fachteam der EZB und des dort angebundenen Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) in dem Bericht festhält.
So ist das hohe Gewicht des Strom- und Gassektors im Portfolio der Banken vor allem in Deutschland ein Risiko. Insgesamt stoßen die finanzierten Unternehmen, für die Banken Treibhausgasdaten an die Aufsicht gemeldet haben, mehr als 120 Kilogramm CO2 oder andere Treibhausgase je 1000 Euro Ertrag aus (siehe Grafik). Steigende Energiekosten, etwa ausgelöst durch höhere Preise für CO2-Emissionszertifikate, belasten demnach nicht nur die Unternehmen, sondern potenziell auch finanzierende Banken. Dabei konzentriere sich das Risiko tendenziell auf wenige Geldgeber.
In Südeuropa ist hingegen der Anteil von Unternehmen, die von Klimaphänomen wie Waldbrände oder Wassermangel betroffen sind, wesentlich höher als in nördlichen Ländern. So unterliegt das Kreditportfolio in Griechenland dem Rechenmodell zufolge zu annähernd 12% einem hohen Risiko, in Portugal und Italien liegen die Werte bei 9% und gut 8%, während der Anteil in Deutschland bei unter 2% liegt. Das Risiko von Überschwemmungen ist dabei laut Modell in Deutschland wie auch anderswo für Banken gering. Grundsätzlich unterscheiden die Experten zwischen „transitorischen“ Risiken, die sich aus einem Wandel der Wirtschaft ergeben, und „physischen“ Gefahren, die durch die Erderwärmung ausgelöst werden.
Viel Kredit für CO2-Schleudern
Die bisherigen Fortschritte des Kreditgewerbes sind durchwachsen. Zwar sinken die Treibhausgasemissionen im Verhältnis zum Kreditvolumen. Der Grund: Banken vergeben neue Darlehen an weniger klimaschädliche Branchen, Unternehmen senken ihre Emissionen, während das Kreditvolumen insgesamt steigt. Gleichzeitig erhalten Branchen mit hohen direkten Emissionen überproportional viel Kredit. Auch ist die Emissionsintensität, die den CO2-Ausstoß je Ertrag der finanzierten Unternehmen misst, nicht gesunken.
Insgesamt sind Klimarisiken trotz einiger Fortschritte noch immer schwer kalkulierbar. So sind die Effekte vielfältig und miteinander verbunden. Steigende Energiepreise etwa belasten das Budget privater Haushalte und damit auch von Kreditkunden, wie der Bericht festhält. Auch können Risiken wie abrupt steigende Preise oder direkte Klimafolgen mehrere Sektoren betreffen, was eine Diversifikation von Risiken erschwert. Rechenmodelle zum Klimawandel sind zudem anfällig, weil sie etwa von bestimmten Annahmen ausgehen und abrupte Änderungen unterschätzen. Schließlich spüren verschiedene Branchen wie Banken, Versicherer und Fondshäuser Risiken nicht immer in gleicher Weise oder zum gleichen Zeitpunkt. So träfe ein Klimaschock zunächst Aktienpreise, ehe sich Effekte auf Anleihemärkte ausweiteten und schließlich das Kreditgeschäft erreichten.
Klimarisiken sind laut Bericht auch Ergebnis der Politik: Ein allmählicher Übergang sei für Unternehmen und Finanzsystem besser zu verkraften als ein unerwartet abrupter Umstieg.