EZB warnt vor geopolitischen Risiken
EZB warnt vor geopolitischen Risiken
Aussichten für Finanzstabilität hellen sich zwar auf, sind aber weiterhin fragil
fir Frankfurt
Die Aussichten für Europas Finanzwirtschaft haben sich nach Ansicht der Europäischen Zentralbank (EZB) verbessert, allerdings warnt sie vor geopolitischen Schocks. Die Bedingungen für die Finanzstabilität hätten sich angesichts sich aufhellender wirtschaftlicher Aussichten, gestärkten Investorenvertrauens und sich abschwächender Inflation im vergangenen halben Jahr verbessert, befand EZB-Vizepräsident Luis de Guindos am Donnerstag anlässlich der Vorstellung des halbjährlich erscheinenden Finanzstabilitätsberichts. Dennoch bleibe der Ausblick auf die Finanzstabilität weiterhin „fragil“. Dieser Sprachregelung hatte sich die EZB bereits im November bedient.
Erhöhte Unsicherheit
Geopolitische Spannungen stellten „ein erhebliches Risiko“ für die Finanzstabilität im Euroraum wie weltweit dar. Der von Russland initiierte Krieg gegen die Ukraine und der Krieg im Nahen Osten stellten ein Risiko für die globalen Wachstumsaussichten dar. Zudem erhöhten die Angriffe von Huthi-Milizen aus dem Jemen auf Frachtschiffe im Roten Meer die Transportkosten und übten Druck auf die globalen Lieferketten aus.
Hinzu komme, dass angesichts einer Vielzahl von wichtigen Wahlen in diesem Jahr die politische Unsicherheit hoch sei. So stehen beispielsweise Europawahlen an, Präsidentschaftswahlen in den USA und Parlamentswahlen in Indien. „In einem solchen Umfeld ist der Spielraum für negative wirtschaftliche und finanzielle Überraschungen erhöht, und die Risikoaussichten für die Finanzstabilität im Euroraum bleiben entsprechend fragil“, lässt sich de Guindos zitieren. „Die Finanzmärkte bleiben anfällig für weitere negative Schocks.“
Auch wenn an den Märkten Optimismus herrsche, der durch die Erwartung an Zinssenkungen befeuert werde, könne die Stimmung schnell umschlagen. Geopolitische Spannungen können dem EZB-Vizechef zufolge Volatilitäten und übermäßige Marktreaktionen hervorrufen. Deshalb sei es entscheidend, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems weiter zu stärken. Grundsätzlich hält die EZB Unternehmen, Privathaushalten und Finanzwirtschaft in Europa eine gewisse Robustheit zugute. Was die Banken angeht, so hätten sie sich als widerstandsfähig erwiesen, doch wiesen niedrige Bewertungen darauf hin, dass ihre dauerhafte Rentabilität von den Anlegern in Zweifel gezogen werde.
Kreditrisiken und Ertragsdämpfer
Drei Herausforderungen für die Finanzinstitute stellt die EZB heraus. Erstens Risiken, die in den Kreditportfolios schlummern. Wenngleich der Anteil notleidender Kredite an den Gesamtkrediten im vergangenen Jahr auf einem historisch niedrigen Niveau von knapp über 2% gewesen sei, gebe es Anzeichen für wachsende Verluste in Kreditportfolios, insbesondere bei Gewerbeimmobilien. Zweitens nennt die EZB wachsende Finanzierungskosten und drittens verhaltenere Ertragsaussichten, weil schwächeres Kreditwachstum und engere Zinsmargen die zuletzt stark gestiegenen Zinsüberschüsse wieder dämpfen dürften.