Tim Bruenjes, Fireblocks

Fireblocks fordert klare Regeln für Stablecoins

In der Kryptobranche läuft häufig die Software von Fireblocks unter der Haube. Doch der regulatorische Schwebezustand von Stablecoins bremst das Geschäft.

Fireblocks fordert klare Regeln für Stablecoins

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Es gehört zu den Besonderheiten der Finanzbranche, dass im Räderwerk des Kapitalmarktes vieles unsichtbar im Hintergrund läuft, um die Milliarden von Transaktionen überhaupt zu ermöglichen. Mit dem technologischen Wandel von Digitalisierung entsteht neue Infrastruktur, die analog zum alten System modular aufgebaut ist. Das kommt zum Beispiel in der Kryptobranche zum Tragen, wo Pioniere wie Fireblocks für sicheres und reguliertes Geschäft mit digitalen Assets sorgen.

Gegründet wurde Fireblocks von Michael Shaulov (heute CEO), Pavel Berengoltz (Vice President für Forschung und Entwicklung) und Idan Ofrat (Chief Technology Officer, CTO) in Israel. 2017 kamen sie erstmals mit Krypto in Berührung, als die drei Cybersecurity-Experten von Check Point gebeten wurden, bei der Aufklärung eines Hacks einer koreanischen Kryptobörse zu helfen. Das nahmen Shaulov und seine Kameraden zum Anlass, eine erste Iteration für sichere Wallet-Transaktionen zu entwickeln. Bis Mitte 2019 blieb Fireblocks mit zwei Pilotkunden noch im Hintergrund und ging dann mit einer ersten Wagniskapitalfinanzierung an den Markt.

Noch vor Abschluss der Series-D-Kapitalaufnahme über 310 Mill. Dollar Mitte 2021 kam Tim Bruenjes als „Mitarbeiter Nummer 75“ an Bord, so der Head of Sales & Business Development in der erweiterten deutschsprachigen Region im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Bruenjes war früher bei der DWS und Pimco, für die er einige Jahre in Singapur als Head of Trading tätig war – Leute mit einem Hintergrund im traditionellen Finanzwesen werden gerne angeheuert von den aufstrebenden Kryptospezialisten.

Dabei steht Fireblocks weit vorn in der Branche, gelang es dem Start-up doch bereits im vergangenen September, die Marke von 100 Mill. Dollar an „Annual Recurring Revenue“ zu knacken, also wiederkehrende Aboerlöse als Umsatz in dieser Höhe zu verbuchen. Das ist ein wichtiger Meilenstein, denn eine solche Skalierung gelingt nur selten im Bereich Software as a Service – wobei Fireblocks mit ihrem Fokus eher Infrastructure as a Service betreibt.

Fireblocks läuft typischerweise im Hintergrund mit. Dabei gibt es auch viel Vertrauensvorschuss von den Investoren: In den paar Jahren seit ihrer Gründung hat Fireblocks gut 1Mrd. Dollar an Risikokapital erhalten, zuletzt im Januar 2022 rund 550 Mill. Dollar in einer Series-E-Runde zu einer Bewertung von rund 8 Mrd. Dollar. Aktuell verwalten Unternehmen, die Infrastruktur und Technologie von Fireblocks nutzen, Kunden-Assets im Wert von rund 45 Mrd. Dollar. „Wir verstehen uns als Infrastruktur-Enabler für Banken und Crypto Natives und haben heute mehr als 1700 Kunden“, sagt Bruenjes. „Bei denen sorgen wir für Cybersecurity, indem wir die grundsätzliche Basis für die Integration von Digital Assets in den Wertpapierkreislauf bereitstellen.“

Zu den Kunden gehören Neobanken wie Revolut, die Solarisbank und neuerdings auch BNY Mellon, der weltgrößte Wertpapierverwahrer. Der gibt sich bullish für das weitere Wachstum der digitalen Assets, was wiederum Bruenjes optimistisch stimmt für das Wachstum von Fireblocks selbst im aktuellen Krypto­winter. „Ich gehe davon aus, dass wir schon bald die Marke von 2000 Kunden erreichen“, sagt Bruen­jes.

Module von Verwahrung über Tokenisierung bis hin zu Payments gehören zum Fireblocks-Portfolio, der „Plattform zur Erstellung von Produkten auf der Blockchain und zur Verwaltung des alltäglichen Krypto-Betriebs“. Das Wachstum wird stark über Partnerschaften gestaltet, die immer weiter in die Verästelungen der Finanzwirtschaft reichen. So habe man im Zahlungsverkehr Partnerschaften mit den Zahlungsdienstleistern FIS und Worldpay sowie zuletzt mit Checkout.com geschlossen, sagt Bruenjes. Dabei habe Fireblocks zusammen mit Checkout.com zuletzt auch für eine Premiere gesorgt: Ein Volumen von mehr als 1 Mrd. Dollar wurde von dem E-Commerce-Spezialisten 2022 über den Stablecoin USDC gesettelt. „Für den Händler haben Stablecoin-Transaktionen im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr den Vorteil, dass sie sofort verbucht werden können und der Empfänger nicht wie im Korrespondenzbankensystem zwei Tage auf sein Guthaben warten muss.“

Allerdings befinden sich Stable­coins in der Regel noch im regulatorischen Schwebezustand. In Sachen Regulierung sei es so, dass alle auf den Startschuss aus den USA warteten, nachdem Europa mit der Mica ein gutes Gesetzespaket auf den Weg gebracht habe, sagt Bruenjes. „Ohne Regeln geht es nicht los für die Banken, das ist nirgendwo so deutlich wie bei den Stablecoins.“

Die nächste Herausforderung sei es dann, diese Regulierung aus verschiedenen Rechtsräumen in globale Koordinierung zu bringen. Die Mica selbst sei gut harmonisiert, und Deutschland habe mit den Kryptoverwahrlizenzen und dem Register für elektronische Wertpapiere eine gute Basis für rechtssicheres Geschäft mit Kryptowerten geschaffen. Aktuell unterstützt Fireblocks eine Vielzahl der registrierten und lizenzierten deutschen Verwahrer mit ihren Dienstleistungen.

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