Assetmanagement

Fondsabsatz rutscht in Europa tiefer ins Minus

Europas Fondsanleger ziehen unterm Strich so viel Geld ab wie seit März 2020 nicht mehr. Rund 63 Mrd. Euro flossen aus gewöhnlichen Publikumsfonds ab, berichtet der Branchenverband Efama. Doch die Anleger reagieren ruhiger, als es auf den ersten Blick scheint.

Fondsabsatz rutscht in Europa tiefer ins Minus

jsc Frankfurt

Europas Fondsanleger ziehen ihr Geld zunehmend ab: Im Juni flossen unterm Strich aus gewöhnlichen Publikumsfonds im verbreiteten Ucits-Mantel 63 Mrd. Euro ab, wie der europäische Fondsverband Efama am Donnerstag berichtete. Wird das äußerst volatile Segment der Ucits-Geldmarktfonds hinzugezählt, summieren sich die Abflüsse im Juni sogar auf 69 Mrd. Euro. Das ist so viel wie seit März 2020 nicht mehr, als die Pandemie die Anlegerschar erstmals erschreckt hatte. Auch in den Jahren vor der Coronakrise waren die Abflüsse selten höher, lediglich im Oktober 2008 zum Höhepunkt der Finanzkrise floss ebenfalls noch mehr Geld ab als in diesem Juni.

Der Verband sieht vor allem zwei Kräfte am Werk: Rentenfonds, aus denen im Juni netto 36 Mrd. Euro abliefen, sanken demnach wegen der Gefahr abrupter Zinsanstiege in der Gunst der Anleger. Steigende Zinsen gehen typischerweise mit sinkenden Kursen von Anleihen einher, so dass die Investoren einem weiteren Wertverfall offenbar zuvorkommen wollten. Aktienfonds, die einen Abfluss von netto 18 Mrd. Euro ausweisen, spürten nach Einschätzung der Efama wiederum die Rezessionssorgen der Anleger. Seit Jahresmitte haben sich die Aktienmärkte allerdings zeitweise wieder ein Stück erholt.

Insgesamt entwickelt sich der gesamte europäische Fondsmarkt ähnlich wie das deutsche Segment. Für das zweite Quartal hatte der deutsche Branchenverband BVI Abflüsse aus Publikumsfonds in einstelliger Milliardenhöhe vermeldet. Rentenfonds verloren dabei ähnlich wie in Europa besonders viele Mittel, während Aktienfonds hierzulande allerdings noch Geld anzogen. Der BVI verweist auf „Marktturbulenzen durch den Ukraine-Krieg“.

Etwas mehr Bewegung

Allerdings verhalten sich Anleger insgesamt nicht wesentlich anders als sonst: Fondsanteile werden in allen Marktphasen stets rege gehandelt, so dass sowohl Zuflüsse als auch Abflüsse allein betrachtet viel höher ausfallen als die berichteten Nettoangaben. Höhere dreistellige Milliardenbeträge sind nicht ungewöhnlich – der Juni sticht in der Efama-Statistik mit einem Bruttoabfluss von rund 944 Mrd. Euro im Vergleich zu den Vormonaten nicht wesentlich hervor. Die tatsächliche Zahl ist sogar noch etwas höher, denn einige Märkte zählt die Efama dabei nicht mit.

Im März 2020 war die Unruhe viel größer: Damals verdoppelte sich der Abfluss im Vergleich zum Vormonat auf 1,42 Bill. Euro. Auch die Zuflüsse schnellten damals nach oben und überstiegen die Billionenschwelle. In außergewöhnlichen Monaten gibt es also viel Bewegung in beide Richtungen. Im bisherigen Jahresverlauf verzeichnet die Fondsbranche zwar mehr Zu- und Abflüsse als in der ersten Hälfte 2021, insgesamt blieben extreme Ausschläge wie vor zweieinhalb Jahren aber aus.

Auch sind die höheren Abflüsse bisher vor allem aus Ucits-Fonds zu sehen. Aus der Kategorie der alternativen Investmentfonds (AIF) flossen im Juni netto lediglich knapp 3 Mrd. Euro ab. Auch in allen Vormonaten des laufenden Jahres zeigt die Kategorie nur moderate Abflüsse. Alternative Investmentfonds sprechen insgesamt eine andere Investorengruppe an. Hierzulande zählen Spezialfonds dazu, die sich an institutionelle Anleger richten und im Neugeschäft weniger stark auf Marktschwankungen reagieren. Ihr Absatz gab hierzulande zuletzt zwar ebenfalls deutlich nach, blieb aber weit im positiven Terrain.

2,5 Bill. Euro verdampft

Auch das Fondsvolumen gab in Europa nach, wozu neben den Abflüssen auch die Kursrückgänge an den Börsen beitrugen. 19,5 Bill. Euro brachten die europäischen Ucits- und AIF-Fonds zur Jahresmitte auf die Waage, nachdem es Ende 2021 noch 22,0 Bill. Euro waren. Auf kurze Sicht sind Wertverluste für die Fondsbranche oft das größere Problem, weil mit schrumpfenden Volumen die Ertragsbasis sinkt.

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