Bankenstudie

Großbanken insgesamt in guter Verfassung

Internationale Großbanken befinden sich trotz Pandemie und Rezession in guter Verfassung. Zu dieser Einschätzung gelangt Independent Creditview in einer Analyse, die aber auch Schwachpunkte aufzeigt.

Großbanken insgesamt in guter Verfassung

kb Frankfurt

Trotz der Pandemie und globaler Rezession befinden sich die internationalen Großbanken insgesamt in einer guten Verfassung. Dies bescheinigt das Schweizer Kreditresearchhaus Independent Creditview in einer Analyse der Kreditinstitute. Allerdings bestünden einige Schwierigkeiten, darunter wahrscheinlich steigende Problemkreditquoten, schränken die Analysten ein. Zudem kämpften allerdings nur wenige Banken mit strukturellen Problemen, darunter Commerzbank, Deutsche Bank und Credit Suisse.

Grundsätzlich erwarten die Analysten mehrheitlich stabile bis positive Entwicklungen im laufenden und nächsten Jahr. Bisher gebe es kaum operativ defizitäre Banken. Die Institute hätten eine robuste Basis gelegt, indem sie Fortschritte bei der nachhaltigen Ertragskraft, dem Kapital und der Liquidität erreicht hätten. Dazu beigetragen hätten aber auch eine schärfere Regulierung sowie eine massive Unterstützung durch Staaten, Zentralbanken und Bankenaufsicht zugunsten von Haushalten und Unternehmen und dadurch auch der Banken.

Hierbei könnte es sich aber auch um aufgeschobene Kreditausfälle handeln – ein Anstieg nach dem Auslaufen von Moratorien oder stattlichen Hilfsprogrammen sei aber in den meisten Fällen verkraftbar. Schließlich würden der Analyse zufolge in Europa lediglich 3% des Gesamtkreditportfolios Kredite im Moratorium darstellen. Entsprechend würden auch schwächer positionierte Banken einen Puffer bei der harten Kernkapitalquote aufweisen, um weitere Belastungen aus Konjunktur und Regulatorik abzufedern.

Trotz dieser grundsätzlich positiven Analyse weisen die Analysten auf mehrere Probleme hin, die auf die Banken zukommen könnten. So könnten sich aus den Kredit- und Handelsbüchern Risiken erwachsen, die bisher nicht angemessen identifiziert oder gesteuert worden seien, wie etwa die Schieflage des Hedgefonds Archegos gezeigt habe, die den Primebroker Credit Suisse in Schwierigkeiten gebracht hatte. Mängel in der Risikosteuerung beträfen auch Goldman Sachs, Morgan Stanley, Nomura und UBS.

„Einzelfälle“ wie bei ABN Amro, Commerzbank und ING hätten zu markant höheren Risikokosten geführt, die aber vielfach merklich unter früheren Rezessionen gelegen hätten. Trotz solider Finanzkennzahlen würden die Geschäftsmodelle einzelner Banken aber gegen eine positivere Sicht ihrer Bonität sprechen, resümiert Independet Creditview.

Kluft vergrößert sich

Kurzfristig seien die wichtigsten Risiken die makroökonomische Lage sowie von Coronafolgen gefährdeten Branchen. Ungeachtet möglicher größerer Krisen und Marktverwerfungen gehen die Analysten davon aus, dass sich die Kluft zwischen Banken aus Nordamerika und dem asiatisch-pazifischen Raum einerseits und Banken aus West- und Südeuropa andererseits mittelfristig vergrößern werde.

Banken in Europa litten unter Überkapazitäten und würden vielfach nicht ihre kalkulatorischen Kapitalkosten verdienen. Europäische Banken könnten nur noch mit Mühe in Teilsegmenten mit den US-Investmentbanken mithalten, verlören jedoch weiter an Boden.

Immobilienmärkte und -finanzierungen betrachten die Analysten kritisch und rechnen mit einem hohen Rückschlagspotenzial bei Neufinanzierungen infolge zunehmender Überhitzung dieser Märkte in Deutschland, den Niederlanden und Österreich insbesondere in urbanen Gebieten. Bei Renditeliegenschaften sei es zu „Fantasiebewertungen“ infolge des Tiefzinsumfeldes gekommen, warnen sie. Neue Hypothekenanbieter würden aufgrund attraktiver Konditionen zudem weiter die Preise anheizen.

Im allgemeinen Kreditgeschäft halte die Margenerosion weiter an. Einen anhaltenden Entlastungseffekt infolge höherer Inflation und Nominalzinsen halten die Analysten für wenig wahrscheinlich. Eine Stabilisierung des Zinsertrages gelinge nur bedingt, da Banken unter zu hohen Einlagenzuflüssen leiden würden.