HSBC verunsichert mit schwachem Ausblick
HSBC hat ihr Vorsteuerergebnis im Schlussquartal 2022 nahezu verdoppelt. Unter dem Strich fiel das Ergebnis sogar noch besser aus, weil die britische Großbank nur halb so viel Steuern zahlte wie ein Jahr zuvor. CEO Noel Quinn sprach von einem „weiteren guten Jahr“ für das Institut. „Wir sind auf Kurs, um 2023 höhere Renditen zu liefern.“ Das ermögliche höhere Ausschüttungen. „Wir erwägen auch eine Sonderdividende, wenn der Verkauf von HSBC Canada abgeschlossen ist“, sagte Quinn. Für 2022 werden 32 (i. V. 25) Cent je Aktie ausgeschüttet. Doch der Aktienkurs gab zunächst nach, offenbar weil sich das Management bei den Zielen für das laufende Geschäft zurückgehalten hatte. „Die Zahlen selbst waren im Vergleich zu den Markterwartungen stark“, sagte Steve Clayton, Leiter Aktienfonds bei Hargreaves Lansdown. „Doch am Markt hatte man auf ein bisschen mehr gute Nachrichten zum Ausblick gehofft.“
Die in Aussicht gestellten 21 Cent Sonderdividende pro Aktie weckten Fragen, was mit dem Rest des durch den Verkauf des Kanadageschäfts an Royal Bank of Canada freigesetzten Kapitals passieren soll. Vielen Anlegern wären Aktienrückkäufe am liebsten. Die Bank will schon bei Bekanntgabe der Ergebnisse des laufenden Quartals darüber nachdenken. Der Kurs drehte ins Plus.
Der Verkauf folgte der Logik, sich auf Ostasien zu fokussieren. 2021 hatte HSBC angekündigt, ihr Retailgeschäft in den USA abzustoßen, und sich unter Inkaufnahme eines Veräußerungsverlusts aus dem französischen Massenmarkt verabschiedet. Bereits vor sieben Jahren war das Brasiliengeschäft an Banco Bradesco gegangen.
Wie die FTSE-100-Gesellschaft mitteilte, stieg ihr bereinigtes Vorsteuerergebnis im Schlussquartal auf 6,83 (i. V. 3,56) Mrd. Dollar und lag damit um 7 % über dem Schnitt der von der Bank zusammengetragenen Analystenschätzungen. Dafür sorgte in erster Linie das dank steigender Zinsen nach oben geschnellte Zinsergebnis. Es verbesserte sich um mehr als die Hälfte auf 9,57 (6,26) Mrd. Dollar. Die Nettozinsmarge verbesserte sich im Laufe des Quartals um 17 Basispunkte auf 1,74 %.
Wie schon beim Rivalen Standard Chartered lagen die Wertberichtigungen auf Problemkredite wegen des Exposures zu chinesischen Gewerbeimmobilien um rund ein Drittel über den Markterwartungen. Insgesamt legte HSBC 1,43 (0,48) Mrd. Dollar für die Risikovorsorge zurück. Davon bezogen sich 0,6 Mrd. auf Gewerbeimmobilien in der Volksrepublik. Alles in allem belief sich das in Hongkong gebuchte Exposure auf 9,38 (11,73) Mrd. Dollar. Davon werden drei Fünftel – oder 5,99 (4,11) Mrd. Dollar – als problematisch („sub-standard“ oder schlechter) eingestuft. In der Volksrepublik liegen weitere 6,51 Mrd. Dollar, von denen 1,05 Mrd. als „sub-standard“ oder schlechter klassifiziert werden. Man sehe positive politische Entwicklungen und verfolge die Entwicklung genau.
Die betrieblichen Kosten stiegen um 2 % – unter anderem wegen höherer Aufwendungen für die leistungsbezogene Mitarbeitervergütung. Der Boni-Pool schrumpfte im Gesamtjahr indes auf 3,36 (3,50) Mrd. Dollar, nachdem er im Vorjahr deutlich ausgeweitet worden war. Die Kernkapitalquote stieg von Oktober bis Dezember um 80 Basispunkte auf 14,2 % und lag damit deutlich über den 13,2 %, die Bankanalysten auf der Rechnung hatten.
Für das laufende Jahr rechnet das Management mit einem Zinsergebnis von mindestens 36 Mrd. Dollar. Das sehe für ihn „sehr konservativ“ aus, urteilte der Jefferies-Bankenexperte Joseph Dickerson. Aus Sicht seines UBS-Kollegen Jason Napier wird das genannte Ziel vermutlich am Markt mit Enttäuschung aufgenommen. Es sei aber unter Berücksichtigung aller Sondereffekte „in-line“ und könne übertroffen werden. HSBC geht zudem davon aus, dass die Kosten im laufenden Jahr um rund 3 % steigen werden. Darin seien bis zu 300 Mill. Dollar für Abfindungen enthalten. Rechnet man diesen Betrag heraus, bewegt sich die Bank damit auf Höhe der Analystenschätzungen.
„HSBC bietet einen der direktesten Wege, um in die Wiederöffnung der chinesischen Volkswirtschaft zu investieren“, sagte Clayton. „Solange sie im Plan bleibt, rechnen wir mit weiteren ermutigenden Nachrichten von der Bank.“