Kredit-Flaute trifft Einlagen-Hoch
Kredit-Flaute trifft Einlagen-Hoch
Monatsbericht der Bundesbank: Steigende Zinsen erreichen allmählich länger laufende Bankeinlagen
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Das inländische Kreditgeschäft deutscher Banken flaut ab, wie der aktuelle Monatsbericht der Bundesbank zeigt. Das liegt vor allem an dem gesunkenen kurzfristigen Finanzierungsbedarf von Unternehmen, dem kriselnden Immobilienmarkt und der Zinswende – die so langsam auch den Sparer im Einlagengeschäft erreicht.
Das Kreditgeschäft deutscher Banken mit inländischen Kunden ist im zweiten Quartal dieses Jahres nochmal spürbar abgeflaut. Das zeigt der aktuelle Monatsbericht der Deutschen Bundesbank für August. Dabei habe sowohl das Kreditgeschäft mit Unternehmen als auch mit privaten Haushalten geschwächelt.
Unternehmen erhöhten laut Bundesbank ihre langfristigen Kredite netto zwar nicht weiter – das Wachstum betrug im zweiten Quartal aber noch immer knapp 6%. Verglichen mit Wachstumsraten bis zu 14% in den Vorquartalen fiel die Zunahme der Unternehmenskredite zuletzt jedoch gering aus. Das hat mehrere Gründe, die sowohl mit dem Angebot als auch mit der Nachfrage zusammenhängen.
Kaum kurzfristige Kredite
Verglichen mit den Vorquartalen war der kurzfristige Finanzierungsbedarf von Unternehmen angesichts der wieder gesunkenen Energiepreise und der abnehmenden Lieferengpässe gering. Waren Kredite mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr im vergangenen Jahr noch der Hauptwachstumstreiber, ging das kurzfristige Kreditgeschäft zuletzt spürbar zurück. Lagerhaltungs- und Betriebsmittelkredite trieben erstmals seit 2019 die Kreditnachfrage nicht mehr an.
Zudem dämpfen deutlich höhere Kreditzinsen und die weltweit verhaltene Konjunktur das Kreditgeschäft. Laut Bundesbank sind die Bankzinsen für kleinere Unternehmenskredite mit Finanzierungsvolumen von bis zu 1 Mill. Euro und einer anfänglichen Zinsbindung von bis zu einem Jahr zuletzt auf rund 5,5% gestiegen. Bei größeren Krediten über 1 Mill. Euro betrug der Zins knapp 5%.
Hauskreditgeschäft kriselt
Folglich haben die Banken laut Bundesbank im Rahmen des „Banking Lending Survey“ auch im zweiten Quartal von einer gesunkenen Kreditnachfrage berichtet. Diese sei in den zurückliegenden sechs Monaten über alle Sektoren zu spüren gewesen – am deutlichsten jedoch im Immobiliensektor.
Zwar haben die Banken laut Bundesbank branchenweit die Kreditrahmenbedingungen verschärft. Am schärfsten sei die Angebotspolitik jedoch im Immobiliensektor angepasst worden – sowohl in der gewerblichen als auch der privaten Immobilienfinanzierung. Zudem steigen für die Banken die bestehenden Kreditrisiken im Immobiliengeschäft. Die beiden Landesbanken LBBW und BayernLB erhöhten im ersten Halbjahr vorsorglich bereits ihre Rücklagen für mögliche Kreditausfälle.
Die verhaltene Nachfrage nach neuen Wohnungsbaukrediten ist auch der Hauptgrund, weshalb das Kreditgeschäft mit privaten Haushalten kaum noch wächst. Mit knapp 2% verzeichnete das zweite Quartal deutlich geringere Kreditwachstumsraten als in den Vorquartalen. Die hohe Inflation, die weiterhin hohen Baupreise und die deutlich gestiegenen Finanzierungskosten bremsten das Baufinanzierungsgeschäft aus. Laut Bundesbank sind die Bankzinsen für Wohnungsbaukredite mit einer anfänglichen Zinsbindung von über zehn Jahren zuletzt auf knapp 4% gestiegen. Zum Vergleich: 2019 lagen sie noch zwischen 1 und 1,5%.
Einlagengeschäft wächst
Während die Zinswende das Kreditgeschäft ausbremst, bewirken steigende Zinsen im Einlagengeschäft das Gegenteil. So weiteten deutsche Banken und Sparkassen ihr Einlagengeschäft mit inländischen Kunden im zweiten Quartal spürbar aus, nachdem es in den vorangegangenen Quartalen kaum gewachsen war. Die größten Zuflüsse verbuchten kurzfristige Termineinlagen, da Sparer ihre Sicht- zunehmend in Termineinlagen umtauschten.
Der Bundesbank zufolge zeigten gerade inländische Anleger im aktuellen Quartal mehr Interesse an langfristigen Bankeinlagen. Zudem bauten Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds ihre langfristigen Termineinlagen in deutlich geringerem Umfang ab als in den vergangenen Jahren üblich. Die Bundesbank sieht in dieser Entwicklung ein Zeichen dafür, dass die Zinswende so langsam auch beim Sparer ankommt.
Die Commerzbank berichtete zuletzt, dass das sogenannte Einlagen-Beta in Deutschland in den kommenden Quartalen von zuletzt 20 auf 35% steigen wird – je höher der Wert, desto stärker muss eine Bank eine Zinserhöhung an Kunden weitergeben. Auf einem so hohen Niveau waren die Betas laut René Fischer von der Unternehmensberatung Oliver Wyman letztmals rund um die Finanzkrise zwischen 2006 und 2008.