Der Krieg in der Ukraine kommt die Versicherungswirtschaft teuer zu stehen. Die Swiss Re ist in den ersten drei Monaten des Jahres in die Verlustzone abgerutscht, nachdem sie im Blick auf potenzielle Schäden 283 Mill. Dollar an Vorsorge gebildet hat.

Die Rückstellung beinhaltet mögliche Zahlungen an westliche Fi­nanzfirmen, die Hunderte von Flugzeugen an russische Fluggesellschaften verleast haben und nun vergeblich auf deren Rückgabe warten. Auch das Geschäft mit der Versicherung von Zahlungsausfallrisiken westlicher Exportunternehmen birgt Risiken.

Auf einer Investorenveranstaltung am 7. März hatte Swiss-Re-Chef Christian Mumenthaler die potenziellen Kosten des Krieges für die internationale Versicherungsbranche mit jenen einer mittleren Naturkatastrophe verglichen und eine Zahl von rund 15 Mrd. Dollar angedeutet. Auf einer Telefonkonferenz anlässlich der Bekanntgabe der Quartalszahlen am Donnerstag hat Finanzchef John Dacey diese Schätzung nun bekräftigt. Er warnte allerdings, dass die Schäden mit der Dauer des Krieges zunähmen.

Auch die Pandemie hat dem Rückversicherer im Berichtsquartal noch einmal große Belastungen beschert. Eine unerwartet hohe, Covid-bedingte Sterblichkeit in den USA zu Jahresbeginn drückte das Lebengeschäft von Swiss Re im Vorjahresvergleich tiefer ins Minus. Schließlich führten auch verschiedene Naturereignisse in Europa und Australien zu hohen Belastungen und zu einem starken Gewinnrückgang der Schaden- und Unfallsparte. Alles in allem ergab sich im Berichtsabschnitt bei knapp 4% höheren Prämieneinnahmen von 10,6 Mrd. Dollar ein Verlust von 248 Mill. Dollar, verglichen mit einem Gewinn von 333 Mill. Dollar im Vorjahresquartal. CEO Mumenthaler geht dennoch davon aus, dass Swiss Re das Ziel einer Eigenkapitalrendite von rund 10% im laufenden Jahr erreichen kann.

In einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie prophezeit die Swiss Re eine stagflationäre Phase für die Weltwirtschaft. Die Rückkehr einer langen Stagflation wie in den 1970er Jahren sei zwar wenig wahrscheinlich, dennoch rechnet das Swiss Re Institute für die nächsten zwei Jahre mit einer deutlichen Verlangsamung des Weltwirtschaftswachstums im Vergleich zu den Prognosen vor der russischen Invasion der Ukraine. Gleichzeitig sagt die Studie eine starke, kriegsbedingte Beschleunigung der Inflation voraus. „Der Kampf gegen die Inflation wird nicht kurz sein und kann gut zwei Jahre dauern“, sagte Chefökonom Jerôme Haegeli auf Anfrage: „Es wird zu beträchtlichen Verwerfungen auf den Finanzmärkten kommen.“

Diesen Anpassungsprozess werde die Versicherungswirtschaft 2022 deutlich zu spüren bekommen. Zwar rechnet das Swiss Re Institute im laufenden Jahr mit einer inflationsbedingten Zunahme der nominellen Prämieneinnahmen im Schaden- und Unfallgeschäft um 7,1%. Doch die vom Ukraine-Krieg befeuerte Teuerung werde das real erwartete Wachstum im Vergleich zur Vorkriegsprognose von 2,5% auf 1,9% senken. Im Leben- und Krankengeschäft werde sich der gleiche Effekt noch stärker auswirken (vgl. Grafik). In den Kapitalanlagen seien infolge steigender Zinsen und Verwerfungen auf den Finanzmärkten 2022 Buchverluste zu erwarten.