Krisen hinterlassen deutliche Spuren im Immobilienmarkt
Zinswende, Energiekrise und Konjunktursorgen haben den deutschen Wohnimmobilienmarkt in allen Segmenten erfasst: Im vierten Quartal gaben die Preise für Wohnimmobilien im Vergleich zum dritten Jahresviertel um 1,8% nach, wie der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) am Freitag berichtete. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr ergäbe sich mit dieser Rate ein Minus von 7,1%. Erstmals seit dem Startquartal 2009 sanken gleichzeitig sowohl für einzelne Eigentumswohnungen als auch für Einfamilienhäuser als auch für ganze Mehrfamilienhäuser die Preise. „Die vielen Krisen des Jahres 2022 hinterlassen am Jahresende nun auch Spuren auf dem Immobilienmarkt“, sagt Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt.
Besonders stark zeigt sich der Rückgang in den großen Städten Deutschlands: In Frankfurt verbilligten sich Wohnimmobilien vom dritten zum vierten Quartal um 4,8%. Auch Köln (–3,3%), Hamburg (–3,0%) und München (–2,9%) fallen mit starken Preisrückgängen auf, in Düsseldorf und Stuttgart sanken die Werte jeweils um 2,1%. Lediglich in Berlin fielen die Preise mit 0,7% weniger stark als im gesamten Bundesdurchschnitt.
Als wesentlichen Treiber für den Preisrückgang macht Hauptgeschäftsführer Tolckmitt die Zinswende aus. Denn im Verhältnis zu den Mieteinnahmen verlieren Immobilien als Kapitalanlage an Wert, wenn andere Assetklassen wie beispielsweise Anleihen künftig höhere Renditen bieten, wie er ausführt. Auch sinkt nach seinen Worten der finanzielle Rahmen von Privatleuten für einen kreditfinanzierten Immobilienkauf, wenn die Zinsen steigen. Allerdings reagieren Immobilienpreise zeitversetzt auf Veränderungen. Es braucht Zeit, bis sich die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern angleichen, wie er sagt.
Zwar sind bereits im dritten Quartal Wohnimmobilienpreise in Summe gesunken. Das Bild war dabei jedoch noch uneinheitlich: Während sich Mehrfamilienhäuser bereits im dritten Jahresviertel verbilligten, zogen die Preise von einzelnen Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern bundesweit noch geringfügig an. Lediglich in den meisten Metropolen war der Preisrückgang im dritten Quartal bereits in allen Segmenten angekommen.
Insgesamt zeigt sich der Pfandbriefbankenverband nun etwas pessimistischer als noch im Frühjahr vergangenen Jahres. Hatte Tolckmitt für die Preise im März 2022 noch „mittelfristig ein Auslaufen auf hohem Niveau“ skizziert, lautet die Prognose nun, dass sich die Preise in den kommenden Quartalen „moderat nach unten“ bewegen. Dabei bleibe der Bedarf nach Wohnraum aber intakt, so dass ein tiefer Preiseinbruch unwahrscheinlich sei.
Auch Gewerbeimmobilien verbilligten sich im Vergleich zum dritten Quartal: Die Preise für Büroobjekte gaben um 2,4% nach. Bereits zu Beginn der Coronakrise hatten die Immobilien hier zeitweise an Wert verloren. Noch stärker sanken die Preise von Einzelhandelsobjekten, die vom dritten zum vierten Quartal um 4,2% nachgaben. Das Segment steht wegen der Konkurrenz im Online-Handel schon seit Jahren unter Druck. Insgesamt reagiere der Gewerbeimmobilienmarkt stärker auf die Konjunktur als das Wohnsegment, sagte Tolckmitt.
Um die Immobilienwerte zu schätzen, wertet der VDP die Preise tatsächlicher Transaktionen aus, die Banken im Rahmen der Kreditvergabe erfasst haben. Der Effekt verschiedener Variablen, etwa des Baujahres, der Lage, der Fläche und der Ausstattung, fließt dabei in die Rechnung ein. Auf diese Weise lässt sich schätzen, wie sich die Preise für vergleichbare Objekte verändert haben.