Kursrutsch setzt Fondsbranche unter Kostendruck
jsc Frankfurt
Die großen europäischen Fondsgesellschaften stehen nach Ansicht von Goldman Sachs nach den Kursverlusten an den Finanzmärkten unter Druck: Weil die Ertragsbasis erodiert und die Kosten steigen, nimmt die Aufwand-Ertrag-Quote der börsennotierten Fondsanbieter in naher Zukunft voraussichtlich zu, schreibt die Bank in einem aktuellen Research-Bericht. In bisherigen Konsensschätzungen sei die Belastung nicht vollständig enthalten, warnen die Analysten Oliver Carruthers, Charles Mayne und Anshika Mehrotra. Ihre pessimistische Prognose knüpfen die Fachleute allerdings an die Annahme, dass sich die Finanzmärkte in naher Zukunft nicht wesentlich erholen.
Konkret skizziert der Bericht steigende Aufwand-Ertrag-Quoten für die deutsche DWS, die französische Amundi und die britischen Häuser Schroders und Abrdn (siehe Grafik). Gerade für die Jahre 2023 und 2024 sind die Analysten damit pessimistischer gestimmt als im Durchschnitt anderer Prognosen. Allerdings geht auch Goldman Sachs trotz des jüngsten Marktrückgangs von moderat steigenden Quoten aus. Inklusive Abschreibungen und Amortisationen steigt das Verhältnis im Durchschnitt mehrerer Fondsadressen von 64% im Jahr 2021 auf 66% im laufenden Jahr und 67% im kommenden Jahr, so die Prognose.
Wichtigste Ertragsquelle von Fondsgesellschaften sind anteilige Gebühren am verwalteten Vermögen – sinkt das Volumen aufgrund von Kursrückgängen, fällt auch die Ertragsbasis. Auch leistungsabhängige Gebühren bleiben dann weitgehend aus. Weil passiv investiertes Vermögen an Bedeutung gewinnt, sinken zudem die Gebührenmargen. Allein die DWS, die im vergangenen Jahr bezogen auf die laufenden Managementgebühren eine Marge von 27,6 Basispunkten erzielte, dürfte nach Prognose von Goldman Sachs im laufenden Jahr auf 26,5 Basispunkte abrutschen und bis zum Jahr 2026 auf 24,5 Basispunkte sinken.
Vier Wege zum Glück
Die vier Kernempfehlungen für global aufgestellte Fondshäuser klingen vertraut: Die Gesellschaften sollen sich dem stark wachsenden Markt in Asien zuwenden, die alternativen Anlageklassen jenseits der Börsen (Private Markets) erobern, das zwar margenarme, aber volumenstarke Segment der passiven Anlagestrategien ausbauen und schließlich die ESG-basierte Kapitalanlage stärken.
Überwiegend positiv äußern sich die Analysten dabei zur DWS, für die sie eine „neutrale“ Empfehlung aussprechen. Die Gesellschaft habe die Aufwand-Ertrag-Quote seit dem Börsengang 2018 reduziert und verfüge über ein breites Angebot, einschließlich vieler geplanter Fondsauflagen, einer stark aufgestellten ETF-Marke Xtrackers und des chinesischen Joint Ventures Harvest. Die Gesellschaft sei „ein diversifizierter europäischer Manager mit einem umfangreichen passiven Angebot und Kostendisziplin“. Die Razzia Ende Mai, bei der Ermittler Hinweise auf möglicherweise gezielte Falschangaben zur ESG-Anlage nachgingen, erwähnen die Analysten nicht.
Noch besser fällt das Urteil zur französischen Amundi aus, der größten Gesellschaft in Europa: Das Haus sei sowohl in Asien als auch nach der Lyxor-Übernahme im ETF-Geschäft gut aufgestellt und unterscheide sich mit einer hohen operativen Marge deutlich von der Konkurrenz. Die Empfehlung lautet „Kaufen“.
Wertberichtigt Seite 6