Lloyd’s: Ukrainekrieg „finanziell überschaubar“
hip London
Lloyd’s of London hat im ersten Halbjahr stark unter den Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine und den steigenden Zinsen gelitten. „Während der Konflikt in der Ukraine weiterhin verheerende Auswirkungen hat, haben wir proaktiv Schritte ergriffen, um unsere Kunden vor dem Fallout zu schützen“, sagte CEO John Neal. Für Kriegsschäden wurden 1,1 Mrd. Pfund zurückgestellt.
Dabei geht es etwa um im Schwarzen Meer festsitzende Schiffe, in Russland gestrandete Flugzeuge und Störungen beim Export von Getreide und landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus der Ukraine und Russland. Die Combined Ratio, mit der Schadensaufwendungen und Kosten ins Verhältnis zu den Einnahmen gestellt werden, verbesserte sich auf 91,4 (i. V. 92,2) %. Quoten unter 100 % bedeuten Zeichnungsgewinne.
„Wir erwarten, dass der Konflikt in der Ukraine 2022 ein wesentliches, aber finanziell überschaubares Ereignis für den Markt sein wird“, heißt es in der Präsentation zum Halbjahresergebnis. Es gebe keinen Anlass zur Besorgnis, was Kapitalausstattung und Solvenz angehe. Tatsächlich dürften nur für einen Bruchteil der entstandenen Schäden Versicherungen abgeschlossen worden sein.
Wie der größte und älteste Versicherungs- und Rückversicherungsmarkt der Welt mitteilte, hatten seine Nettokapitalerträge ein Jahr zuvor noch bei 0,6 Mrd. Pfund gelegen. Dieses Jahr stand an dieser Stelle ein Verlust von 3,1 Mrd. Pfund. Dabei handelt es sich zwar größtenteils um nicht realisierte Buchverluste aus der Mark-to-Market-Bewertung von Wertpapieren.
Doch sie drückten das Halbjahresergebnis deutlich unter die Nulllinie. Der Handelsplatzbetreiber zeigte einen Vorsteuerverlust von 1,80 Mrd. Pfund. Ein Jahr zuvor hatte Lloyd’s noch einen Vorsteuergewinn von 1,45 Mrd. Pfund ausgewiesen. „Steigende Zinsen haben zwar zum Halbjahr einen unrealisierten Papierverlust hervorgerufen, werden aber langfristig gute Nachrichten für Versicherer sein, weil sich die Anlagerenditen 2023 und darüber hinaus verbessern“, sagte Neal.
Lloyd’s geht davon aus, dass sich die Buchverluste schon kurzfristig in Wohlgefallen auflösen werden, weil sich die Kurse von Schuldentiteln auf ihren Nennwert zubewegen. Der bis 2024 vorhergesagte deutliche Anstieg der Zinsen dürfte zu einer Verdoppelung des Einkommens aus Anleihen führen. Die Bruttoprämieneinnahmen erhöhten sich auf 24,04 (20,47) Mrd. Pfund. Dabei stiegen die Preise um 7,7 %. Die Betriebskostenquote wurde auf 35,4 (35,8) % gedrückt. Das Management geht davon aus, dass die Kosten im Zuge der Digitalisierung des Geschäfts weiter gesenkt werden können. Die Solvenzquote ist seit Jahresbeginn von 388 % auf 395 % gestiegen.
Um den steigenden Lebenshaltungskosten Rechnung zu tragen, wird Lloyd’s allen Mitarbeitern, die weniger als 75 000 Pfund pro Jahr verdienen, eine Sonderzahlung von 2 500 Pfund überweisen. Davon dürften rund drei Fünftel der Belegschaft profitieren. Auch dem Handelsplatzbetreiber machen die steigenden Energiekosten zu schaffen. Wie die „Daily Mail“ berichtet, ist die Rechnung für das unverwechselbare 14-stöckige Gebäude in der Lime Street um 250 % auf einen siebenstelligen Betrag gestiegen.