Zoll-Angst scheucht Investoren auf

Marktvolatilität beschert Tradern von Goldman Geldregen

Die Schwankungen an den Finanzmärkten sind im ersten Quartal zur Ertragsstütze für Amerikas Großbanken geworden. Doch der Ausblick im Investment Banking wird zunehmend düster.

Marktvolatilität beschert Tradern von Goldman Geldregen

Marktvolatilität beschert Goldman-Tradern Geldregen

US-Bank übertrifft Erwartungen mit Gewinnanstieg – Insbesondere Aktien-Derivate gefragt – Furcht vor Abschwung im Investment Banking

Die Schwankungen an den Finanzmärkten sind im ersten Quartal zur Ertragsstütze für Amerikas Großbanken geworden. Goldman Sachs hat ihren Gewinn dank der starken Performance ihrer Trader unerwartet deutlich gesteigert. Doch der Ausblick im Investment Banking wird zunehmend düster.

xaw New York

Während das von Washington losgetretene Zollchaos Investoren in Bann hält, werden die Trader der US-Großbanken zu Nutznießern der Marktvolatilität. Nachdem J.P. Morgan und Morgan Stanley für das erste Quartal starke Erlöszuwächse aus dem Aktienhandel vermeldeten, reiht sich nun auch Goldman Sachs ein. Das Geldhaus steigerte den konzernweiten Umsatz zum Vorjahr um 6% auf 15,06 Mrd. Dollar. Das Assetmanagement – das die Bank zuletzt als Ertragsstabilisator hervorgehoben hatte – schwächelte zwar, doch die Kernsparte Global Banking and Markets wurde mit einem Anstieg um 10% zum Treiber.

Die Trader trugen damit entscheidend dazu bei, dass der Nettogewinn der Bank deutlich stärker als erwartet um 15% auf 4,74 Mrd. Dollar sprang. Der Geldregen speist sich insbesondere aus einer höheren Aktivität im Aktienhandel, die Erträge der Abteilung zogen im Auftaktquartal um 27% an. Insbesondere der gestiegene Drang von Investoren in Derivate auf Dividendentitel sorgte dabei für Schub, suchten sich Anleger doch schon vor der Eskalation des Strafzoll-Dramas Anfang April auf eine gestiegene Volatilität einzustellen. Nachdem US-Präsident Donald Trump Abgaben von 10% auf sämtliche Einfuhren in die Vereinigten Staaten sowie reziproke „Tariffs“ gegen Handelspartner verhängte, legten die führenden amerikanischen Aktienindizes ihre schwersten Verluste seit der Hochphase der Corona-Pandemie 2020 hin.

„Die anhaltende ökonomische Unsicherheit dürfte auch in den kommenden Quartalen zu einer erhöhten Volatilität führen“, betonte Goldman-CEO David Solomon, der eine groß angelegte „Repositionierung in den Kundenportfolios“ hervorhob, in einer Analystenschalte. Die Pläne der Regierung in Washington, die wirtschaftliche Position der Vereinigten Staaten zu stärken, seien zwar grundsätzlich lobenswert, betonte der Vorstandschef – und zeigte sich dabei erleichtert darüber, dass Trump mit der Verkündung einer 90-tägigen Zollpause die Tür für internationale Verhandlungen und eine „graduellere Einführung“ seiner protektionistischen Handelspolitik geöffnet habe.

Furcht vor Rezession

„Die Administration sollte aber erkennen, dass wenige andere Länder so stark von der globalen Handelsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg profitiert haben wie die Vereinigten Staaten“, wandte Solomon ein. Die Stärke des Dollar sowie die Tiefe und Liquidität des US-Kapitalmarkts seien die entscheidenden Argumente für den Andrang ausländischer Unternehmen und Investoren an der Wall Street. Die Strafzölle würden nun zu einem „materiellen Risiko“ für die amerikanische und globale Konjunktur. Die Ökonomen von Goldman Sachs haben ihre Prognose für das US-Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr zuletzt auf 1,3% heruntergeschraubt, nachdem sie zu Jahresbeginn noch von über 2% ausgingen.

Solomon schlägt mit seinen Warnungen in die gleiche Kerbe wie andere Chefs führender amerikanischer Banken und Vermögensverwalter. Larry Fink, CEO des weltgrößten Assetmanagers Blackrock, betonte am Freitag, Trumps Strafzoll-Ankündigungen seien „weiter gegangen, als ich mir das in meinen 49 Jahren im Finanzsektor jemals hätte vorstellen können“, und hob dabei die Auswirkungen der jüngsten Marktverwerfungen auf die Pensions- und Sparpläne von Millionen Menschen hervor. Amerikas Banken tragen dem eingetrübten Ausblick für die finanziellen Gesamtkonditionen bereits mit höheren Rückstellungen für faule Kredite Rechnung. J.P. Morgan stockte die Risikovorsorge im ersten Quartal um 973 Mill. Dollar auf. Goldman, die sich nach einem 2016 begonnenen Ausflug seit Herbst 2022 graduell aus dem Consumer Banking verabschiedet, stellte hauptsächlich aufgrund des verbleibenden Kreditkartengeschäfts 287 Mill. Dollar zurück.

Jamie Dimon, CEO von J.P. Morgan, betonte zuletzt zwar, die USA seien noch immer die „wohlhabendste Nation der Welt“ und damit ein Premium-Ziel für Investoren. Doch „das hier ist anders“, verdeutlichte der Vorstandschef seine Sorge, dass die Vereinigten Staaten in eine beispiellose Finanzkrise schlittern. Die Ökonomen seines Hauses beziffern das Risiko einer Rezession inzwischen auf 60%, im Gesamtjahr 2025 werde die US-Wirtschaft voraussichtlich um 0,3% schrumpfen.

Goldman-Chef Solomon hob entsprechend die „eingetrübten“ Perspektiven im Investment Banking hervor. Sein Geldhaus habe zwar bei Deals wie der 32 Mrd. Dollar schweren Übernahme des israelischen Cybersecurity-Einhorns Wiz durch Google oder der 10 Mrd. Dollar schweren Akquisition der Drogeriekette Walgreens Boots Alliance durch den Hedgefonds Sycamore führende Beraterrollen eingenommen. Auch verfüge die Bank im M&A-Geschäft über eine starke Pipeline bis ins vierte Quartal. „Doch inwieweit wir diese Transaktionen auch ausführen können, hängt natürlich maßgeblich von den Konditionen am Gesamtmarkt ab“, sagte Solomon.

IPO-Markt unter Druck

Noch düsterer ist die Lage im Geschäft mit Börsengängen: Heiß erwartete IPOs wie die Debüts des Flüssiggasexporteurs Venture Global und des Cloud-Computing-Dienstleisters Coreweave wurden bereits zu Enttäuschungen für die Wall Street, bevor sich das Zoll-Drama überhaupt zuspitzte. Der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna legte Pläne für einen US-Börsengang zuletzt auf Eis.

Bei den bisher über die Bühne gegangenen Deals fielen die Underwriting-Erlöse der Wall-Street-Häuser enttäuschend aus. Dies trug dazu bei, dass die Gebühreneinnahmen von Goldman Sachs aus dem Investment Banking im ersten Quartal zum Vorjahr um 8% auf 1,91 Mrd. Dollar fielen. Die Analysten von Keefe, Bruyette & Woods rechnen angesichts „schwächer als erwartet“ ausgefallener Erträge im Investment Banking sowie dem Fixed-Income- und Währungsgeschäft damit, dass die Goldman-Aktie der Konkurrenz hinterherhinkt. Nach dem Geldregen für die Trader, so fürchtet die Wall Street, steht die große Trockenheit für die Dealmaker bevor.

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