MBank belastet Commerzbank im dritten Quartal
lee Frankfurt
– Die polnische MBank wird der Commerzbank im dritten Quartal voraussichtlich ein Loch von 210 bis 290 Mill. Euro ins operative Ergebnis reißen. Hintergrund ist ein kürzlich verabschiedetes Gesetz, das die Folgen des drastischen Zinsanstiegs in Polen für die Besitzer von noch nicht abbezahlten Wohnungen und Häusern abfedern soll (vgl. BZ vom 8. Juli). Wegen der stark steigenden Inflation hob die polnische Zentralbank den Leitzins zuletzt auf 6,5 % an, was sich schnell auf die zumeist variabel verzinsten Hypothekenkredite niederschlägt. Das neue Gesetz, mit dem die rechtspopulistische Regierungspartei PiS bei den im Herbst 2023 anstehenden Parlamentswahlen mutmaßlich die Chancen auf eine Wiederwahl erhöhen will, erlaubt Kreditnehmern, bis Ende 2023 bis zu achtmal ihre monatlichen Ratenzahlungen auszusetzen. Die Kosten hierfür sollen die Banken selbst tragen, was die polnische Regierung damit begründet, dass die Banken dank der steigenden Zinsen mehr verdienen. Tatsächlich hatte dieser Effekt der Commerzbank im ersten Quartal 147 Mill. Euro in die Kassen gespült.
Stundung ohne Not
Wie aus der Mitteilung der Commerzbank hervorgeht, rechnet ihre polnische Tochter damit, dass etwa 60 bis 80 % der berechtigten Darlehensnehmer von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden. Berechtigt ist jeder private Kreditnehmer, sofern es sich um eine selbst genutzte Immobilie handelt. Eine individuelle wirtschaftliche Notlage muss dafür nicht nachgewiesen werden.
Die damit einhergehende Ergebnisbelastung wird von der MBank auf 1 bis 1,4 Mrd. Zloty (umgerechnet rund 210 Mill. bis 290 Mill. Euro) beziffert. Die Commerzbank konsolidiert die Erträge der selbst ebenfalls börsennotierten polnischen Tochter vollständig, weshalb die Belastung – ebenso wie positive Effekte – unmittelbar auf das operative Ergebnis durchschlägt.
Gleichwohl hält die Commerzbank an den Prognosen für das laufende Jahr fest. Das in einem Restrukturierungsprozess befindliche Institut hat seinen Aktionären für 2022 einen Konzerngewinn von 1 Mrd. Euro in Aussicht gestellt, von dem 30% abzüglich der Zinsen für die ausstehenden Nachranganleihen als Dividende ausgeschüttet werden sollen. „Diese Prognose steht unter dem Vorbehalt, dass es zu keiner deutlichen Verschlechterung der konjunkturellen Entwicklung kommt, zum Beispiel wegen weiterer Engpässe in der Gasversorgung“, erklärt Bettina Orlopp, Finanzvorständin der Commerzbank.
Rechtliche Schritte erwogen
Wie das Institut weiter mitteilt, wird es die Belastung als negativen Ertrag weitgehend im „Übrigen Ergebnis aus Finanzinstrumenten“ buchen. Zugleich würden rechtliche Schritte gegen diese „ungewöhnliche Regelung“ geprüft. Denkbar wäre etwa eine Beschwerde bei der EU-Kommission wegen des Eingriffs in die Vertragsfreiheit.