McKinsey warnt Banken und Sparkassen vor Mitarbeiter-Exodus
McKinsey warnt vor Banker-Exodus
Branche verliert bis 2030 fast ein Drittel der Beschäftigten – IT-Investitionen erforderlich
lee Frankfurt
Die deutsche Kreditwirtschaft muss mehr in Technologie investieren, um den anstehenden Fachkräftemangel abzufedern. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle "German Banking"-Studie der Unternehmensberatung McKinsey.
Angesichts des hohen Durchschnittsalters in der Branche – derzeit sind 40% der Bankbeschäftigten älter als 50 Jahre – ist absehbar, dass bis 2030 etwa 30% des aktuellen Personals ausscheiden. Das Szenario verdeutlicht, dass die in der Finanzbranche seit Jahren üblichen großzügig dotierten Frühruhestandsregelungen ein Luxus sind, den sich Unternehmen eher nicht mehr leisten können.
Entlastung statt Jobkiller
Die Berater konstatieren, dass die Banken umdenken müssen, um Personal wieder für eine Tätigkeit in der Branche zu gewinnen, zu binden und weiterzuentwickeln. Um die verbliebene Belegschaft zu entlasten, müssen die Banken außerdem kräftig in die Digitalisierung investieren. Die Vorstellung, dass der technische Fortschritt zu Massenentlassungen in der Finanzbranche führt, weicht offenbar der Hoffnung, dass er die Auswirkungen der demografischen Delle abfedern kann.
Die Erkenntnis, dass in der Digitalisierung der Schlüssel für die Profitabilität der Kreditinstitute liegt, ist nicht neu. Wie die Autoren der McKinsey-Studie herausarbeiten, ist dies in den Kennziffern der Banken auch messbar – zumindest auf europäischem Niveau. Demnach geben die 10% der Banken mit den europaweit besten Aufwand-Ertrags-Quoten zweieinhalbmal so viel für Technologie aus wie die schwächsten 10%.
Wo künstliche Intelligenz Banken helfen kann
Zunehmend an Bedeutung gewinnen laut der Studie neueste Technologien aus dem generativen Bereich, zu dem etwa der Textgenerator ChatGPT gehört. Diese könnten die Produktivität insbesondere in den Bereichen Marketing & Sales, Operations und IT erheblich steigern. Anwendungen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) hätten das Potenzial, die Kundenzufriedenheit zu steigern und bei der Identifikation von potenziellen Betrugsfällen zu helfen.
Nach Einschätzung von McKinsey ist der Zeitpunkt gut, um in die eigene Zukunftsfähigkeit zu investieren. Wie die Autoren der Studie auf der Basis von Bundesbankdaten errechnet haben, war 2022 für die deutsche Kreditwirtschaft mit um 9% auf 138 Mrd. Euro gestiegenen operativen Erträgen das erfolgreichste Jahr seit einem Jahrzehnt. Grund für die erfreuliche Entwicklung war die Zinswende. Getragen wurde die positive Entwicklung von einem Anstieg des Zinsüberschusses um 15% auf 95 Mrd. Euro.
Druck auf die Eigenkapitalrenditen
Darauf dürfe sich die Branche nicht ausruhen, findet Max Flötotto, Senior Partner und Leiter der Banken-Beratung bei McKinsey: "Der hiesige Bankensektor muss den finanziellen Spielraum durch die guten Ergebnisse nutzen, um fokussiert in die Resilienz und die Zukunftsfähigkeit der Geschäftsmodelle sowie innovative Strategien zu investieren." Umso mehr, weil der positive Effekt durch die Zinswende in den kommenden Monaten abnehmen werde. Gleichzeitig würden die schwache Konjunktur, steigende Refinanzierungskosten und der Wettbewerb um Einlagen den Druck auf die Eigenkapitalrenditen erhöhen. Im Falle anhaltender Inflation bei dauerhafter Rezession könnten sie von zuletzt durchschnittlich 4% auf 0,5% im Jahr 2030 sinken.
Die Auswirkungen des gestiegenen Zinsniveaus auf die Branche sind ambivalent. Zogen zunächst die Erträge an, weil die Banken das gestiegene Zinsniveau im Kreditgeschäft weitergeben konnten, hat vor allem im privaten Einlagengeschäft bereits ein zaghafter Wettbewerb eingesetzt. Hinzu kommt, dass die Refinanzierung für die Banken teurer wird, was die Zinsmargen belastet. Angesichts von höheren Zinsen und steigenden Investitionskosten ist zudem die Kreditnachfrage deutlich gesunken. Das betrifft neben der Baufinanzierung vor allem die Unternehmensfinanzierung.