Monte-dei-Paschi-Verkauf gescheitert
bl Mailand
Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen der HVB-Mutter Unicredit und der italienischen Regierung über die Übernahme großer Teile der mehrheitlich staatlichen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) richten sich die Blicke jetzt auf die Zukunft beider Institute. Rom muss die EU jetzt um eine Verlängerung der Frist für eine Privatisierung des Instituts bitten, die nach den Vorgaben eigentlich bis Ende dieses Jahres erfolgen müsste. Außerdem braucht MPS eine milliardenschwere Kapitalerhöhung.
Unicredit-CEO Andrea Orcel versicherte den Beschäftigten seines Instituts in einem Brief unterdessen, er und sein Team hätten alles getan, um Synergien zwischen den beiden Instituten zu heben. Es sei jedoch von Anfang an klar gewesen, dass Voraussetzung für eine Übernahme die Einhaltung einiger Schlüsselprinzipien sei, um die Interessen aller Stakeholder zu wahren. So sollte eine Übernahme kapitalneutral und gewinnsteigernd sein, nur klar definierte Teile der Bank umfassen und Rechtsrisiken ausschließen. Eine Akquisition hätte die Position von Unicredit in Schlüsselmärkten stärken können, aber Priorität sei es nicht, Fusionen und Übernahmen zu tätigen, so Orcel. Der CEO schloss Akquisitionen aber nicht grundsätzlich aus. Im Fall MPS wollte er jedoch Klarheit bis zur Verwaltungsratssitzung an diesem Mittwoch, bei der die Zahlen für das dritte Quartal präsentiert werden sollen. In den nächsten Wochen will er zudem einen neuen Strategieplan vorstellen.
Große Differenzen
Italiens Regierung und Unicredit hatten Ende Juli bekanntgegeben, über den Verkauf großer Teile der 2017 mit einer staatlichen Kapitalspritze von 5,4 Mrd. Euro geretteten Bank zu verhandeln. Die Vorstellungen beider Seiten waren jedoch seit Abschluss einer Due-Diligence-Prüfung immer weiter auseinandergegangen: Unicredit forderte im Vorfeld einer Übernahme eine Kapitalerhöhung um 6,3 Mrd. Euro sowie Steuergutschriften von 2,2 Mrd. Euro bei MPS, den Ausschluss von Kapitalrisiken sowie angeblich den Abbau von 7 000 der 21 000 Stellen bei Monte dei Paschi. Rom war dagegen nur bereit, insgesamt maximal 5 Mrd. Euro zu zahlen. Differenzen gab es auch in anderen Fragen.
„Unicredit hat die Latte sehr hoch gelegt“, sagte Stefano Caselli, Bankenprofessor an der Mailänder Universität Bocconi, der Börsen-Zeitung. „Die Bank ist sich bewusst geworden, dass das zu den genannten Konditionen nicht möglich war.“ Auf der anderen Seite habe der Staat aus den Verhandlungen aussteigen müssen, „weil die Rechnung dem Steuerzahler nicht zuzumuten gewesen ist. Das wäre nicht eine Win-win-Situation, sondern eine Win-Loose-Situation zulasten des Staates gewesen“, meint Caselli.
Zwar werden in Italien die drittgrößte Bank BPM, die Versicherung Unipol mit der Bank Bper, Crédit Agricole und BNP Paribas als mögliche Interessenten für Monte dei Paschi genannt. Doch konkret haben sich bisher keine Bewerber gemeldet. Nicht umsonst galt ein Deal mit Unicredit für viele deshalb als ausgemacht, obwohl Wirtschaftsminister Daniele Franco Anfang August einen Verkauf „um jeden Preis“ ausgeschlossen hatte.
Jenseits der Bitte um einen Aufschub der Privatisierung in Brüssel muss die Regierung in Rom vorerst Lösungen für MPS auf Stand-alone-Basis suchen. Zu den geplanten Maßnahmen gehören der heikle Personalabbau, die Übertragung fauler Kredite an die staatliche Bad Bank Amco und die Vorbereitung einer Kapitalerhöhung um mindestens 2,5 Mrd. Euro. Manche Beobachter glauben aber, dass Unicredit die Tür nicht für alle Zeiten zugeschlagen hat.
Am Aktienmarkt gaben die Notierungen beider Institute nach. Die Monte-dei-Paschi-Aktie sackte am Montag um bis zu fast 10 % ab und wurde zeitweise von der Notierung ausgesetzt. Am Nachmittag erholte sie sich etwas und lag 2,98 % im Minus bei 1,04 Euro. Die Kurse nachrangiger Anleihen gaben massiv nach. Unicredit lag am Nachmittag mit 11,31 Euro mit 1,91 % im Minus.